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Cloos: „Mit Estun tragen wir unsere Schweißtechnik noch weiter in die Welt hinaus“

Interview: Sieghard Thomas, Geschäftsführer, Carl Cloos Schweißtechnik GmbH
Cloos: „Mit Estun tragen wir unsere Schweißtechnik in die Welt hinaus“

Wie und wo der Schweißtechnik-Pionier Cloos nach der Übernahme durch die chinesische Estun noch mehr Gas gibt, erläutert Sieghard Thomas, Geschäftsführer der Carl Cloos Schweißtechnik GmbH.

Autor: Armin Barnitzke

Im August 2019 wurde die traditionsreiche Carl Cloos Schweißtechnik durch den chinesischen Roboterhersteller Estun übernommen: Wie ist der Stand der Integration?

Thomas: Nachdem die Übernahmeabsicht Ende August 2019 verkündet wurde, gehören wir seit November 2019 offiziell zur Estun-Gruppe. Cloos und Estun stehen seitdem in regem Austausch zu technischen und organisatorischen Themen. Die Gespräche verlaufen dabei äußerst konstruktiv. Ziel ist es, die zahlreichen vielversprechenden Synergien umzusetzen. Wir sind nun bereits mitten in der Umsetzung der Produkt- und Marktstrategien. Die ersten neuen Produkte werden wir bereits im Juni auf der Messe Beijing Essen Welding & Cutting in Shenzhen präsentieren.

Welche Vorteile hat Cloos durch Estun?

Thomas: Das Potenzial für automatisierte Schweißroboteranlagen auf der ganzen Welt und insbesondere in China ist enorm. Wir machen schon heute mehr als ein Viertel des Automatisierungsumsatzes in China, Tendenz steigend. Mit der Unterstützung von Estun werden wir unsere innovativen Schweißtechnologien zukünftig noch weiter in die Welt hinaustragen und damit unseren Stammsitz in Haiger nachhaltig stärken. Wir versprechen uns einen deutlich besseren Zugang zum chinesischen Markt und weiteren asiatischen Märkten. Darüber hinaus gibt es vielversprechende Synergien im Entwicklungsbereich und die Möglichkeit, uns in Asien im mittleren Marktsegment einen großen Anteil zu sichern.

Und welche Vorteile hat Estun durch Cloos? Ist Estun an der Schweißkompetenz von Cloos interessiert oder auch an Robotertechnik?

Thomas: Estun ist spezialisiert auf Automation und Antriebe bis hin zu schlüsselfertigen, intelligenten Fertigungsstrecken. Cloos hat schon immer innovative Lösungen in der Schweißtechnik und Automation entwickelt. Das ist unser Kerngeschäft. Beide Unternehmen werden ihre Produkte zu gemeinsamen neuen Kundenlösungen kombinieren. Wir können einen neuen Beitrag leisten, die Robotertechnik von Estun nach vorne zu bringen. Gleichzeitig bleiben wir in unserer Kernkompetenz des automatisierten Schweißens weltweit die treibende Kraft in der Estun-Gruppe. Gemeinsame F&E-Projekte werden Cloos neue Produktlinien und damit neue Marktzugänge eröffnen. Wir werden die fortschreitende Digitalisierung gemeinsam aktiv mitgestalten.

Werden Produktlinien zusammengeführt? Werden Cloos-Anlagen künftig auf Estuns Robotertechik basieren? Oder bleiben die QiroxRoboter erhalten?

Thomas: Es ist nicht geplant, die Produktlinien zusammenzuführen. Auch die kommende Generation der Qirox-Steuerung wird eine reine Cloos-Entwicklung sein. Wir werden diese auf der Schweißen & Schneiden 2021 erstmals vorstellen.

Bieten Sie Estuns Robotertechnik in Deutschland an, z. B. für Handling-Aufgaben?

Thomas: Wir erweitern gerade unsere Qirox-Produktpalette um einen neuen Robotertyp. Egal ob Laser- oder Laser-Hybrid-Schweißen, Handling oder Schleifen – der QRC-30/45/60-PL ist ein wahres Allround-Talent mit einer hohen Tragkraft für ein vielfältiges Einsatzspektrum. Um die Estun-Robotertechnik in Deutschland anzubieten, braucht es noch etwas Zeit. Aber dieses Thema steht auf der Liste der möglichen Synergien für Prozesse außerhalb der Schweißtechnik.

Was sind ihre Pläne für 2020?

Thomas: Die neuen Gesellschafter von Estun treiben Investitionen in Haiger und an den weltweiten Standorten aktiv voran. Um die Fertigungskapazitäten zu erhöhen, werden wir unsere Produktionsflächen in Haiger nochmals erweitern. Hier stehen wir am Beginn der Planungen. Der Gesamtplan sieht derzeit vor, dass wir unsere Fertigungsfläche am Stammsitz in Haiger um 5.000 m2 vergrößern. Hinzu käme eine Büro- und Mehrzweckfläche von circa 3.500 m2. Voraussichtlich werden wir das Vergabeverfahren im Herbst 2020 starten. Baubeginn wäre dann im Frühjahr 2021.

