Sie haben kürzlich in Slowenien eine europäische Robot Factory eröffnet: Welche Rolle spielt diese für ihr Robotik-Geschäft in Europa?
Mead: Die neue Roboterfabrik ist für unsere Wachstumspläne in Europa eine enorm wichtige strategische Plattform. Denn die slowenische Roboterfabrik untermauert unseren Anspruch, für europäische Kunden ein langfristiger und strategischer Partner sein zu wollen.
Und warum brauchen Sie dafür eine europäische Roboterfabrik?
Mead: Das Geschäft unserer Kunden ist immer weniger vorhersagbar. Die Kunden müssen selbst flexibel sein, also fordern sie auch von uns Flexibilität. Und genau diese Business-Dynamiken können wir mit unserer neuen Fabrik adressieren. Wir können gezielten Support und weitere Services anbieten. Zudem können wir damit schnellere Antwortzeiten garantieren.
Geht es Ihnen mit der Roboterfabrik in Slowenien also in erster Linie darum, die Lieferzeiten für Roboter zu reduzieren?
Mead: Nicht nur. Zwar fertigen wir häufig nachgefragte Modelle der GP-Produktlinie in Slowenien und können so 80 Prozent des Standard-Roboterbedarfs in Europa decken. Aber wir wollen dort auch unsere Engineering-Ressourcen ausbauen, um unsere Roboter für kundenspezifische Anwendungen anpassen zu können. Wir liefern bereits eine Menge applikationsspezifischer Roboter aus und wir werden das ausbauen. Oft wird in Projekten eine veränderte Armlänge oder Änderungen beim Handgelenk des Roboters gefordert – oder auch nur schlicht eine andere Lackierung. Solche Dinge können wir nun mit unserer Produktion in Europa viel schneller umsetzen.
Sie sprachen von Yaskawas Wachstumszielen in Europa: Wo und wie wollen Sie wachsen?
Mead: Wichtig ist es mir vor allem, die bestehenden Kunden gut zu bedienen. Das ist fundamental. Viele Firmen denken nur an Wachstum und vergessen dann den bestehenden Kundenstamm. Und wir haben gerade innerhalb unserer existierenden Kundenbasis noch prima Möglichkeiten. Aber natürlich wollen wir auch neue Kunden und neue Kanäle ansprechen.
Wo sehen Sie neue Anwendungen?
Mead: Die Robotik wird immer kompakter, erschwinglicher und einfacher zugänglich. Daher werden sich auch KMUs, für die Robotik bislang keine Rolle gespielt hat, mit Robotern beschäftigen. Gerade Cobots haben die Sicht grundlegend gewandelt, wie Roboter Mehrwerte bringen können. Schon allein diese Dynamik birgt neue Möglichkeiten.
Und wo sieht Yaskawa im Cobot-Umfeld seine Stärken?
Mead: Während sich viele andere Cobot-Anbieter im Traglastbereich 5 bis 10 Kilogramm bewegen, wird unser HC20 sogar 20 Kilogramm tragen können. Ganz abgesehen davon können wir mit unserer Safety-Software auch alle Industrieroboter aus unserem umfangreichen Portfolio näher am Menschen einsetzen. Unser kollaboratives Portfolio erschöpft sich also nicht in ein paar Modellen mit wenigen Kilogramm Tragkraft.
Und wo sehen Sie in der klassischen Industrierobotik Ihre Stärken?
Mead: Yaskawa ist als Spezialist für Lichtbogenschweißen und andere Verbindungstechniken bekannt. Diese Anwendungen – in der Automotive-Industrie und bei Tier-1- und Tier-2-Zulieferern – sind weiter unser Kerngeschäft. Aber wir adressieren auch alle Nicht-Automotive-Anwendungen in der General Industry – vom Palettieren bis zum Food Processing. Ein ganz wichtiges Thema – in der Automobilindustrie ebenso wie in der General Industry – ist für uns auch die interne Logistik und die Effizienz im Materialfluss.
