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Weiss: Rundschaltische mit zweiter Business Unit ergänzen

Interview Ralf Steinmann, Vice President Business Unit AHT, Weiss GmbH
Weiss: „Wir wollen Rundschaltische mit zweiter Business Unit ergänzen“

Wie er mit Lineartransfersystemen sowie direkt angetriebenen Linearachsen, Pick&Place-Systemen und Robotern bei der Weiss GmbH ein zweites Geschäftsfeld neben den Rundschalttischen aufbaut und welche Anwendungen die Buchener damit adressieren, erläutert Ralf Steinmann, Vice President der Business Unit Assembly Handling Technology.

Interview: Armin Barnitzke

Die Weiss GmbH in Buchen ist bekannt für ihre Rundschalttische. Nun soll unter Ihrer Führung ein zweites wichtiges Geschäftsfeld entstehen. Was planen Sie genau?

Steinmann: Unter dem Arbeitstitel Assembly Handling Technology bauen wir bei Weiss gerade eine neue Business Unit auf. Diese soll verschiedene Produktinnovationen zusammenführen, die wir schon seit Jahren im Portfolio haben, die aber bislang im Schatten der Rundschalttische standen.

Um welche Technologien geht es dabei konkret?

Steinmann: Beispielweise waren wir das erste Unternehmen, das direkt angetriebene Pick&Place-Geräte entwickelt hat. Zudem haben wir schon länger direkt angetriebene Linearachsen im Programm. Diese Handling-Technologien haben wir vor ein paar Jahren mit Robotiklösungen, konkret mit Delta-Robotern, ergänzt. Diese führen wir nun mit unseren Lineartransfersystemen zusammen. Diesen Werkstücktransport in der Linie, der ja eine logische Fortsetzung unseres traditionellen Rundschalttisch-Kerngeschäfts ist, haben wir seit 2004 bereits im Portfolio.

Wie kamen Sie auf die Idee, die Rundschalttische mit Lineartransport zu erweitern?

Steinmann: Beim Rundschalttisch ist die Anzahl der Montagestationen begrenzt. Wenn es um komplexere Montageaufgaben geht und der Platz knapp ist, neigen Kunden dazu, den Werkstück-Transport in Linie zu organisieren: Daher haben wir unseren traditionellen Werkstücktransport im Kreis 2004 mit dem System LS 280 um einen Werkstücktransport in der Linie ergänzt, der auch heute noch technologisch sehr aktuell ist.

Was zeichnet das LS 280 aus?

Steinmann: Das Lineartransfersystem LS 280 überträgt das Antriebsprinzip des Rundschalttisches auf die gerade Strecke. Durch den mechanischen Kurvenantrieb können auch in Linie extrem kurze Transportzeiten mit bis zu 60 Takten pro Minute erreicht werden. Aber das LS 280 ist nicht unser einziges Lineartransportsystem. Unter der Produktlinienbezeichnung Fastlane haben wir hier unser Portfolio in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt. Beispielsweise haben wir mit LS One ein voll linearmotorisches System ergänzt. Und wir haben das LS Hybrid, bei dem man – wie der Name schon sagt – unterschiedliche Antriebstechnologien miteinander kombinieren kann – zum Beispiel einen Bandantrieb mit einem Kurvenantrieb oder einen Band-Antrieb mit einem Linearmotor. Zur Automatica 2023 haben wir mit Weiss zudem mit LS Link ein Taktketten-basiertes Lineartransfersystem vorgestellt.

Was ist der Vorteil, wenn man unterschiedliche Antriebe kombiniert?

Steinmann: Letztlich ermöglichen wir damit automatisierte Produktionsanlagen, die für den Mix aus niedrigen Stückzahlen und hoher Varianz geeignet sind. Durch die Kombination unterschiedlicher Antriebe erreichen wir eine hohe Flexibilität. Der Anwender kann beliebige Positionen auf der Linie anfahren. Ich kann innerhalb von einer Strecke unterschiedliche Taktzeiten realisieren und auch Bearbeitungspositionen in der Umlenkung vorsehen. Sogar ein reversibler Betrieb ist realisierbar. Durch die Kombinationsmöglichkeiten sind ganz neue Prozessanordnungen möglich.

In Sachen Flexibilität gehen Anbieter wie Beckhoff oder B&R mit Xplanar und Acopos 6D mit frei schwebenden Movern den nächsten Schritt. Sind das Themen, mit denen Sie sich auch beschäftigen?

