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Roboter in Kunst und Literatur: Zur Kultur-Geschichte der Robotik

Von der Antike bis zur Science Fiction
Roboter in Film, Kunst und Literatur: Zur Kultur-Geschichte der Robotik

Roboter übernehmen zunehmend Aufgaben – ob als Industrieroboter in der Produktion oder als Serviceroboter in Dienstleistungsbranchen. Unser Autor Prof. Dr. Herbert J. Buckenhüskes wirft daher einen Blick auf die Geschichte der Robotik und vor allem die Kulturgeschichte der Roboter und Automaten. Und er erläutert, warum Japan das Land der Roboter ist.

Autor: Prof. Dr. Herbert J. Buckenhüskes

Der Begriff „Roboter“: Arbeit, Frondienst, Knechtschaft

Am 5. Januar 1921 feierte das Theaterstück R.U.R., „Rossum´s Universal Robots“ des tschechischen Science-Fiction-Autors Karel Capek seine Premiere. In dem satirischen Drama werden durch die Firma R.U.R. auf biochemischem Wege menschenähnliche Kreaturen gezüchtet, welche als „Roboti“ bezeichnet werden, ein Begriff, der auf Karel Capeks Bruder Josef zurückgeht.

Der Begriff Roboter leitet sich von dem slawischen Wort „robota“ ab, das im Polnischen so viel wie „Arbeit“ und im Tschechischen „Fronarbeit bzw. Zwangsarbeit“ bedeutet. „Robota“ geht wiederum über das Altkirchenslawische „rabota“ für „Knechtschaft“ auf das Protoindoeuropäische „*orbh-“ zurück, wodurch es mit dem deutschen Begriff „Arbeit“ verwandt ist. Auch gab es im Spätmittelhochdeutschen den Begriff „robater“ oder „robatter“, mit denen ein „Arbeiter im Frondienst“ bezeichnet wurde.

„Roboti“ arbeiteten doppelt so viel wie richtige Menschen

„Roboti“ war somit ein idealer Begriff für die geschaffenen Kreaturen, da sie doppelt so viel arbeiteten wie richtige Menschen. Sie sollten weltweit als billige und rechtlose Arbeiter verwendet werden. Die dahinterstehende Idee, die Menschheit vom Zwang der Arbeit zu befreien findet ein jähes Ende, als ein Wissenschaftler einigen Robotern menschliche Gefühle einpflanzt. Denn die Maschinen erweisen sich als äußerst gelehrig: sie rebellieren. Sie gründen eine revolutionäre Massenorganisation, wehren sich gegen ihre Ausbeutung – und vernichten letztlich die Menschheit.

Eine kleine Randnotiz: Der Name „Rossum“ wurde von Capek nicht von ungefähr gewählt. Vielmehr ist er eine ironische Anspielung des Autors, da das tschechische Wort „rozum“ so viel wie „Vernunft“, „Verstand“ bedeutet. In der deutschen Übersetzung, welche 1922 durch Otto Pick erfolgte, wird „Rossum“ daher auch mit „Werstand“ übersetzt.

Was ist ein Roboter?

Ausgehend von dem Theaterstück ist der Begriff „Roboter“ in den allgemeinen Sprachgebrauch in vielen Sprachen übergegangen. Und von Anfang an beflügelte er die menschliche Phantasie, wovon vor allem die umfangreiche Science-Fiction-Literatur und die darauf basierenden Filme zeugen.

Wurde der Begriff „Roboter“ ursprünglich nur für humanoide Roboter verwendet, steht er heute für vielfältige Handhabungsgeräte. Entsprechend war die Definition eines Roboters auch von Land zu Land unterschiedlich, was z.B. darin zum Ausdruck kam, dass 1983 von Japan 47.000 installierte Roboter gemeldet wurden, von denen nach der damaligen VDI-Richtlinie 2860 nicht einmal 3.000 als Roboter gegolten hätten.