Woran denken Sie hier?
Mead: Spannende Möglichkeiten ergeben sich aus der Kombination eines – kollaborativen – Roboters mit einem mobilen AGV, etwa zur Verkettung von Maschinen. Eine Spritzguss-Maschine roboterbasiert zu beladen, ist natürlich eine feine Sache. Aber letztlich geht es darum, den gesamten Materialfluss durch die Fertigung effizienter zu machen.
Ein interessantes Produkt ist auch der Kleinroboter Motomini. Welche Anwendungen adressieren Sie mit Motomini?
Mead: Der Motomoni ist extrem kompakt, sehr schnell und sehr präzise. Der flinke Kleinroboter passt also sehr gut für die Anforderungen der Elektronikindustrie. Er öffnet uns aber auch den Bereich der super kompakten Tabletop-Automotion. Denn der Motomoni ist transportabel, anpassbar und mit unserem Smart Pendant einfach zu nutzen. Der Motomini wird uns also neue Märkte erschließen. Wie ich schon sagte: Die Robotik wird immer kompakter, erschwinglicher und einfacher zugänglich.
Mit dem Kauf des deutschen SPS-Spezialisten VIPA hatte Yaskawa einst angekündigt, eine All-in-One-Steuerungsplattform entwickeln zu wollen, die SPS, Motion und Robotik vereint. Gibt es solche Pläne noch? Oder favorisieren Sie separate Robotersteuerungen?
Mead: Letztlich hängt es von der Komplexität der Anwendung ab, welches Konzept sinnvoll ist. Moderne Robotersteuerungen haben weiter ihre Berechtigung, aber es wird eben auch Platz für konvergente Steuerungslösungen geben. Und wir als Maschinenbau-Ausstatter können alles anbieten: von einzelnen Steuerungen für Motion, PLC und Robotik bis hin zu konvergenten Ansätzen. Denn klar ist: Die Konvergenz in der Zellsteuerung ist sicher ein Marktrend.
Und wie gehen Sie das Thema Digitalisierung an?
Mead: Unser Hauptanliegen mit unseren Digitallösungen ist es, echte Mehrwerte für die Kunden zu generieren. Und gerade globale Kunden haben ein Bedürfnis nach Echtzeit-Transparenz für ihre Prozesse. Unsere Plattform Yaskawa Connected Factory ist daher ein zentrales Element unserer Digitalisierungsstrategie. Mit dieser können wir die Daten aller unserer Geräte, aber auch externer Geräte zusammenfassen, und ansprechend aufbereiten – für den Anlagenbediener ebenso wie für den Linien- und Fertigungsverantwortlichen oder die Geschäftsführung. Kurzum: Die Plattform liefert strukturierte Informationen bis ins letzte Detail und verbessert so das Verständnis für Maschinen, Geräte und Prozesse.
Und wie sieht Ihre Cloud-Strategie aus? Bauen Sie eigene Clouds wie ABB Ability und Fanuc Field? Oder beteiligen Sie sich an offenen Ökosystemen?
Mead: Wir werden keinen eigenen Cloud-Standard etablieren, sondern mit strategischen Partnern zusammenarbeiten und so sicherstellen, dass wir passende Schnittstellen für die IoT-Infrastrukturen unserer Kunden haben. Denn gerade globale Automotive OEMs investieren strategisch und arbeiten mit großen IoT-Infrastrukturanbietern zusammen. In diese IoT-Infrastrukturen müssen wir uns einklinken und dafür sorgen, dass unsere Roboterdaten in die IoT-Infrastruktur des Kunden einfließen. Wir arbeiten daher ganz konkret an einem Gateway vom Edge zur Cloud. Und wenn ein Kunde keine eigene IoT-Infrastruktur hat, dann können wir mit dem Cockpit eine eigene Lösung aufbauen.
Yaskawa Europe GmbH
www.yaskawa.eu.com; Fachpack Halle 3, Stand 327
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