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Keba: „Bei Kemro X setzen wir auf Standards aus der IT“

Christian Gabriel, VP General Automation, Keba Industrial Automation GmbH
Keba: „Bei Kemro X setzen wir auf Standards aus der IT“

Keba: „Bei Kemro X setzen wir auf Standards aus der IT“
Christian Gabriel, VP General Automation, Keba Industrial Automation GmbH: „Offene Plattformen in der Automatisierung bieten ermöglichen eine höhere Flexibilität, Interoperabilität und Skalierbarkeit der Systeme.“ Bild: Keba
Welchen Ansatz Keba bei offenen Automations-Plattformen verfolgt, sagt Christian Gabriel, VP General Automation der Keba Industrial Automation GmbH. „Bei Kemro X versucht Keba ausschließlich auf Standards aus der IT zu setzen und diese dann optimal an die Anforderungen in der Industrie anzupassen.“

Was verstehen Sie unter einer „Plattform“?

Gabriel: Ziel jeder Plattform ist es, ein Match-Maker zu sein – oder anders formuliert eine Basis, um aus 1+1=3 zu machen. Genauso sehen wir auch den Begriff der Plattform. Es gibt unterschiedliche Typen von Plattformen – zum Beispiel Betriebssystemplattformen wie Linux, Anwendungsplattformen, Cloud-Plattformen oder soziale Plattformen.

Eine Plattform kann auch eine Reihe von Standards oder Regeln sein, die die Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen oder Komponenten ermöglichen. Eine Plattform kann verschiedene Funktionen haben, wie zum Beispiel:

  • Die Bereitstellung von gemeinsamen Schnittstellen oder Formaten für die Kommunikation.
  • Die Vereinfachung der Entwicklung oder des Betriebs von Anwendungen.
  • Die Erhöhung der Reichweite und damit des Nutzens von Funktionen und Features.

Mit offenen Plattformen auf dem Weg zum Android der Automation

 

Wie heißt Ihre Plattform und können Sie diese mit ihren wesentlichen Eigenschaften kurz vorstellen? (Wie funktioniert sie technisch? Welche Technologien, Standards etc. nutzen Sie?)

Gabriel: Unsere Plattform heißt Kemro X, mit der wir genau die oben genannten Ziele verfolgen – einfache Integration von unterschiedlichsten Technologien in Kombination mit den optimierten Technologien aus unserem Haus. Die Antwort auf die Frage, welche Standards wir verwenden, ist umfangreich. Wir versuchen ausschließlich auf Standards aus der IT zu setzen und diese dann optimal an die Anforderungen in der Industrie anzupassen. Schwerpunkte setzen wir hier in Echtzeit, Regelungstechnik sowie Stabilität.

Was unterscheidet ihren Ansatz von anderen Ansätzen (USP)?

Gabriel: Es gibt immer ein gewisses Grundset an Funktionalität, das angeboten werden muss, um die Funktionalität bei unseren Kunden zu gewährleisten. Dazu ist eine flexible Basis notwendig, die eine Mischung aus Hard- & Software sowie Technologien ist. Für Basisfunktionalitäten sind 3rd party Produkte oft ausreichend, jedoch muss man offen sein, diese zu integrieren.

Das ist der Kern unseres Geschäfts: für uns ist klar, dass der Kunde die Komponenten nutzen sollte, die für seine Anwendung am besten passen, und nicht die, welche uns am besten passen würden oder von denen wir am meisten überzeugt sind. Genau dort sehe ich auch eine Differenzierung – die enge Zusammenarbeit in der Lösungsfindung für den Kunden. Ziel ist es immer gemeinsam, eine optimale Lösung zu finden; dabei unterstützen wir auch unsere Kunden bei der Integration von 3rd party Komponenten, falls eines unserer Produkte nicht optimal passt.

Der zweite wesentliche Unterschied ist sicher unsere langjährige Erfahrung als Lösungsanbieter in Robotik, Regelungstechnik, Visualisierung, Safety in unterschiedlichen Branchen. Dieses Wissen wurde dann in einer Plattform – nämlich Kemro X – zusammengefasst.

Und wo gibt es Gemeinsamkeiten?

Gabriel: Gemeinsamkeiten gibt es immer bei dem Offensichtlichen – Betriebssysteme, Schnittstellen im Bereich Commodity, da Schritt für Schritt immer mehr Firmen einzelne Standards besser unterstützen und die Kunden das auch fordern.

Wo sehen Sie die Vorteile von offenen Plattformen (OT/IT-Integration? Realisierung von App-Konzepten? Hardware-Unabhängigkeit/Flexibilität?)?

Gabriel: Offene Plattformen in der Automatisierung bieten viele Vorteile für verschiedene Anwendungsbereiche. Sie ermöglichen eine höhere Flexibilität, Interoperabilität und Skalierbarkeit der Systeme, die auf unterschiedlichen Standards und Technologien basieren. Dadurch kann das Unternehmen den Fokus auf seine Kernkompetenzen legen, was wiederum Innovation und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren, wie Herstellern, Anwendern, Forschern und Dienstleistern, verbessert. Offene Plattformen können somit zu einer höheren Effizienz, Qualität und Nachhaltigkeit in der Automatisierung beitragen.

Wie lassen sich die teilweise hohen Anforderungen der Automatisierungstechnik (OT) mit der IT-Welt verbinden – OT-Echtzeit und IT-Echtzeit sind ja nicht deckungsgleich? Kann eine OT-IT-Plattform wirklich beide Welten verbinden?

