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Toolcraft-Gründer Bernd Krebs im Porträt

Toolcraft-Gründer Bernd Krebs im Porträt: Robotik und 3D-Druck als Wachstumsfelder
Toolcraft-Gründer Bernd Krebs: Der Unerschrockene

Bernd Krebs wollte nur sein eigener Herr sein, als er sich 1989 selbstständig gemacht hat. Heute hat sein Unternehmen Toolcraft knapp 400 Mitarbeiter und ist in der Zerspanung sowie im Spritzguss und Formenbau ebenso zuhause wie in der Robotik oder in der additiven Fertigung. Und der Chef-wider-Willen hat noch jede Menge vor.

Autor: Armin Barnitzke

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Wenn man Toolcraft im mittelfränkischen Georgensgmünd besucht, ist man schwer beeindruckt: Denn man sieht jede Menge moderner Produktionshallen, ausgestattet mit modernsten Maschinen. Und wenn man den Chef dazu kennenlernt, weiß man auch, warum alles so tipptopp daherkommt: Denn Bernd Krebs ist einer, der die Dinge mit großem Enthusiasmus und Erfolgswillen anpackt – und einer gehörigen Portion fränkischer Bodenständigkeit.

„Wir Franken sind wie die Gallier: Wir schrecken vor nichts zurück und haben nur Angst, dass uns der Himmel auf den Kopf fällt“, antwortet Bernd Krebs auf die Frage, wie er es schafft, ein ums andere spannende Geschäftsfeld zu erobern und so eine expandierende Firma mit 37,7 Millionen Umsatz in 2017 aufzubauen. Tendenz stark wachsend, denn in Georgensgmünd wird schon wieder die nächste Halle hochgezogen.

Dabei war ein solch großes Unternehmen gar nicht sein Ziel, als der Franke 1989 mit seinem Betrieb startete. „Ich wollte einfach mein eigener Herr sein, vielleicht mit maximal 10 Beschäftigten“, blickt Bernd Krebs zurück. „Denn wenn ich weiter als Angestellter in meiner alten Firma gearbeitet hätte, hätte ich mich nicht entfalten können.“ Zumal es als Nicht-Akademiker schwer sei, in deutschen Konzernen Karriere zu machen. Und studiert hatte der junge Bernd Krebs nicht, sondern eine Lehre als Maschinenschlosser gemacht und dann auf dem zweiten Bildungsweg in der Abendschule den Meister.

Beinharter Beginn

Und so legte Bernd Krebs als One-Man-Show los, zur Untermiete in einer Hinterhof-Garage in Schwabach. Für Kunden aus dem Maschinenbau und Werkzeugbau fing er als Auftragsfertiger Spitzen ab. „Das war beinharte Arbeit. Ich habe bis spät in den Abend und auch fast jedes Wochenende gearbeitet, 60 bis 80 Stunden pro Woche. Zum Teil habe ich neben der Maschine geschlafen und dabei zuweilen sogar vergessen, meine Frau anzurufen“, schmunzelt Bernd Krebs. Aber es sei auch eine „berauschende Zeit“ gewesen, „ich war unglaublich glücklich.“ Nach einem dreiviertel Jahr konnte er schon den ersten Mitarbeiter einstellen und 1992 wurden die erste eigene Hallen gebaut, „natürlich mit viel Eigenarbeit, denn ich hatte ja kein Geld.“ In die neue Halle ist Bernd Krebs dann schon mit 6 Leuten eingezogen.

Was ihn so erfolgreich macht, neben der Bereitschaft, knallhart zu arbeiten? Bernd Krebs muss nicht lange überlegen: „Ich habe zwei tolle Tools: Ich habe eine wahnsinnige Energie. Und ich habe jede Menge Kreativität.“ Und er ist ein unerschrockener Franke, wie wir inzwischen wissen. So hat er denn auch nicht gezögert, als Ende der 90er erste Anfragen von großen Rennsportkonzernen kamen: „Ich hatte Kontakt mit Audi. Man fragte mich, ob ich bestimmte Teile fertigen könne. Das war eine große Herausforderung. Aber wir haben das gemeistert.“ Und dieser Erfolg sprach sich herum: „BMW hatte den Plan für ein hochkompliziertes Teil, das uns viele Nächte Kopfzerbrechen bereitet hat. Aber fünf Wochen später sind wir mit dem Teil gekommen. Und die Leute bei BMW waren begeistert.“

Aber Bernd Krebs hat nicht nur gewartet, bis die Kunden zu ihm kamen. Mit seiner ihm eigenen Unerschrockenheit ist er direkt auf Kunden zugegangen. So ist es ihm auch gelungen, einen seiner größten Kunden zu gewinnen: Einen Hörgerätespezialisten aus der Schweiz. „Der hat mich 10 Mal abgewiesen. Aber dann habe ich ihn angerufen und gesagt: Ich will einen Kaffee und ich will 3o Minuten, in denen ich Ihnen zeigen kann, was wir können.“ Aus der halben Stunde wurde dann ein ganzer Nachmittag: „Ich kannte danach seine Lebensgeschichte und er meine. Und ich habe einen Auftrag mitgenommen“, berichtet Bernd Krebs stolz.

Strategische Erweiterungen

So wuchs der Kundenstamm, und nach der Automobilindustrie kamen auch Kunden aus der Luftfahrtindustrie oder aus der Präzisionsoptik hinzu. Damit war es dann aber auch vorbei mit der Beschaulichkeit. „Denn diese Kunden brauchten Kapazitäten. Und sie forderten Zertifikate wie ISO 9001 und DIN EN 9100.“ Und so wuchs die Mitarbeiterzahl kontinuierlich.

