ABB feiert den Kauf von ASTI Mobile Robotics als „strategische Ankündigung“ und „wichtige Akquisition“ sowie als „wesentlichen Bestandteil seiner Wachstumsstrategie“. Dabei ist ASTI im Vergleich zum ABB-Konzern ein kleines Pflänzchen: ASTI erwartet für ganz 2021 einen Jahresumsatz von rund 50 Mio. Dollar, während der ABB-Konzern allein im zweiten Quartal 2021 auf einen Umsatz von 7,45 Mrd. Dollar kommt.
ABB kauft ASTI Mobile Robotics und verstärkt sich mit autonomen mobilen Robotern
Mit weniger medialer Aufmerksamkeit ist nahezu zeitgleich eine weitere Übernahme im Mobilroboter-Segment über die Bühne gegangen: So hat die Zebra Technologies Corporation, ein Anbieter von Datenerfassungs- und Identifikationslösungen wie Barcode-Scanner und RFID-Lesegeräte, den AMR-Spezialisten Fetch Robotics übernommen. Die autonomen mobilen Roboter (AMR) von Fetch werden für die Kommissionierung in Fulfillment- und Distributionszentren, die Just-in-Time-Materiallieferung in Fertigungsanlagen und die Automatisierung manueller Materialbewegungen eingesetzt.
Warum wächst das Interesse an autonomen mobilen Robotern?
Warum wächst derzeit das Interesse an mobilen Plattformen wie fahrerlosen Transportsystemen (FTS) beziehungsweise autonomen mobilen Robotern (AMR)? Nun, es ist ein stark wachsender Markt. Das belegen die Zahlen des Weltroboterverbands IFR. Danach sind die Installationszahlen für fahrerlose Transportsysteme (FTS) und autonome mobile Roboter in zwei Jahren von 52.000 in 2018 auf 114.000 in 2020 angewachsen. Die IFR hält auch ein weiterhin starkes Umsatzwachstum von jährlich 40 % oder mehr für möglich.
Automation von Logistikanwendungen
Treiber der starken Nachfrage ist insbesondere der Wunsch nach Automation von Logistikanwendungen. Ein wichtiger Punkt ist hier natürlich der steigende Warenumsatz bei E-Commerce-Versendern, der ohne Automation kaum zu bewältigen ist. Aber auch in Krankenhäuser und in der klassischen Intralogistik in der Industrie wächst das Bedürfnis, wenig wertschöpfende Tätigkeiten wie den Waren- und Materialtransport von A nach B zu automatisieren – und das eben möglichst flexibel.
Daher erhofft sich auch Sami Atiya, Leiter des Geschäftsbereichs Robotik & Fertigungsautomation von ABB, künftig steigende Umsätze, wenn ABB die mobilen Roboter von ASTI (die bislang vor allem in Europa eingesetzt werden) künftig über ABBs Vertriebskanäle auch im riesigen Robotik-Markt in China oder in den USA verkaufen kann.
Treiber flexible Fabrik
Neben der Intralogistik ist aber auch die flexible Fabrik, die Smart Factory der Industrie 4.0, ein großer Treiber für mobile Roboter und FTS. Vorreiter sind hier unter anderem die Automobilhersteller. Die Herausforderung aus kleiner werdenden Losgrößen und wachsender Variantenvielfalt lässt mit starren Prozessen und Produktionsstrecken nicht mehr bewältigen. Die Idee: Statt auf einem Fließband fahren Karosserien oder Motoren auf mobilen Roboter-Plattformen durchs Werk und steuern dabei stets die richtige Produktionsinsel an. Dieses Konzept ist auch als Matrix Produktion bekannt.
Viele Roboterhersteller aktiv
Entsprechend sind neben ABB auch andere Roboterhersteller mit eigenen fahrerlosen Transportsystemen (FTS) beziehungsweise autonomen mobilen Robotern (AMR) am Markt aktiv:
- Kuka beispielsweise nutzt seine mobilen Plattformen in der Batteriefertigung oder in der Halbleiterfertigung.
- Stäubli hat nach der Übernahme des Oberpfälzer FTS-Spezialisten WFT den mobilen Montage-Assistenten Helmo entwickelt und entwickelt zudem FTS-Lösungen für den Reinraum.
- Omron hat schon länger eigene Mobilroboter im Angebot und setzt diese nicht nur für dem flexiblen Materialtransport ein, sondern kombiniert die AMR auch mit den TM-Cobots von Techman aus Taiwan.
- Und auch der Newcomer Neura Robotics aus Metzingen hat neben den smarten Cobots Maira und Lara den mobilen Roboter mav entwickelt und kombiniert diese beiden Technologien zu mobilen Manipulatoren für die Intralogistik.
Auch Maschinenbauer aktiv
Neben den Roboterherstellern sind auch einige deutsche Maschinenbauer sehr aktiv:
- Seit vier Jahren ist Tünkers Maschinenbau am Markt für fahrerlose Transportsysteme (FTS) aktiv – auch in Kooperation mit dem brasilianischen FTS-Spezialisten Sinova. Durch die FTS-Serienfertigung in Ratingen, mit einer Produktionskapazität von bis zu 1000 Fahrzeugen pro Jahr und Schicht, sieht sich Tünkers bestens für die Zukunft gerüstet.
- Im Rahmen seiner Maxolution-Systemlösungen für Fabrik- und Maschinenautomation bietet der Antriebstechnik-Spezialist SEW-Eurodrive auch FTS-Lösungen als mobile Assistenzsysteme an. Dazu gehören etwa fahrerlose Transportfahrzeuge mit bis zu 1500 kg Nutzlast für den automatisierten innerbetrieblichen Materialfluss. Die FTS-Systemlösungen bestehen aus intelligenten Fahrzeugen mit kontaktloser Energieübertragung und WLAN-Kommunikation.
- Durch die Übernahme des Servicerobotik Start-ups Mojin Robotik baut die deutsche Automatisierungsgruppe Scio Automation Kompetenz im Bereich mobile Roboter auf. Der mobile Cobot Luka soll als autonomer Logistik- und Kommissionier-Assistent Lieferketten in industrielle Umgebungen bedienen.
Weitere Anbieter: Spezialisten und Logistik-Größen
Darüber hinaus sind aber auch viele andere Player am Markt für FTS und AMR aktiv. Dazu zählen neben AMR-Pionieren wie Mobile Industrial Robots (MiR, ein Schwesterunternehmen des Cobot Pioniers Universal Robots) auch klassische FTS-Spezialisten wie DS Automotion, EK Robotics oder MLR System) sowie Logistik-Größen wie Dematic oder SSI Schäfer (SSI hat sich dazu an DS Automotion beteiligt)
Tipp: Hier finden Sie einen groben Überblick über wichtige Hersteller von FTS und AMR.