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„Generative KI gibt momentan Vollgas“

Dr. Christof Nitsche, Leiter der Gruppe Zuverlässige KI, Fraunhofer IPA
„Generative KI gibt momentan Vollgas“

„Generative KI gibt momentan Vollgas“
Dr. Christof Nitsche, Leiter der Gruppe Zuverlässige KI am Fraunhofer IPA: „Bei KI sind wir in Deutschland sehr abhängig. Denn die zwei wichtigsten KI-Bibliotheken stellen Google und Facebook bereit Mit OpenAI ist es aktuell ähnlich.“ Bild: Fraunhofer IPA
Wo liegt der Nutzen von generativer KI in Produktion und Automation? Wie gut funktioniert die automatische Code-Erstellung bereits? Und was bedeutet das für Softwareentwickler? Antworten gibt Dr. Christof Nitsche, Leiter der Gruppe Zuverlässige KI am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA.

Interview: Armin Barnitzke

Nutzen Sie am Fraunhofer IPA eigentlich selbst generative KI?

Nitsche: Natürlich. KI im Allgemeinen ist bei uns bereits seit Jahren eines der zentralen Forschungsthemen. Und auch schon vor der Veröffentlichung von ChatGPT haben wir uns mit generativer KI beschäftigt, insbesondere im Kontext der Bilderzeugung: Für eine KI-basierte Qualitätskontrolle – im Fachjargon Automated Optical Inspection, kurz AOI – braucht es ja eine Menge Lerndaten, idealerweise auch von Defekten, damit die KI diese dann auch erkennen kann. Glücklicherweise gibt es wenig reale Defektbilder aus Produktionen. Diese erstellen wir mithilfe von generativer KI und tatsächlich funktioniert das hervorragend.

Und neben der Bildgenerierung für die KI-basierte Qualitätskontrolle?

Nitsche: Weitere Anwendungsgebiete für generative KI sind beispielsweise die automatisierte Softwareentwicklung, Softwaredokumentation und allgemein natürlich das Aufbereiten von Informationen für unsere Forschung. Von Fraunhofer gibt es hierfür einen eigenen Chatbot, den FhGenie.

Liegen aus Ihrer Sicht die Potenziale für die Nutzung von generativer KI in Produktion und Automation eher im Generieren von Text oder im Generieren von Bildern?

Nitsche: Aktuell würde ich sagen, dass die Chancen ausgewogen sind und auch beide Einsatzmöglichkeiten momentan Vollgas geben. Bei der Bildgenerierung habe ich hier oben bereits die Qualitätsprüfung angesprochen. Weitere Einsatzmöglichkeiten sehe ich in der Fabrikplanung, wo beispielsweise KI-basiert ein digitaler Zwilling in 3D für die Layoutplanung oder -anpassung entstehen könnte. Und es wird mit Sicherheit noch viel mehr möglich werden.

Und in Sachen Text-Generierung?

Nitsche: Bezogen auf Text ist generative KI insbesondere für die Softwareentwicklung ein hochwichtiges Tool. Code ist stark formalisierter, strukturierter Text und liegt umfassend online vor, sodass eine KI damit ideal lernen kann. Man könnte sogar sagen, dass solch KI-basiert erzeugter Code eine Menge Schwarmintelligenz enthält, weil er auf so vielen vorhandenen Codezeilen aufbaut. Tools für eine automatisierte Code-Prüfung helfen wiederum gegen das Halluzinieren. Unzählige weitere Anwendungsfelder rund um Textgenerierung bestehen für die Maschinenbedienung, Zusammenfassungen und vieles mehr. Das funktioniert ja alles heute bereits sehr gut.

Ersetzt die KI-basierte Code-Erstellung den Programmierer?

Nitsche: Nein. Zwar funktioniert die Textgenerierung für Softwareentwicklung wie gesagt ausgezeichnet. Aber natürlich bleibt der Programmierer verantwortlich. Es braucht sein Kontextwissen, sein Konzept, um den Code überhaupt sinnvoll erzeugen lassen, prüfen und schließlich nutzen zu können. Im Grunde wird ihm die Fleißarbeit abgenommen, nicht mehr und nicht weniger.

Wie kann man gerade bei der Textgenerierung das Problem von Modell-Halluzinationen reduzieren?

Nitsche: Bei der Texterzeugung muss man die Modelle dazu bringen, ihre Quellen zu benennen, sodass man den generierten Text überprüfen kann. Das funktioniert allerdings oft noch nicht, einzig eben bei der Softwareentwicklung. Und schließlich gilt auch hier wie bei vielen anderen Technologien rund um die Automatisierung: Der Mensch mit seinem umfassenden Weltwissen wird einfach noch gebraucht, um etwaige Halluzinationen (hoffentlich) zu erkennen.

Das prominenteste Beispiel ist ja OpenAI mit ChatGPT. Wird OpenAI die generative KI in der Industrie dominieren oder haben auch Eigenentwicklungen oder Start-ups wie Aleph Alpha eine Chance?

Nitsche: Das ist aktuell schwierig zu beantworten. Der Markt ist noch so jung und extrem dynamisch, sodass Prognosen meines Erachtens eine sehr kurze Halbwertszeit haben. Aktuell scheint OpenAI durchaus die Marktdominanz zu beanspruchen, wenn man auch an den kürzlich präsentierten App-Store denkt mit den Millionen Anwendungen. Da scheint es für Start-ups aktuell schwer zu sein, da mitzuhalten.

Also freie Fahrt für Open AI?

Nitsche: Nicht unbedingt. Denn gleichzeitig tut sich überall viel und wir sehen zunehmend Eigenentwicklungen, sei es in Unternehmen oder an Universitäten. Nicht jedes Unternehmen darf oder möchte ChatGPT nutzen, wenn es beispielsweise um interne Dokumente und Informationen geht. Ganz allgemein sind wir aber bei der KI ohnehin sehr abhängig. Denn die zwei wichtigsten KI-Bibliotheken stellen aktuell Google und Facebook bereit (Tensorflow und Pytorch). Würden die Unternehmen den Zugriff hierauf plötzlich limitieren, wäre das extrem problematisch, weil wir in Europa nichts Vergleichbares haben. Das wäre in etwa so, als wenn ein Taxifahrer sein Auto nicht mehr nutzen könnte – eine zentrale Technologie bräche weg. Mit OpenAI ist es aktuell ähnlich.

Fraunhofer IPA
www.ipa.fraunhofer.de

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