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„Kollaborative und sensitive Roboter werden Zukunft der Medizin prägen“

Medizintechnik
„Kollaborative und sensitive Roboter werden die Zukunft der Medizin prägen“

Auch wenn Roboter in der Medizin immer präsenter werden – Neuland sind sie dort eigentlich nicht mehr. Seit über 30 Jahren unterstützen sie die Patientenversorgung in  Gesundheitseinrichtungen von New York über Berlin bis Tokio. Das wohl bekannteste System aus der „Pionierzeit“ ist der OP-Roboter Da Vinci. Doch all dieser „Tradition“ zum Trotz: Das Zeitalter der Medizinrobotik hat gerade erst begonnen. Vor allem sensitive und kollaborierende Roboter werden für die Zukunft der Robotik in der Medizin prägend sein.

Kennen Sie „Star Wars, Episode V: Das Imperium schlägt zurück?“ Wenn ja, dann erinnern Sie sich bestimmt an das Ende des Films. Beim finalen Lichtschwert-Duell gegen Darth Vader verliert Luke Skywalker seine rechte Hand, kann aber fliehen und erhält von einem autonom agierenden Roboter-System eine perfekt funktionierende Prothese transplantiert. „Ganz so weit sind wir in der Medizin und Robotik heute noch nicht, aber unsere Fortschritte sind auch nicht zu unterschätzen“, sagt Axel Weber, Vice President Medical Robotics bei KUKA in Augsburg. Automatisierungsspezialist KUKA stellt unter anderem robotische Komponenten für die Integration in Medizinprodukte her. Und das nicht erst seit gestern. „Der erste Roboter von KUKA kam 1999 in der Medizintechnik zum Einsatz. Damit haben wir ein Strahlentherapiesystem unterstützt. Der Roboter hat damals einen Linearbeschleuniger gehalten, mit dem punktgenau ein Tumor bestrahlt wurde. Diese Applikationen haben bis heute eine hohe Relevanz und sind vielfach im Einsatz“, blickt Axel Weber zurück.

 

Hilfreiche Unterstützer im medizinische Einsatz

Roboter eignen sich aus guten Gründen für den Einsatz in der Medizin, wobei sich drei größere Anwendungsfelder unterscheiden lassen. Roboter können zum Beispiel dann zum Einsatz kommen, wenn es gilt, große Lasten zu tragen – etwa Linearbeschleuniger oder Röntgenquellen. Weitere Einsatzmöglichkeiten sind Prozesse, die eine hohe Präzision erfordern, beispielsweise um ein Instrument exakt zu positionieren. Dazu gehören auch Abläufe, die lange dauern und eine anhaltend hohe Präzision erfordern, etwa Operationen. Ein drittes Szenario stellen sich stetig wiederholende Vorgänge dar, bei denen ein Roboter über lange Zeit dasselbe tut. Ein Beispiel dafür ist die Frührehabilitation von bettlägerigen Patienten, bei der eine vorgegebene Mobilisierung erreicht werden soll.

Für KUKA nahm das Thema Robotik in der Medizin seinen Anfang mit großen Industrierobotern. „Die großen Roboter nehmen als Teil von Medizinprodukten auch weiterhin einen wichtigen Stellenwert ein“, sagt Axel Weber. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Die Patienten profitieren von einer erhöhten Sicherheit und Präzision der Behandlung. Kliniken steigern die Qualität durch beliebig reproduzierbare Ergebnisse und können zudem ihre Produktivität steigern. „Allerdings gewinnt die kollaborativ-sensitive Robotik zunehmend an Bedeutung – also Anwendungen, bei denen kleinere, feinfühlige Roboter den Ärzten und Therapeuten sozusagen Hand in Hand bei der Behandlung assistieren“, blickt Axel Weber auf neue Anwendungsmöglichkeiten, die sich durch den technischen Fortschritt für Roboter in der Medizin ergeben. „Durch diese Art der sensitivkollaborativen Robotik werden in Zukunft noch viele weitere Vorteile im medizinischen
Umfeld möglich, wobei sich alle Seiten ideal ergänzen und ihre jeweiligen Stärken einbringen können. Der Arzt oder Therapeut plant, steuert und überwacht, der Roboter übernimmt die anstrengenden, ermüdenden oder besondere Präzision und vor allem Feinfühligkeit erfordernden Tätigkeiten.“

 

