Kleine Unternehmen sind das Herz der deutschen Industrie – „doch 90 Prozent aller wertschöpfenden Tätigkeiten in KMUs werden heute noch manuell durchgeführt Da kann ein Robotereinsatz durchaus zum Wettbewerbsvorteil werden. Denn wir müssen uns grundsätzlich überlegen, wie die Arbeitswelt in KMUs in Zukunft aussehen soll, bevor uns andere Märkte rechts und links überholen“, sagt Helmut Schmid, der erste Vorsitzende des Deutschen Robotik Verbandes. Schmid hatte bis Juli 2020 die deutsche Niederlassung des Cobot-Pioniers Universal Robots aufgebaut und die Region West- und Nordeuropa geleitet.
Und wie will der Robotik Verband KMUs und Handwerksbetriebe zum Robotereinsatz bewegen will? „Mit viel Überzeugungsarbeit, Beratung und Erfahrungsaustausch“, betont Olaf Gehrels, Sprecher des Verbandes und ehemaliger Deutschland- und Europa-Chef des Roboter-Primus Fanuc. „Der Einsatz von Robotertechnik scheitert ja nicht daran, dass die Technik nicht zur Verfügung steht oder grundsätzlich kein Bedarf besteht. Wir wollen daher den technologischen Marktplatz, auf dem es viele gute Angebote gibt, auch für kleine Unternehmen öffnen.“ Standardisierte Fallbeispiele inklusive Sicherheitszertifikate und schrittweise Hilfen bei der Umsetzung sind denkbare Beispiele.
KMUs sind Hauptzielgruppe
Schmid ergänzt: „Wir stellen im Verband Angebote zur Verfügung, machen Quellen bekannt und unterstützen Netzwerkaktivitäten. Wir wollen Aufklärung betreiben, Erfahrungen austauschen, Referenzbeispiele aufzeigen – und das eben auf Augenhöhe mit den KMUs.“ Denn für den Robotik Verband sind die KMUs, also die Anwender, die Haupt-Mitgliederzielgruppe. Gehrels: „Unser Hauptfokus liegt auf den Anwendern, den KMUs und den Handwerksbetrieben. Viele KMUs haben Fragen rund um Cobots und Robotik. Und in unserem Verband sind die Macher, die Antworten geben können.“
Daher stelle man in der Verbandsarbeit die Mitglieder und deren Interessen in den Vordergrund, sagt Gehrels. „Und wir unterstützen KMUs bei den ersten Schritten, in dem wir etwa helfen, Pilotprojekte mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen anzubahnen.“
Robotereinsatz im Do-it-Yourself
Klar ist für die Robotik-Verbandsgründer aber auch: kleine Unternehmen, Handwerksbetriebe und Mittelständler brauchen vor allem einfache Lösungen, die sich schnell implementieren lassen und einen schnellen ROI sicherstellen. Gehrels sieht daher einen klaren Trend zum Eigenbau: „Das Stichwort ist ‚Do-it-Yourself‘ als schnelle und preiswerte Möglichkeit der Realisierung. Das wollen wir als Verband aufgreifen und in den Fokus rücken.“
Schmid ist überzeugt: „In wenigen Jahren wird es auf Internetplattformen die Möglichkeit geben, Robotik und Automation zum Selbstaufbau zu kaufen – quasi Robotik im Ikea-Style.“ Solche Plattformen gebe es zwar erst in Ansätzen, „aber auch Amazon hat ja mal sehr klein angefangen“, so Schmid.
Sicherheit pragmatisch lösen
Wenn man ein paar grundlegende Regeln beachte, sei die eigenhändige Roboterimplementierung auch nicht weiter schwierig, bekräftigt Gehrels. Aber natürlich sei es für Do-it-Yourself-Applikationen auch absolut hilfreich, wenn man auf einen Pool an erfolgreichen Applikationen zugreifen kann. „Und dann ist es immer gut, wenn man in Sachen Projektfinanzierung und vor allem auch Sicherheit jemanden zu Rate ziehen könne.“ Das alles finden KMUs im Robotik Verband.
Fachmann im Robotik Verband für Themen wie Zertifizierung und Sicherheitsaspekte ist Christoph Ryll, einer der führenden deutschen Experten in Sicherheitsfragen rund um die Robotik. Als Safety Consultant und geprüfter Sachverständiger hat Ryll in den vergangenen 15 Jahren zahlreiche KMU in allen Fragen der normativen und Maschinenrichtlinien-konformen Auslegung von Robotern und Robotersystemen unterstützt.