Was kommt an Innovationen in 2020?

Thomas: Dieses Jahr werden wir in allen Unternehmensbereichen zahlreiche neue Produkte auf den Markt bringen. Die Nachfragen nach automatisierten Hightech-Fertigungslinien mit vor- und nachgelagerten Fertigungsprozessen steigt kontinuierlich. Neben unserem neuen Qirox-Roboter stellen wir dieses Jahr zahlreiche neue Produkte vor. Dazu gehören unter anderem die Erweiterung unseres C-Gates mit dem Qualitätsmanagement-Modul, die neuen Funktionen für unsere Offline-Programmiersoftware RoboPlan sowie das automatisierte Programmieren mit dem Instant Robot Robot Programming System.

Wie treiben Sie mit C-Gate das Thema Digitalisierung voran?

Thomas: Unser C-Gate ermöglicht ein bedarfsorientiertes Management von Schweiß- und Roboterdaten. Mit dem ganzheitlichen Informations- und Kommunikationstool werden sämtliche Daten zentral erfasst und verarbeitet. Dieses Jahr gibt es mit dem Qualitätsmanagement-Modul eine neue Ausbaustufe. Hier erhalten Anwender eine detaillierte Ansicht auf ihre Bauteile und können Berichte und Zertifikate zu jedem Bauteil erstellen. Das neue Modul bietet umfassende Einblicke in Prozessdaten wie vorgegebene Schweißparameter, protokollierte Schweißdaten und Qualitätsauswertungen.

Ein wichtiges Thema der Robotik ist die einfachere Programmierung. Wie vereinfachen Sie die Schweißroboter-Programmierung?

Thomas: Unsere Kunden sind begeistert von der intuitiven Bedienung unserer neuen Programmiersoftware mit QWP Quick Weld Programming, die das Programmieren noch deutlich schneller macht. Darüber hinaus ermöglicht die Roboplan-Software die Offline-Programmierung von automatisierten Roboter-Schweißanlagen. Bei Roboplan werden Schweiß- und Verfahrwege sowie Sensorroutinen an 3D-Modellen automatisch erstellt und direkt in die Steuerung des Roboters übertragen. Die neuen optionalen Funktionen automatische Bahnoptimierung, Roboplan-CAD-Interface und Nähte aus CAD vereinfachen die Offline-Programmierung nochmals erheblich. Noch einen Schritt weiter gehen wir mit dem Instant Robot Programming System IRPS. Hier erzeugen Anwender in kürzester Zeit Programme für das automatisierte Schweißen. Insbesondere im Stahl- und Metallbau ist der Programmieraufwand für das automatisierte Schweißen von Einzelstücken und Kleinstserien oftmals unverhältnismäßig hoch. Mit dem IRPS lohnt sich nun auch das automatisierte Schweißen von Werkstücken in Losgröße 1.

En vogue sind derzeit auch Cobots: Welche Rolle spielen Schweiß-Cobots für Cloos?

Thomas: Gemeinsam mit unserem Tochterunternehmen MPA Technology bieten wir ein Cobot Welding System an, das einen einfachen Einstieg in die Welt des automatisierten Schweißens ermöglicht. Unsere Hightech-MSG-Schweißstromquelle Qineo Next und der hochdynamische Cobot ergänzen sich dabei perfekt.

Carl Cloos Schweißtechnik GmbH

http://www.cloos.de

Carl-Cloos-Strasse 1

35708 Haiger


Foto: Estun

Cloos und Estun

Im August 2019 hat der chinesische Robotik- und Automationsspezialist Estun verkündet, den deutschen Roboter- und Schweißtechnik-Pionier Cloos übernehmen zu wollen. Estun gehört zu den größten chinesischen Roboterherstellern. Für Cloos-Geschäftsführer Sieghard Thomas passen Estun und Cloos „hervorragend zusammen – sowohl in Bezug auf die Unternehmenskultur als auch im Hinblick auf Produkte und Strategie.“ Beide Firmen seien sehr innovativ. „Und als Familienunternehmen teilt Estun die gleichen Werte wie Cloos und ist am Standort Nanjing genauso tief verankert wie wir in Haiger.“ Die gegenwärtige Firmen- und Managementstruktur bei Cloos bleibt auf ausdrücklichen Wunsch von Estun unverändert: „Die Geschäftsführung der Carl Cloos Schweißtechnik GmbH wird auch in Zukunft eigenständig unter meiner Leitung stehen und Haiger bleibt der Hauptsitz und Zentrale der Cloos-Gruppe.“

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