Zudem kamen neben der Metallbearbeitung ganz neue Geschäftsbereiche hinzu. So hat Bernd Krebs 2005 in seiner fränkischen Heimatgemeinde die Spalter Feinwerktechnik, ehemals Trix, übernommen und so das Leistungsspektrum von Toolcraft um die Dimensionen Spritzguss und Formenbau sowie die Funkenerosion erweitert. Der Zukauf geschah aber weniger aus strategischen Überlegungen, sondern vor allem, weil Bernd Krebs (der stark regional aktiv ist und unter anderem für die SPD im Kreistag sitzt) die Jobs der Mitarbeiter in seiner Heimatgemeinde retten wollte. „Heute sind aus den damals 6 Leuten 80 Mitarbeiter im Formenbau und 60 Mitarbeiter in der Spritzerei geworden.“

Andere Kompetenzerweiterungen erfolgten dagegen durchaus strategisch. So ist Toolcraft bereits früh, nämlich 2011, in die additive Fertigung eingestiegen. Warum? „Wegen XMV“, grinst Bernd Krebs. „Xunder Menschenverstand.“ Und dieser Menschenverstand habe dem Unternehmen gesagt, dass in der Fertigung schon bald manches nicht mehr zerspant, sondern 3D-gedruckt wird. „Nehmen Sie als Beispiel die Luftfahrt: Zum Bau von Flugzeugen werden rund 160 Tonnen Titan eingesetzt, aber nur 16 Tonnen gehen später in die Luft. 90 Prozent werden also Späne. Das zeigt, welche Perspektiven die additive Technologie hat.“ Daher hat sich Toolcraft als zweiter Europäer für seine additive Fertigung eine Nadcap-Zulassung für die Luftfahrtindustrie erarbeitet – darauf ist das Team sehr stolz.

Lösungen aus einer Hand

Jüngste strategische Erweiterung des Portfolios war dann 2015 der Einstieg in die Robotik, die seit 2017 in einer eigenen Halle residiert. „Das Robotikgeschäft hat schnell Fahrt aufgenommen und bietet neben dem 3D-Druck die dynamischsten Perspektiven“, schwärmt Bernd Krebs. Entsprechend expandiert Toolcraft hier ebenfalls, zumal man den Kunden eben nicht nur die reine Automationstechnik bieten will, sondern automatisierte Prozesse. „Denn die Kunden wollen eine Lösung, am besten aus einer Hand.“ Daher forciert Bernd Krebs eine breite Aufstellung als Multi-Expertisen-Firma: „Toolcraft ist ein Zehnkämpfer, der in 5 Disziplinen in der Weltklasse dabei sein will. Denn wir wollen keine Abhängigkeiten – weder von Branchen oder einzelnen Kunden noch von Banken“, sagt Bernd Krebs.

Widerstandskämpfer statt Chef

Ganz entscheidend dabei sei es, die richtigen Leute zu finden. Daher sind Mitarbeitergewinnung und Mitarbeitermotivation für ihn essenziell. „Wir spendieren unseren Mitarbeitern Vertrauen. Und wir fragen bei Investitionen in Mitarbeiter und Arbeitsplätze nicht, was es uns kostet, sondern was es uns bringt.“ Und so ließ sich Bernd Krebs auch beim Bau seines neuen Mitarbeiter-Restaurants nicht lumpen und baute für die Belegschaft eine supermoderne und top-eingerichtete Kantine.

Toolcraft habe daher keine Probleme, gute Mitarbeiter zu finden, betont Bernd Krebs. Zumal man auch stark in die eigene Ausbildung investiert. Aktuell gibt es 45 Azubis in Georgensgmünd: „Wir setzen auf die lokale Jugend. Und die Kids sind auch super drauf“, schwärmt Bernd Krebs. „Der Bundessieger Formenbau kommt aus Spalt. Aus unserem Formenbau.“

Bernd Krebs geht es mit seiner Firma nicht ums Geld scheffeln, das betont er immer wieder: „Ich fühle mich nicht als typischer Unternehmer, der Golf spielt und die Leute ausnutzt. Ich sehe mich mehr als Widerstandskämpfer, der versucht, manche Dinge anders zu machen.“ Zumal er auch die ganz harten Zeiten kennt. „Als Jungverheirateter blieben mir als Einsteller im 3-Schicht-Betrieb, nach Abzug der Miete und des Autos 450 Mark zum Leben“, sagt Bernd Krebs. „Ich kenne alle Schattierungen des Lebens. Und wissen Sie was: Da bin ich verdammt stolz drauf.“

Trotzdem (oder gerade deswegen) ist Bernd Krebs heute Unternehmer mit Leib und Seele, für den das Unternehmen weiter an erster Stelle steht. Zurückzulehnen kommt für ihn nicht in Frage: „Ab einem gewissen Zeitpunkt geht das auch nicht mehr – das ist wie eine Sucht.“ Immerhin: Beweisen müsse er heute niemandem mehr etwas. „Das ist wie beim Schafskopf-Spielen. Ich habe genug Punkte gesammelt und bin aus dem Schneider. Ich bin also quasi in der Nachspielzeit und hoffe, dass diese noch 25 Jahre anhält.“

MBFZ toolcraft GmbH

www.toolcraft.de


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