Vielfältige Anwendungen werden möglich

Wie vielfältig die Anwendungsmöglichkeiten dieser feinfühligen Roboter als Teil von Medizinprodukten künftig sein werden, ist bereits absehbar. In der Rehabilitation etwa wird schon heute ein sensitives Robotersystem eingesetzt, um bei bettlägerigen Patienten zu Trainingszwecken die Beine zu bewegen. In der Schönheitschirurgie sorgt Artas iX, ein Produkt von Restoration Robotics, mit Hilfe eines sensitiven Roboters und eines speziellen Instruments dafür, dass Haare vom Kopf des Menschen entnommen und an einer kahlen Stelle wieder implantiert werden. Ein weiteres Beispiel ist MURAB, ein von der EU gefördertes Forschungsprojekt, das in der Brustkrebsdiagnostik unter anderem mithilfe eines robotergesteuerten Ultraschall-Scanners Präzision und Effektivität der Biopsie erhöhen und dabei helfen soll, teure MRT-Aufnahmen gezielter zu nutzen. Und auf dem Weg zur Marktreife ist CARLO® – Akronym für Cold Ablation, Robot-guided Laser Osteotome –, ein Medizinprodukt des Schweizer Start-ups AOT AG, das nicht weniger als die Ergebnisse der Knochenchirurgie radikal verbessern soll, indem mechanische Schneideinstrumente
durch berührungslose „kalte“ Laser-Photoablation und Robotik ersetzt werden. „Der sensitive Roboter wird dabei nach einer präoperativen Planung durch den Arzt von einem Navigationssystem geleitet und führt den Eingriff selbstständig durch. Neben der hohen Präzision ermöglicht CARLO® frei definierte, gebogene und funktionelle Schnittkonfigurationen, die mit konventionellen Instrumenten nicht möglich wären“, erläutert Axel Weber Funktion und Vorteile des Systems. Damit ist dieses planbare Verfahren präziser und weniger invasiv und bietet dem Patienten in der Regel eine kürzere Operations- und Heilungszeit.

 

Ein Roboter, zahlreiche Chancen

Was all diese Anwendungsbeispiele gemeinsam haben? „Bei dem sensitiven Roboter, der in diesen Applikationen integriert ist, handelt es sich um den LBR Med von KUKA, kurz für Leichtbauroboter Medizin“, erläutert Axel Weber. Die ersten Exemplare sind seit September 2017 im Markt. Ursprünglich kommt die Basistechnologie des Roboters vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Dort wurde ein Roboterarm für den Einsatz im Weltall entwickelt – leicht und sensitiv. KUKA hat den Roboter im Rahmen eines Technologietransfers übernommen und als LBR iiwa bis zur Serienreife für den industriellen Einsatz weiterentwickelt. „Unser Team für die Medizinrobotik hat den LBR iiwa dann modifiziert, woraus der LBR Med entstanden ist“, beschreibt Axel Weber die Entwicklungsgeschichte des Roboters.

Und was zeichnet den LBR Med besonders aus? „Er ist die einzige Roboterkomponente, die nach dem CB-Scheme-Verfahren zertifiziert wurde und damit einfach von unseren Kunden in ihre Medizinprodukte integriert werden kann“, erklärt Axel Weber. Da es sich bei den Anwendungen, in die Roboter für die Medizintechnik integriert werden, um fertige Medizinprodukte handelt, müssen diese immer entsprechend geprüft und zugelassen werden. Dazu gibt es internationale Normen, zum Beispiel die IEC 60601-1 für medizinisch-elektrische Geräte oder die IEC 62304 für die Software für Medizingeräte. „Das Besondere an unserem Roboter LBR Med ist, dass wir ihn anhand dieser Standards entwickelt haben. Das macht ihn wie gesagt zur einzigen Roboterkomponente, die bereits vorab eine solche Zertifizierung von einer akkreditierten Prüfstelle zur Integration in ein Medizinprodukt mitbringt.“

Außerdem verfügt der LBR Med über eine bereits integrierte Sensitivität. Ein großer Vorteil für die Hersteller von Medizinprodukten. „Früher mussten die Hersteller für die Roboter, die sie für ihre Produkte verwendet haben, diese Sensitivität noch zusätzlich entwickeln, damit sie in unmittelbarer Nähe des Patienten eingesetzt werden konnten. Dieser Aufwand entfällt nun größtenteils“, sagt Axel Weber. Roboter, die am beziehungsweise mit dem Menschen eingesetzt werden, benötigen natürlich immer ein entsprechendes Sicherheitssystem. Entweder müssen sie durch ein spezielles Cover geschützt sein, über integrierte Sensoren verfügen, die ungewollte Berührungen detektieren, oder mit einem externen System ausgestattet sein, beispielweise Kameras, die den Roboter überwachen. „Der LBR Med hat in allen sieben Achsen Kraftmomentensensoren verbaut, die ihm diese Sensitivität und Sicherheit verleihen. Bei bereits geringem, ungeplantem Kontakt verharrt er und unterbricht seine Aufgaben. Diese Sensitivität kann darüber hinaus zusätzlich genutzt werden, um das System intuitiv und einfach von Hand zu bedienen.“

Die nötigen Tests für den LBR Med hat mitsamt der Dokumentation das unabhängige Prüf- und Zertifizierungsinstitut des VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik
durchgeführt. Am Ende stand ein sogenanntes CB-Testzertifikat, das mit jedem LBR Med ausgeliefert wird.