Eine aktuelle Definition dessen, was unter einem „Roboter“ verstanden wird, stammt von der Robotic Industries Association. Danach gilt: “Ein Roboter ist ein programmierbares Mehrzweck-Handhabungsgerät für das Bewegen von Material, Werkstücken, Werkzeugen oder Spezialgeräten. Der frei programmierbare Bewegungsablauf (mindestens drei frei bewegliche Achsen) macht ihn für verschiedenste Aufgaben einsetzbar.“

Automation verspricht Befreiung vom Zwang zur Arbeit

Der in dem Theaterstück R.U.R. zum Ausdruck gekommene Wunsch nach einer Befreiung vom Zwang der Arbeit indes ist nichts Neues: Bereits für den griechischen Universalgelehrten Aristoteles (384–322 v. Chr.) war die „Automatia“, „die von selbst Kommende“ oder die „Selbstbewegliche“ ein reizvoller Ansatz für die technologische Entwicklung der Menschheit.

In dem Buch „Philosophie des Aristoteles“ des Franz Biese, Bd. 2, 1842, heißt es diesbezüglich: „Wenn jedes Werkzeug auf Geheiß, oder auch vorausahnend, das ihm zukommende Werk verrichten könnte, wie des Dädalus Kunstwerke sich von selbst bewegten oder die Dreifüße des Hephästos aus eigenem Antrieb an die heilige Arbeit gingen, wenn so die Weberschiffe von selbst webten, so bedarf es weder für den Werkmeister der Gehilfen noch für die Herren der Sklaven.“

Ein Beispiel für eine Art mechanischer Roboter ist ein um 60 v.Chr. durch Heron von Alexandria konstruierter Wagen mit drei Rädern, der einer vorprogrammierten Strecke folgen konnte. Betrieben wurde der Wagen von einem herunterfallenden Gewicht, das an einem um zwei Achsen gewickelten Seil zog. Die Fahrtrichtung des Wagens konnte mithilfe von Stiften geändert werden.

Leonardo da Vinci konstruiert den ersten selbstfahrenden Wagen

Einen anderen Weg beschritt Leonardo da Vinci, der 1478 den ersten selbstfahrenden Wagen konstruierte, der von Uhrwerksfedern angetrieben wurde. Zudem wies der Wagen eine Programmsteuerung auf, welche aus Nocken bestand, die auf Zahnrädern saßen und den Lauf der Antriebsräder beeinflussen konnten.

Im vorliegenden Zusammenhang von besonderem Interesse sind Skizzen, auf die der Kunsthistoriker Carlo Pedretti im Jahre 1957 im Codex Atlanticus, dem großen Leonardo-Konvolut der Biblioteca Ambrosiana Mailand stieß. Mit einer im Inneren angebrachten Mechanik aus Rädern, Stangen, Rollen und Schnüren scheinen sie auf eine bewegte Ritterrüstung und damit auf einen wirklichen Roboter hinzuweisen. Dieser frühe Roboter hätte theoretisch verschiedene Bewegungen ausführen und sich unter anderem aufrichten und winken können – ob er allerdings je realisiert wurde, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen.

Künstliche Wesen in der Literatur

Überhaupt haben vom Menschen erschaffene künstliche Wesen in der Literatur eine lange Tradition, wobei sie auf unterschiedlichem Wege „geschaffen“ werden konnten. Bekannt ist beispielsweise der aus der jüdischen Literatur und Mystik stammende Golem. Dabei handelt es sich um von Weisen mit Hilfe einer Buchstabenmystik aus Lehm gebildeten, stumme, menschenähnliche Wesen, die oft gewaltige Größe und Kraft besitzen und Aufträge ausführen können.

Im Kontext alchemistischer Theorien entstand dann im Spätmittelalter die Idee des Homunculus, eines künstlich geschaffenen Menschen, der häufig als dämonischer Helfer bei magischen Praktiken fungiert. Und die Roboti in R.U.R. schließlich sind organische Kreaturen, die auf biochemischem Wege hergestellt werden und die man heute als Androide bezeichnen würde.

