Steffen Günther, Head of Business Development CAS/Foundry bei KUKA, im Gespräch über Veränderungen in der Gießereiindustrie und insbesondere zu den Chancen und Risiken, die der Wandel in der Automobilindustrie für die Branche mit sich bringt.
Herr Günther, wo sehen Sie die wichtigsten Trends in der Gießereibranche?
Die Gießerei-Industrie steht vor vielfältigen Herausforderungen: Digitalisierung, Fachkräftemangel, steigende Produktionskosten – um nur einige der Trends zu nen-nen. Eine entscheidende Rolle spielt in meinen Augen auch der Wandel in der Automobilindustrie. Von den dort dominierenden Trends, Elektromobilität und Leichtbauweise, gehen entscheidende Impulse für die Gießerei aus.
Sehen Sie bei all den Herausforderungen mehr Chancen oder Risiken?
Wie bei jedem Trend gibt es beides, Chancen und Risiken. Wichtig ist, dass sich die Unternehmen diesen Veränderungen bewusst werden und die Potenziale, die sich daraus ergeben, identifiziert. Wir arbeiten gemeinsam mit unseren Partnern und Kunden aus der Gießereibranche daran, passgenaue Lösungen zu schneidern, um diese Potenziale auch zu nutzen.
Wie sieht diese Partnerschaft konkret aus?
Ein Beispiel: Die Nachfrage im Bereich der Elektromobilität nimmt stetig zu. Der Trend geht weg vom Verbrennungsmotor, hin zu alternativen Antrieben. Das wirkt sich auf das Bauteilspektrum und die Nachfrage nach Druckgussteilen aus. Natürlich sind für jedes E-Fahrzeug auch Komponenten erforderlich, die sich mithilfe von Gussverfahren effizient und kostengünstig fertigen lassen, dünnwandige Batteriege-häuse zum Beispiel oder Gehäuse für die sensible Elektronik. Laut einer Studie vom Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie wird die Menge des zu erwarten-den Gusses bis ins Jahr 2030 dadurch voraussichtlich zunehmen
Eine große Marktchance für Unternehmen, die sich darauf einstellen…
Genau. Wichtig ist, sich frühzeitig darauf einzustellen. Gerade in einem sicherheitsre-levanten Bereich wie der Elektromobilität gelten strenge Vorschriften, die Ansprüche an die Qualität der Prozesse und Produkte sind hoch. So hoch, dass sie in manueller Fertigung oft nicht umgesetzt werden können. KUKA verfügt über ein breites Pro-duktspektrum und vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, die dazu beitragen, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. So kann auch die Fertigung von großen Bauteilen wie Batteriewannen schrittweise automatisiert werden. Die Einzelteile werden aus der Druckgussmaschine entnommen und am Ende mit dem FSW-Verfahren zusam-mengefügt.
Wir realisieren in enger Zusammenarbeit und Abstimmung mit unseren Kunden Au-tomatisierungslösungen für die Gießerei. Die sorgen dort, wo es notwendig ist, für die erforderliche Präzision und Qualität, die in manueller Fertigung so nicht zu reali-sieren wären. Und sie entlasten die Mitarbeiter in dem schwierigen Umfeld der Gie-ßerei bei monotonen Tätigkeiten – ein Faktor, der im Hinblick auf den Fachkräfte-mangel von großer Bedeutung ist. In den automatisierten Druckguss-Zellen arbeiten Roboter, die die Bauteile gießen. Weil die Roboter eine hitze-, korrosions-, laugen- und säurebeständige Lackierung haben, sind sie optimal für das harte Gießerei-Umfeld. Außerdem sind Pressen, Tauchkühlbecken, Prüfstationen sowie Markiersta-tionen für die Kennzeichnung der Produkte in den Anlagen integriert. Mithilfe der KUKA Software werden die Roboter und Maschinen gesteuert. Diese Steuerungen zeichnen sich durch ihre intuitive Handhabung sowie die offenen Kommunikations-standards aus. Darüber hinaus können damit Daten erfasst, strukturiert und nach-verfolgt werden. Dieses Monitoring sichert eine stabile Prozessqualität sowie eine gleichbleibend hohe Präzision und Qualität der Bauteile. Die Fehlerquote ist deutlich geringer. Und genau auf diese Genauigkeit kommt es heute an.
Können Automatisierungslösungen auch im Leichtbau helfen?
Auf jeden Fall. Mithilfe des Druckgießverfahrens kann man den Anforderunge des Leichtbaus gerecht werden. Damit lassen sich besonders leichte, weil dünnwandige Komponenten fertigen. Die sind zum Beispiel für die Batteriegehäuse erforderlich oder bei komplexen Kühlsystemen zur Temperierung der Batterien.
Nicht jedes Unternehmen der Branche ist in der Lage, seine Fertigung komplett umzurüsten und zu automatisieren. Wie können diesen Unternehmen trotzdem von dem Wandel profitieren?
Es muss ja nicht immer gleich eine komplett neue Anlage sei. KUKA schneidert indivi-duelle Fertigungskonzepte für seine Kunden. Es gibt Anwendungen und Lösungen, die für Neuanlagen konzipiert sind, aber auch in bereits bestehende Produktionen integrierbar sind und damit in kleinen Schritten den Weg hin zur Industrie 4.0 ebnen. Ebenfalls können bestehende Anlagen nach den neuen Standards und für neue Bau-teile umgerüstet werden.