Gabriel: Aus unserer Sicht geht das – wobei das immer im Detail betrachtet werden muss. Architekturen müssen nicht zwanghaft zusammengeführt werden; man sollte dort den Fokus hinlegen, wo ein großer Nutzen für den Anwender entsteht. Beispiele dazu kann man in Synchronisationsthemen in der Regelungstechnik, in der Online Konfiguration, der Datenhaltung oder Servicierbarkeit nennen – jedoch macht es immer Sinn, jeden UseCase im Detail durchzugehen.

Lässt sich diese Verbindung technisch über „offene Steuerungen“ realisieren oder eher über eine Zusatz-Schicht („offene Middleware“), die zwischen OT und IT sowie zwischen verschiedenen Systemen vermittelt?

Gabriel: Wie gesagt, das hängt immer von den Anforderungen ab. Pauschal lässt sich hier keine Antwort geben. Was man sicher sagen kann, ist, dass die Architekturgestaltung immer flexibel sein muss; technisch lassen sich fast alle Varianten gestalten. Wenn Sie einen Edge Computer eine Zwischenschicht nennen wollen, wäre das eine Möglichkeit. Ebenso ist eine klassische Middleware auch eine Möglichkeit, jedoch gibt es bei den realen Anwendungen dann immer wieder Hürden, die Schritt für Schritt durch Forschung verbessert werden.

Was bedeutet das für das Engineering? Wie können Produkt- und Produktionsentwicklung profitieren?

Gabriel: Wichtig ist hier, Engineering zu definieren. Wenn wir über die offene Steuerung reden, ist das nur ein Teil des gesamten Entwicklungsprozesses. Was man aber sieht, ist, dass immer mehr Firmen hier auf Standards setzen und somit die Kompatibilität stark gesteigert wird.

Wichtiger für die Firmen ist jedoch, den kompletten Entwicklungsprozess zu betrachten – der immer vernetzter mit den Kundenanforderungen, Sales, Produktmanagement und im weiteren Schritt auch mit dem Einkauf ist und somit einen Kreislauf ergibt. Hier wird es in den nächsten Jahren einige tolle Entwicklungen geben, welche die Effizienz in der Zusammenarbeit deutlich steigern werden.

Andererseits gibt es mit den neuen KI-Technologien auch starke lokale Tool-Verbesserungen, die eine Ausbildung als Fachexperte zeitlich stark reduzieren werden und Routineaufgaben automatisiert werden. Somit ist nicht das Tool der entscheidende Faktor, sondern wie gut hier von KI-Technologien unterstützt wird.

Wird der Automatisierer auf Dauer von IT-Spezialisten „ersetzt“ und wird mit den offenen Plattformen die Steuerungsprogrammierung entsprechend IEC 61131–3 auf Dauer hinfällig – oder nur entsprechend von der IT-Seite kommend „übersetzt“?

Gabriel: Nein, der Automatisierer wird nicht ersetzt. Eventuell ändert sich seine Programmiersprache, jedoch nicht auf klassische Programmiersprachen, sondern auf seine Muttersprache, da KI-Technologien die Übersetzung vornehmen und somit unabhängig von der Programmiersprache. Diese Transformation passiert, jedoch gibt es auch konservative Branchen, wo dieser Wechsel langsamer stattfinden wird. Darum wird uns die IEC-Programmierung sicher noch eine Weile begleiten.

Welche Rolle spielt bei dem Plattform-Gedanken die Offenheit nicht nur gegenüber OT- bzw. IT-Systemen Dritter, sondern auch gegenüber vergleichbaren Plattformansätzen von Marktbegleitern? Entsteht auf Dauer eine gemeinsame offene interoperable Plattform über Standardisierung oder über Kooperationen oder durch Marktdominanz („the Winner takes it all“)?

Gabriel: Auch hier sollte man ganz offen sein, aus Sicht Plattformanbieter sowie als jemand, der zu einer anderen Plattform beiträgt. Es gibt viel mehr Beitragende in der Kette der Automatisierung als in einem Mobiltelefon. Die Differenzierung kommt einmal durch Technologie-Apps, oft aber auch durch ein Zusammenspiel von Hardware und Software.

Auf der technischen Ebene: Welche Rolle spielen im Zusammenhang mit dem Thema Offenheit speziell Open-Source-Lösungen bzw. Betriebssysteme wie Linux sowie der Datenaustausch via OPC UA – das OPC steht dabei ja bereits für „Open Platform Communications“?

Gabriel: Aktuell spielen diese Lösungen eine große Rolle, da vieles damit ermöglicht wird, siehe die erste Frage zu der Definition, was eine Plattform ist. Was wir in der Industrie sehen, ist, dass viele in Richtung Linux gehen, weil dort viele Vorteile damit aus der IT-Welt übernommen werden können und die Community groß ist. Damit wird das Time-to-market optimiert.

Auch die Standardisierung der Kommunikation ist ein wichtiger Faktor, der hier einiges an Effizienzsteigerung bringen kann. Wichtig ist, dass die Kompatibilität und die Anzahl an Personen, die etwas verbessern, am gleichen arbeiten, dann verbessern wir den Standort für die Automatisierung in Europa.

Kann bzw. wird sich über offene Plattformen eine Art „Android der Automation“ entwickeln, das auf verschiedenen Hardwareplattformen (Maschinen, Robotern) läuft?

Gabriel: Da bin ich überzeugt davon. Der Trend geht ja schon stark in diese Richtung. Jedoch wird das eher ein mittelfristiges Thema sein. Durch die Anzahl der Mitspieler in der Kette ist die Komplexität hoch.

www.keba.com


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