Roboterartige Gliederpuppe im „Buch der Könige“

In dem von Abu l-Qasim Firdausi (940–1020) geschriebenen persischen Nationalepos Schahname, das im Deutschen als „Buch der Könige“ bekannt ist, ist zu lesen, dass der Iranische Hofstaat eine roboterartige Gliederpuppe mit der Tochter von Kaisers Maurikios verwechselt hatte.

Die Vorstellung von Robotern im Sinne von Maschinenmenschen beziehungsweise autonomen Maschinenwesen, die durch menschliche Wissenschaft und Technik verwirklicht werden, entwickelt sich jedoch erst in der Neuzeit. So werden in der Literatur des 18. Jahrhunderts täuschend menschenähnliche „Automaten“ beschrieben, die durch eine kunstvolle Mechanik scheinbar zum Leben erweckt werden.

Da das Wort „Roboter“ für die künstlichen Menschen noch nicht bekannt war, wurden solche Figuren häufig noch als „Automat“ oder „mechanischer Mensch“ (englisch mechanical man) bezeichnet.

Weib der Zukunft: weiblicher Automat als Lebensgefährtin

Besonders weit geht hier der im Jahre 1886 veröffentlichte Roman L‘ Eve future des französischen Schriftstellers Auguste de Villiers de L´Isle Adam, dessen erste deutsche Übersetzung im Jahre 1909 den Titel „Edisons Weib der Zukunft“ trug und in dem ein weiblicher Automat als Lebensgefährtin eines Lords dienen sollte.

In dem Roman verliebt sich Lord Ewald unsterblich in Alicia, eine Sängerin, welche so schön wie die Venus von Milo ist. Ihre geistigen Fähigkeiten bleiben aber hoffnungslos hinter den körperlichen Vorzügen zurück, was Ewald zur Verzweiflung treibt. Gemeinsam mit Alicia reist er deshalb in die USA, wo er Edison sein Leid klagt. Dieser arbeitet gerade an einem Androiden, einem naturgetreuen weiblichen Roboter Namens Hadaly. Er kann ihn so verändern, dass er Alicia aufs Haar gleichsieht. Während der Rückfahrt gerät das Schiff in Brand und sinkt. Während Alicia dabei umkommt, überlebt Lord Ewald, doch muss er mit ansehen, wie die Kiste mit Hadaly im Meer versinkt.

Der Konstruktion von Hadaly und derem Funktionieren widmete Villiers de L’Isle-Adam einen ganzen Abschnitt des Romans. In ihrem Oberkörper sitzen goldene Phonographen-Walzen, die vierzehn Stunden erlesener Konversation speichern. Weiter unten dreht sich eine Rolle für die Gesten, die Haltung, den Gang und das Mienenspiel Hadalys. Ein besonderer Regelkreis sorgt dafür, dass sie beim Laufen immer das Gleichgewicht hält und Blumen pflücken kann, ohne zu Boden zu fallen.

Asimov und seine drei Robotergesetze

Hier besonders hervorzuheben ist Isaak Asimov, einer der bekanntesten Science-Fiction-Schriftsteller seiner Zeit: In der Kurzgeschichte Robbie aus dem Jahre 1940 beschäftigte er sich erstmals intensiv mit Maschinen mit künstlichen Gehirnen, also mit Robotern. Die meisten der bis dahin erschienenen Robotergeschichten fand er persönlich unglaublich langweilig, da sie nach dem sogenannten Frankensteinmuster gestrickt waren: „Roboter wurden geschaffen und zerstörten ihre Erschaffer“.

In der 1942 erschienenen Erzählung Runaround postulierte Asimov daher die drei Gesetze der Robotik, die auch heute noch häufig in der Science-Fiction-Literatur rezipiert werden:

1. Ein Roboter darf keinen Menschen verletzen oder durch Untätigkeit zu Schaden kommen lassen.

2. Ein Roboter muss den Befehlen eines Menschen gehorchen, es sei denn, solche Befehle stehen im Widerspruch zum ersten Gesetz.