Steinmann: Grundsätzlich sehen wir diese Magnet-Schwebe-Technik als logische Fortsetzung der Direktantriebs-Technologie. Diese Technologie hat ein großes Zukunftspotenzial, gerade im Consumer-Bereich, etwa bei Kosmetik-Produktionsanlagen oder im Medizin- und Pharmabereich. Statt Montage-Stationen aufgereiht nacheinander anzufahren, kann man mit der Levitations-Technologie ein Werkstück zu beliebigen Prozessstationen fahren. Maschinenkonzepte müssen dabei aber ganz neu gedacht werden. Daher wird es eine gewisse Zeit dauern, bis diese Technologie akzeptiert ist. Aber solche Themen stehen definitiv auf unserer Technologie-Roadmap.

Zurück zum Gesamtportfolio: Welche Anwendungen und Branchen adressiert Weiss mit der Assembly Handling Technology?

Steinmann: Wir konzentrieren uns auf das Thema automatisierte Montage und Handhabungstechnik und bedienen mit unseren Transfersystemen keine Intralogistik-Applikationen oder Maschinenverkettungen. Traditionell haben wir dabei eine sehr starke Nähe zur Automobil- und Zulieferindustrie. Zudem hat sich die Elektronikproduktion zum zweiten wichtigen Marktsegment entwickelt. Hinzu kommen Applikationen im Bereich Medizin und Pharma und Consumer Goods.

Welche Anwendungen wollen Sie im Bereich Elektromobilität adressieren?

Steinmann: Ein ganz großes Thema ist natürlich auch für uns die Batterieproduktion. In einer solchen Anlage können nahezu alle Weiss Komponenten zum Einsatz kommen. Daneben steht die Produktion des Elektromotors, die ebenfalls hoch automatisiert ist. In modernen Fahrzeugen sind unglaublich viele Elektronikbauteile verbaut. Deren Produktion ist geradezu prädestiniert für eine lineare Anordnung und damit unsere Lineartransfersysteme. Aber ein Elektrofahrzeug besteht auch immer noch aus der bekannten Karosserie. Und hier sind wir mit unserem Rundschalttisch-Portfolio und Positionierlösungen z.B. für das Roboterschweißen sehr stark vertreten.

Und wer ist Ihre Zielgruppe? Maschinenbauer oder Endanwender?

Steinmann: Wir sehen uns als Komponentenlieferant für Maschinenbauer. Wir haben ein klares Bekenntnis, dass wir keine kompletten Maschinen bauen. Aber natürlich bewegen wir uns bei Weiss in Richtung Lösungsorientierung. Daher kann ein Maschinenbauer auch komplette Subsysteme von uns beziehen, also einen Rundschalttisch oder ein Lineartransfersystem kombiniert mit Achsen oder Roboter fürs Handling. Aber eine Gesamtlösung inklusive Prozesstechnik bauen wir nicht.

Gibt es dennoch Bereiche, in denen Ihr Produktportfolio noch wachsen soll?

Steinmann: Als Nächstes stehen definitiv Digitalisierungsthemen auf unserer To-Do-Liste. Wir wollen über unser gesamtes Portfolio digitale Zwillinge unserer Produkte anbieten und damit dem Maschinenbauer die Integration vereinfachen. Künftig wollen wir diese mit Services noch stärker im Bereich des Digital Engineering und der virtuellen Inbetriebnahme unterstützen. Zudem vereinheitlichen wir unsere Weiss Applikation Software, die Einstellungen und Parametrisierungen sowie die Inbetriebnahme unterstützt. Wenn ein Kunde bei uns ein komplettes Subsystem kauft, dann will er dafür auch eine abgestimmte Bediensoftware.

Abschließende Frage: Wie steht die Assembly Handling Technology heute im Vergleich zum Weiss-Kernbusiness der Rundschalttische da? Ist das umsatzmäßig David und Goliath oder kleiner Bruder versus großer Bruder?

Steinmann: Im Moment trägt die Assembly Handling Technology eher einen kleineren Teil zum Umsatz bei, aber natürlich soll das strategisch deutlich mehr werden, idealerweise so schnell wie möglich. Um im Bild zu bleiben: Der kleine Bruder soll sich zum Zwilling entwickeln.

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