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Scara: neue Technik, neue Anbieter, neue Chancen

Nachfrage bei Scara-Robotern steigt, gerade in Asien – das ruft jede Menge Anbieter auf den Plan
Scaras: neue Technik, neue Anbieter, neue Chancen

Scaras: neue Technik, neue Anbieter, neue Chancen
Just enough: Epsons preisgünstige Scaras der T-Serie liefern gerade genug Performance, um bestimmte Aufgaben zu automatisieren. Bild: Epson
Wenn Hersteller einen Markt entdecken, sind die Kunden meist schon da. So steigt die Nachfrage bei Scara-Robotern, vor allem in Asien und vor allem in der Elektronik-Industrie. Dabei gibt es Pick-&-Place-Aufgaben, die Spezialität von Scaras, auch in vielen anderen Branchen.

Autor: Bernhard Foitzik

Der Scara-Markt wächst und der Aufschwung hat seine Gründe. „Der Scara hat seinen festen Platz in vielen Wachstumsbranchen, und ich sehe auch nicht, dass er von Sechsachsern oder anderen Robotern abgelöst wird“, sagt Dr. Klaus Kluger, Geschäftsführer bei Omron Electronics. So profitieren Scara-Anbieter vom allgemeinen Trend, manuelle Tätigkeiten zu automatisieren – etwa um qualitativ besser zu werden oder schlicht, weil Unternehmen keine Fachkräfte für die oft diffizilen Aufgaben finden. Winzige Platinen zu löten, ist ja auch nicht jedermanns Sache. Und vielleicht profitieren Scaras ja auch davon, dass mit den kollaborativen Robotern neu über Automatisierung diskutiert wird – und sich dann herausstellt, dass es ein konventioneller Roboter auch tut.

Das Marktsegment „Scara“ ist nicht besonders groß. Gerade einmal elf Prozent aller neuen Roboter entfallen auf diesen Typ. Allerdings: Um durchschnittlich zwölf Prozent ist der Scara-Markt zwischen 2011 und 2016 – neuere Zahlen liegen bei der IFR noch nicht vor – gewachsen, zuletzt sogar um 13 Prozent auf 33 000 Stück.

Und der Markt wird weiter wachsen. Die prognostizierten Steigerungsraten bis 2021 liegen zwischen fünf (Technario Market Research) und acht Prozent (Research and Markets). Pierre Mikaelsson, Senior Vice President Portfolio Management, Kuka, sieht in der General Industry noch ein enormes Potenzial: „Die Elektronikindustrie wächst am schnellsten und Scara-Roboter eignen sich besonders gut für dieses Marktsegment.“ Eine Einschätzung, die er mit den anderen Herstellern teilt.

Doch wer macht das Rennen? In jüngster Zeit gab es im etablierten Scara-Segment einige interessante Innovationen sowie einige Newcomer, die den Markt neu angehen wollen. Zu den etablierten Scara-Größen zählt Epson: „Epson Robotics Solutions verfolgt konsequent den Weg, sein Angebot auszubauen. Unser Ziel ist es nicht, anderen zu folgen, sondern selbst den Weg zu bereiten“, betont Volker Spanier, Leiter Robotic Solutions bei Epson Deutschland.

Superschnell oder Just Enough?

Keine Frage: Die Scara-Roboter wurden schon immer auf Tempo getrimmt. Da können die Pick-&-Place-Maschinen ihren Ursprung in der Elektronik-Massenmontage nicht verleugnen. Um den Titel „Schnellster Scara“ streiten sich derzeit mehrere Roboter. Benchmark ist sicher der Fast-Picker von Stäubli, für den 200 Picks pro Minute angegeben werden. Zugrunde liegt dabei immer ein sogenannter Zyklus mit 25 mm Hub, 305 mm Verfahrweg und ein 25 mm Absenken. Toshiba erreicht mit seinem THE400 Scara immerhin Zykluszeiten von 0,39 s. Und für den G1-171SZ gibt Epson eine Zykluszeit von 0,29 s an. Die Spitze liegt also eng zusammen, und man muss im Einzelfall schauen, mit welcher Traglast die Zeiten erzielt werden.