3. Ein Roboter muss seine eigene Existenz schützen, solange dieser Schutz nicht dem Ersten oder Zweiten Gesetz widerspricht.

Da Asimov davon ausgeht, dass Werkzeuge im Allgemeinen so konstruiert sind, dass sie implizit diesen Gesetzen gehorchen müssen, werden Robotergehirne in seinen Geschichten so entworfen, dass sie nicht anders können und nichts anderes dürfen, als den drei Gesetzen der Robotik zu gehorchen. Als Positronengehirne haben sie nicht die Wahl, explizit oder gar eigenmächtig zu entscheiden – sie reagieren zwangsweise. Nach Asimov sind die drei Gesetze notwendig, damit ein Roboter nicht zu einem eigenen Bewusstsein gelangt, was ein unüberschaubares Chaos und unkalkulierbare Folgen für Mensch und Maschine bewirken könnte.

Stanislaw Lem und die Kyberiade

Zwischen dem Ende der 1950er und dem Anfang der 1970er Jahre veröffentlichte der polnische Autor Stanislaw Lem unter dem Titel Kyberiade (original: Cyberiada) einen Zyklus von fünfzehn Erzählungen, die in einem zukünftigen, kybernetischen Zeitalter spielen. Hauptfiguren sind das Konstrukteurduo Klapauzius und Trurl, deren abenteuerliche Taten und Reisen in einem vorwiegend von Robotern bevölkerten Kosmos beschrieben werden. Die zentralen Themen der philosophischen Fabeln sind die Auseinandersetzung und die Vermischung von Ethik und Technik sowie das Scheitern eines damit verbundenen absoluten Fortschrittsglaubens.

Aktuelle Romane: Roboter als Lebenspartner

Letztlich seien noch zwei Romane aus dem Jahre 2019 angesprochen: In „Maschinen wie ich“ des britischen Schriftstellers Ian McEwan kauft sich der 32-jährige Technikfreak Charly von einer Erbschaft einen täuschend lebensechten Androiden: Adam, 85 Kilo, freundlich, gutaussehend, entgegenkommend, serienmäßig ausgestattet mit dem Wortschatz eines Shakespeare und dem Zugriff auf sämtliche digitalen Datenbanken. Spezielle Ausstattungswünsche wie Charaktereigenschaften oder besondere Neigungen werden von Charly und seiner Freundin Miranda nachprogrammiert.

Der gemeinsam konfigurierte Adam soll das Kind ihrer jungen Liebe sein. Überraschenderweise verliebt sich Adam jedoch in Miranda, was in einer gemeinsamen Liebesnacht gipfelt. Eine verzwickte Dreiecksbeziehung mit einem Androiden.

In dem zweiten Roman „Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten“ von Emma Braslavsky verkauft ein Robotikunternehmen in der nahen Zukunft in Berlin menschengleiche Roboter als künstliche Lebenspartner. Jede Art von Beziehungswunsch ist erfüllbar, uneingeschränktes privates Glück und die vollständige Abschaffung der Einsamkeit sind kurz davor, Wirklichkeit zu werden. Doch die Zahl der Selbsttötungen hat sich verzehnfacht. Denn die neuen Wesen beherrschen zwar die hohe Kunst der simulierten Liebe, können aber keine Verantwortung für jene übernehmen, mit denen sie zusammenleben. Immer mehr Menschen gehen an sozialer Entfremdung zugrunde.

Roboter in der Kinderliteratur

Roboterfiguren machen auch vor der Literatur für Kinder nicht halt. So brachte der Sylter Autor Boy Lornsen 1967 das Buch „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ heraus, in welchem der Roboter ROB 344–66/IIIa, genannt Robbi, und der Erfinder Tobias Findteisen gemeinsame Abenteuer erleben. Nach dieser Buchvorlage produzierte der Westdeutsche Rundfunk auch einen aufwendigen Fernsehfilm.