Ryll: „Viele KMUs haben eine gewisse Grundangst vor dem Cobot, diese ist aber unbegründet.“ Gerade bei Sicherheitsthemen gebe es eine große Verunsicherung. Ryll will daher vor allem pragmatische Mittelwege aufzeigen zwischen leichtsinnigem Augenzudrücken beim Cobot-Einsatz und allzu konservativem Ausbremsen der neuen Möglichkeiten. „Schon im Jahr 2010 stellte ich den Menschen sicher neben den Roboter, weil die Kollaboration für mich selbstverständlich ist. Ich fokussiere mich auf Chancen in dieser innovativen Technik.“ Denn um den Fachkräftemangel auszugleichen, müssen KMUs die Hilfe von Roboterassistenten nutzen können, um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist Ryll überzeugt.
Vorbild Odense
Neben den KMUs hat der neue Deutsche Robotik Verband vor allem kleine junge und agile Robotik-Unternehmen als potenzielle Mitglieder im Auge. „Natürlich kann jeder Mitglied werden, warum nicht auch Hersteller mit weltweiten Aktivitäten“, so Gehrels. „Inwieweit sich aber Hersteller, bei denen schon die Telefonzentrale größer ist als das zu beratende Unternehmen, leicht tun bei der Beratung von KMUs sei einmal dahingestellt. Wir wissen aus Erfahrung, dass sich Einsteiger in die Robotik mit einem Partner auf Augenhöhe bei Beratung und Realisierung leichter tun.“
Ziel ist es daher, ein Ökosystem aus den vielen Robotik-Newcomern in Deutschland zusammenzubringen. „Gerade in Deutschland entstehen gerade wahnsinnig viele spannende Robotik- und Cobot-Startups. Doch ein weithin sichtbares Robotik-Cluster wie im dänischen Odense gibt es bei uns nicht. Das wollen wir ändern!“, hebt Helmut Schmid hervor. „Wir wollen für Sichtbarkeit sorgen, indem wir die spannenden Leute und Startups zusammenbringen.“
Gehrels, der als Fanuc-Urgestein viele Jahre Erfahrung in der Robotik-Branche mitbringt, macht es wahnsinnig viel Spaß, mit all den jungen, extrem agilen Firmen zusammenzuarbeiten. „Wir sind die Space Cowboys mit den jungen Wilden“, grinst Gehrels und hat sich daher für den DRV ein ehrgeiziges Ziel gesteckt: „Zur automatica 2022 wollen wir 1000 Mitglieder haben.“
Deutscher Robotik Verband e.V.
Deutscher Robotik Verband e.V.:Köpfe und Themen
Der Vorstand des Deutschen Robotik Verband e.V.:
- Helmut Schmid (Vorsitzender)
- Olaf Gehrels (Stellvertreter und Sprecher)
- Christoph Ryll (Stellvertreter)
Die Fachbereiche und ihre verantwortlichen Ansprechpartner im Einzelnen:
- Applikationstechnik: Werner Hampel / robtec.de und Michael Lehner / ml-robotik.de
- Forschungskoordination und Förderprojekte: Prof. Dr. Matthias Vette-Steinkamp / hochschule-trier.de
- Gesetzliche Vorgaben, Normung und Sicherheit auf Hersteller- und Betreiberseite: Christoph Ryll / robotics-consulting.de und Michael Probst / mp-consulting.de
- Investitionsförderung und Unternehmensfinanzierung: Guido Bruch / mrk-blog.de
- Schulische Bildung und außerschulische Weiterbildung: Werner Hampel /robtec.de und Prof. Dr. Matthias Vette-Steinkamp / hochschule-trier.de
- Software-Plattform, Technologie-Radar Smarte Robotik für alle, Roboter-Cluster: Christian Piechnick / Wandelbots.com und Tobias Rietzler / robominds.de
Tipp: Websession Anfang März
Olaf Gehrels und Christoph Ryll und ihre pragmatischen Ansätze für den Cobot-Einsatz live erleben – das kann man im Rahmen der Robotik-Websessions der Automationspraxis am 2. und 4. März 2021. Infos und Anmeldung:
https://automationspraxis.industrie.de/robotik_innovationen/