Nun gibt es andererseits aber auch die Just-enough-Bewegung, um einen Slogan von Epson für eine breitere Entwicklung zu verwenden. Volker Spanier skizziert die Merkmale: „Unsere Scara-T-Serie bietet unseren Kunden nicht das Schnellste, Genaueste und Größte für ihre Anlagen, sondern eben just enough – also gerade genug, um eine bestimmte Aufgabe mit dem passenden Scara-Roborter zu automatisieren.“

Auf diese Weise koste eine Zelle nur einen Bruchteil des Preises, der anfiele, wenn sie mit einem Highend-Roboter ausgerüstet wäre. „Dieser Ansatz“, ergänzt Spanier, „entspricht dem Grundsatz aller Ingenieure – so genau wie nötig, so ungenau wie möglich. Deshalb sind diese Baureihen auch sehr erfolgreich.“ Sicher auch, weil Epson den T3-Scara mit integrierter Steuerung schon ab 7500 Euro anbietet.

Unterschiedliche Baureihen gibt es auch bei Omron, die Low-Cost-Schiene bietet man jedoch vorerst nur in China an. Dr. Klaus Kluger: „Wir kommen von den anspruchsvollen Anwendungen. Und auch wenn wir immer schon ein Einstiegsmodell hatten, setzen unsere Kunden doch eher auf das anspruchsvolle Segment, um sich nicht von vornherein bestimmter Möglichkeiten zu berauben.“

Zudem entwickelt Omron (das mit der Übernahme von Adept ins Robotersegment eingestiegen ist) seine Scaras passend zur i-Firmen-Strategie innovative Automation (Integration, Intelligenz und Interaktion) weiter. Entsprechend heißen die Scaras nicht mehr Cobra wie bei Adept, sondern i4. Kluger: „Der i4 verfügt über das weltweit erste Ethercat-Modul, das direkt mit dem Controller und dem Arm des Roboters verbunden ist.“ Diese Konfiguration soll Benutzer mehr Freiheit beim Konfigurieren des Gerätes bieten.

Konzentration aufs Highend

Stäubli setzt weiter voll auf Highend-Performance. Der weltweite Robotics-Chef Gerald Vogt: „Wir tolerieren keine Serienschwankungen unserer Roboter hinsichtlich Präzision und Dynamik.“ Deshalb stoßen die zur automatica vorgestellten TS2-Scaras „in neue Leistungsdimensionen“ vor. Die komplette Neuentwicklung der Vierachser auf Basis der eigenen JCS-Antriebstechnik ermögliche kürzeste Zykluszeiten. Beim JCS-Antrieb wird der Motor direkt im Getriebe als eine Einheit im Ölbad integriert. Solche Einheiten bauen sehr kompakt. Vogt: „Damit schlagen wir jedes andere verfügbare Getriebe für die Robotertechnik um Längen.“

Als Wiedereinsteiger im Scara-Geschäft darf Fanuc gelten. Die Scaras SR-3iA und SR-6iA sind hauptsächlich für den Bedarf der chinesischen Elektronik/Smartphone-Fertigung gedacht, dienen allerdings auch in Europa der Abrundung des Angebotes. Das Besondere bei Fanuc sind sicherlich die zahlreichen hauseigenen Features wie iR-Vision, iR-Pick-Tool und Conveyor Tracking. Jüngste Neuerung: Die eigens für die Scaras entwickelte Bedienoberfläche iR-Programmer erleichtert den Setup, die Programmierung und die Bedienung des Roboters.