Über einen kleinen Roboter vom Planeten Balda 7/3 handelt das Buch „Schlupp vom grünen Stern“ von Ellis Kaut. Auf dem grünen Planeten wird die Arbeit von vielen kleinen Robotern getan, die als Schluppen bezeichnet werden. Eines Tages fällt ein neuer Schlupp durch einen gravierenden Fehler auf: Er hat offenbar eine Seele und entwickelt Gefühle. Er soll deshalb auf einen Müllplaneten geschossen werden, landet aber infolge eines Fehlers beim Zielen auf dem blauen Planeten Terra 1, auf unserer Erde. Das Buch wurde 1986 von der Augsburger Puppenkiste als Marionettenstück verfilmt.

Roboter in Filmen

Der 1897 entstandene Kurzfilm Gugusse et l’Automate des Filmpioniers Georges Méliès zeigte wahrscheinlich zum ersten Mal einen Roboter auf der Kinoleinwand. Der heute verschollene Film handelte von einer Auseinandersetzung zwischen dem Clown Gugusse und einem „Automaten“.

Seither ist eine Vielzahl von Filmen erschienen, in welchen Roboter in den unterschiedlichsten Zusammenhängen vorkommen. Sei es als Chauffeur in dem Kurzfilm „The Automatic Motorist“ (1911) von Walter R. Booth, sei es als weiblicher Maschinenmensch in Fritz Langs „Metropolis“ aus dem Jahre 1927.

Angesprochen werden sollte vielleicht der Androide Data, ein Führungsoffizier in der Serie „Star Trek – The next Generation“ (1897–1994), der sich oft mit der Frage seiner eigenen Menschenähnlichkeit auseinandersetzt. Filme wie „Terminator“ oder „I, Robot“ sind bekannte Beispiele für die Darstellung von Androiden und humanoiden Robotern, die den Menschen feindlich entgegentreten oder helfend zur Seite stehen.

Aber auch nicht-humanoide Industrieroboter sind auf der Leinwand zu finden, etwa in „James Bond 007 – Stirb an einem anderen Tag“ oder „Tomb Raider – Die Wiege des Lebens“.

Roboter als Mutter

Während der Spielfilm „Robot und Frank“ (2012) unter Regie von Jake Schreier von der entstehenden Freundschaft zwischen einem älteren Demenzkranken und einem Pflegeroboter handelt, erzählt der Film „I Am Mother“ (2019) aus der Zeit, in der die Menschheit auf der Erde ausgestorben ist. In einer geschützten Wiederbesiedlungsanlage, die die Menschheit bewahren soll, nimmt ein Roboter einen der über 60.000 menschlichen Embryonen, legt diesen in einen Inkubator und erzieht das 24 Stunden später ausgereifte Kind, als sei er seine Mutter.

Das sich immer weiter entwickelnde Mädchen in dem Film „I Am Mother“ glaubt, dass die Außenwelt unbewohnbar ist, und hält sich daher im Inneren der Einrichtung auf. Frei und ohne Aufsicht in der Anlage bewegen kann sie sich jedoch nur nachts, wenn „Mutter“ sich mehrere Stunden lang aufladen muss. Eines nachts taucht vor der Luftschleuse eine leicht verstörte Frau auf und bittet um Einlass.

Menschlichkeit und Mitgefühl beginnen im Leben des Mädchens an Bedeutung zu gewinnen, als es versucht, sie aufzunehmen und gesund zu pflegen. Die verwundete Fremde behauptet, dass sie zu einer kleinen Gemeinschaft von Überlebenden gehört, die sich in einer Mine verstecken würden. Die „Tochter“ weiß nicht, ob ihre „Mutter“ oder die Frau die Wahrheit sagt. Als sie feststellt, dass beide nicht ehrlich sind, unternimmt sie mutige Schritte, um das Überleben ihrer Spezies zu sichern.

Roboter und die bildende Kunst

Doch nicht nur in der Literatur und im Film findet der Roboter Beachtung, vielmehr ist er auch in den bildenden Künsten anzutreffen. Dabei wird in der Kunst vielfach das Verhältnis von Mensch und Maschine anhand des Roboters ausgelotet.