 

Spezialisten-Team für die Medizinrobotik

„Wir sind nicht nur der einzige Robotik-Hersteller, der mit dem LBR Med die für die Medizinproduktehersteller erforderlichen Standards erfüllt, sondern auch der einzige mit einem eigenen Spezialisten-Team für die Medizinrobotik“, sagt Axel Weber nicht ohne Stolz. In dem Bereich sind weltweit etwa 40 Mitarbeiter beschäftigt. Vom Hauptsitz in Augsburg werden die Entwicklung sowie Service und After Sales gesteuert. „Weltweit haben unsere Kunden etwa 1.800 Robotersysteme in ihren Lösungen eingebaut. Das macht uns zu einem der wichtigsten Akteure im Markt der Medizinrobotik“, so der Vice President Medical Robotics.

KUKA stellt dabei die Roboter her, die Medizinproduktehersteller dann in ihre Lösungen implementieren. Wie verläuft eine solche Zusammenarbeit? „Haben sich die beiden Unternehmen gefunden, starten wir mit gemeinsamen Workshops aus Entwicklung und Produktmanagement, um uns über die Anforderungen und Möglichkeiten auszutauschen und den passenden Roboter zu finden“, sagt Axel Weber. Ist das geschehen, kann der Kunde diesen evaluieren und einen Prototyp seiner medizinischen Applikation aufbauen. KUKA begleitet den Prozess mit Trainings zur Programmierung des Roboters und einem Support-Team. Hinzu kommen wiederum gemeinsame Workshops, die den Kunden bei der Entwicklung seines Produkts unterstützen. Dazu gehören auch mögliche Anpassungen des Roboters an die spezifischen Bedürfnisse der Kundenapplikation.

 

Spannende Zukunft

Axel Weber prophezeit den kollaborierenden und sensitiven Robotern in der Medizin eine rosige Zukunft. „Sie werden künftig in immer mehr Bereichen eingesetzt werden. Unverändert wichtig bleiben chirurgische und therapeutische Anwendungsfälle. Hier wird es aber zunehmend auf kleine, kompakte, präzise und sensitive Roboter ankommen – dafür ist der feinfühlige Roboter LBR Med natürlich prädestiniert.“ Großes Potenzial kann aufgrund der demografischen Entwicklung auch in den Bereichen Rehabilitation und Elderly Care entstehen. „Denkbar wären Systeme, die gerade älteren Menschen das Leben erleichtern, etwa mobile Systeme und Roboterarme, die etwas heben beziehungsweise tragen. Oder aber Systeme zum Transport oder Umbetten von Patienten.“

Als wichtige Entwicklung sieht Axel Weber auch die künstliche Intelligenz, mit der die Patientenversorgung künftig besser geplant werden könnte. Auswirkungen sieht er auch für die Robotik. „Ist diese Technologie ausgereift, werden Robotersysteme noch leistungsfähiger werden. Wir nehmen diese Entwicklung bereits in Gesprächen mit unseren Kunden wahr. Allerdings ist das so neu nicht. Erste Ansätze gab es bereits vor 20 Jahren. Damals war die Zeit allerdings noch nicht reif dafür. Das ist heute anders, da die Technologie auf dem Weg ist, diese Möglichkeiten auch umsetzen zu können“, ist Axel Weber überzeugt.

Nichtsdestotrotz steht und fällt der Einsatz eines Robotersystems mit der Akzeptanz von Ärzten und Patienten. Bei ersteren sieht Weber sie gegeben, vorausgesetzt der Mediziner hat die Handlungsmacht. „Letzten Endes entscheidet der Arzt, was der Roboter macht und hat die Kontrolle über die gesamte medizinische Anwendung. Gerade junge Ärzte zeigen eine hohe Bereitschaft, mit solchen Systemen zu arbeiten“, erläutert er. Bei den Patienten allerdings gelte es, weiter Aufklärungsarbeit zu betreiben. „Die Akzeptanz hier hängt stark von der Applikation ab“, so Weber. „Es ist einfacher, sich in der Rehabilitation den Arm oder das Bein von einem Roboter führen zu lassen, als sich einer Operation mit ihm zu unterziehen.“ Die Kunst besteht heute also darin, Tradition und Moderne zu verbinden.


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