Kuka steigt 2019 ein

Mit Kuka wird man spätestens im nächsten Jahr einen weiteren Wiedereinsteiger auf dem Markt sehen. Denn im gerade in Bau befindlichen Roboterpark in Shunde entstehen auch Produktionskapazitäten für Scara-Roboter. Pierre Mikaelsson: „Wir erwarten, dass der erste Scara 2019 vom Band läuft. Wir sind mitten in der technischen Entwicklung.“ Daten gibt es noch keine, jedenfalls keine für die Öffentlichkeit: „Die technischen Daten werden aktuell evaluiert.“

Ob der Produktionsstandort einen Hinweis auf das angepeilte Marktsegment ist? Mikaelsson: „Kuka wird in China mit den dort tätigen Herstellern im Wettbewerb stehen. Wir werden auch in Zukunft ein Hersteller qualitativ hochwertiger, innovativer Roboter bleiben.“

Billiger China-Roboter für Deutschland

Während die großen Roboter-Player mit neuen Scara-Modellen vor allem in China punkten wollen, geht ein weiterer Neueinsteiger den umgekehrten Weg. Variobotic aus Neu-Ulm startete 2017 auf der Motek mit seinem Angebot, den chinesischen Scara Dobot zum Kampfpreis von ganz knapp unter 5000 Euro in Deutschland anzubieten. „Der Start war allerdings schwieriger als gedacht“, zieht Geschäftsführer Peter Klement ein erstes Fazit. Klement sieht immer noch einen großen Unterschied zwischen den übers Internet zu findenden chinesischen Anbietern und einem Systemhaus wie seinem: „Wir bieten die Roboter komplett von hier aus mit deutschem Service, Support und Ansprechpartner.“

Was den Preis betrifft, markiert der Dobot aber noch lange nicht die Untergrenze des weltweiten oder besser chinesischen Angebotes. Suchmaschinen wie made-in-china oder Alibaba listen über rund zwei Dutzend Scara-Anbieter auf, die (wie der Hersteller Seed) teils mit Preisen von 2500 US-Dollar locken. Der hartnäckige Versuch, an weitergehende Informationen zu kommen, scheiterte allerdings.

www.epson.de; www.fanuc.de; www.kuka.com;

industrial.omron.de; www.staubli.com; www.variobotic.de


Spezielle Kinematiken bis zum Doppel-Scara

Neben Standard-Scaras sind in jüngster Zeit einige spezielle Mechaniken auf den Markt gekommen:

  • Wing Slicer (Nachi): Vorteil des EZ03 (Foto) ist seine hohe Bewegungsgeschwindigkeit. Zudem führt hier die erste Achse die vertikalen Positionierbewegungen aus. Das spart Platz, auch die Deckenmontage des EZ03 spart Produktionsfläche.
  • Fastpicker (Stäubli): Der TP80 als schnelle Vierachs-Kinematik für Pick-&-Place-Applikationen erreicht über 200 Picks pro Minute und kann dabei Arbeitsräume mit einem Durchmesser von 1,6 Metern bedienen.
  • Spider (Epson): Die RS-Modelle hängen wie eine Spinne von der Decke. Dabei bewegt sich der zweite Arm unter dem ersten Arm hindurch – so decken sie ohne Totzone einen zylindrischen Arbeitsbereich ab.
  • Mit den Robotern der RP-ADH-Serie baut Mitsubishi Maschinen mit zwei Armen, aber eigentlich nur einem Handgelenk. Diese Roboter, so der Hersteller, wurden speziell für das Highspeed-Mikro-Handling mit geringen Nutzlasten entwickelt.
  • Andere Doppelarm-Scaras sind dagegen eher als kooperative Systeme gedacht. So hat Kawasaki mit Duaro einen Roboter vorgestellt, dessen koaxiale Doppelarmausführung die Ausführung koordinierter Bewegungen ermögliche, was bisher selbst für zwei Scaras unmöglich gewesen sei.
  • Hingegen geht Denso – eingedenk des Spruches „ein zweiarmiger Roboter kann nichts, was nicht auch zwei einarmige können“ – den Weg, an einen RC8A-Controller zwei einzelne Scara-Roboter anzuschließen. Der Controller steuert dabei durchaus unterschiedliche Arbeitsabläufe parallel.
  • Neu ist die Idee mit den zwei Armen nicht. Schon 1995 zeigte der japanische Anbieter Tescon einen zweiarmigen Scara, dessen Armgeschwindigkeit mit 7700 mm/s angegeben wurde und der umgerechnet schlanke 70 000 D-Mark kosten sollte.

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