Deutschlands größte Skulptur eines Roboters wurde 2017 durch den Künstler Raik Dalgas in Bitterfeld-Wolfen in Sachsen-Anhalt geschaffen. Ein sieben Meter hoher Koloss aus rund fünf Tonnen Stahl auf einem Betonfundament, welches etwa drei Meter tiefen Fundament steht. „Eigentlich sollte die Skulptur Lea heißen, was ausgesprochen Lern- und Erlebniswelt Anhalt bedeuten soll“, erzählt er. Da dieser Name aber schon vergeben war, habe er aus der Not eine Tugend gemacht: Kurzerhand hat er den zweiten Buchstaben rumgedreht. Nun heißt sein Kunstwerk L3A.

Projekt „bios [bible]“

Vom 13. November 1618 bis zum 09. Mai 1619 fand in Dordrecht in Südholland die Dordrechter Synode statt, eine nationale Versammlung der niederländischen reformierten Kirche unter Beteiligung verschiedener ausländischer reformierter Kirchen. Anlässlich der Feierlichkeiten zum 400-jährigen Jubiläum dieser Synode hat die aus Matthias Gommel, Martina Haitz und Jan Zappe bestehende Künstlergruppe robotlab aus Karlsruhe ein Projekt inszeniert, in dessen Zentrum ein Kuka-Roboter (Typ KR 16) steht. Die seit dem Jahr 2000 bestehende Künstlergruppe setzt sich vor allem mit der Beziehung zwischen Mensch und Roboter auseinander.

Im Rahmen des als „bios [bible]“ titulierten Projektes schreibt der Roboter mit einem Kalligrafiefüller die Bibel in niederländischer Sprache auf fünf Papierrollen von je etwa 200 m Länge nieder – eine Arbeit, die rund neun Monate in Anspruch nimmt.

Für das Niederschreiben des Textes wurde der Roboter mit einem eigens für das Projekt entwickelten, gefederten Stifthalter mit einem integrierten Kalligrafie-Füller ausgestattet, der eine besonders schöne Schrift ermöglicht. Angeschlossen ist er an ein externes Tintensystem, das eine kontinuierliche Versorgung mit Tinte und damit ein ununterbrochenes Schreiben ermöglicht. Die Software des Roboters enthält den Bibeltext in Form eines speziellen digitalen Codes. Außerdem beinhaltet sie auch den Kalligrafie-Font, der auf Grundlage von historischen Vorlagen speziell für dieses Projekt entwickelt wurde.

Roboter als Künstler

Vom kalligrafischen Schreiben ist es nicht weit bis zum Malen von Bildern und der Frage, ob Maschinen in der Lage sind, „künstlerisch zu denken“. Um dies herauszufinden, haben Wissenschaftler der Universität Konstanz ein Projekt gestartet, in dem der Industrieroboter „e-David“ zum Malen animiert wird.

„David“ steht hierbei für Drawing Apparatus for Vivid Image Display (Apparat zum Malen von lebendig wirkenden Bildern), wobei es auf den Aspekt „lebendig“ besonders ankommt. Ziel der Forscher ist es nämlich, die Frage zu klären, ob man einer Maschine beibringen kann, alle Aspekte einer künstlerischen Gestaltung zu produzieren. An e-David angeschlossen sind mehrere Kameras und ein Steuerrechner. Ein Computerprogram gibt dem Roboter vor, welche Pinselstriche er machen soll und überwacht, was er denn auf die Leinwand bringt.

Bei dem Projekt geht es also nicht nur darum, ein Bild einfach zu kopieren. Es geht dabei vielmehr um die Frage, ob ein Roboter/Computer irgendwann in der Lage ist, Emotionen und eine künstlerische Intention in die von ihm geschaffenen Werke einfließen zu lassen. Das würde dann auch bedeuten, dass e-David eine neue Maltechnik entwickeln könnte, welche sich aus den Möglichkeiten der Maschine ergeben.

Warum ist Japan das Land der Roboter?

Japan ist das Land der Roboter. In den japanischen Buchhandlungen stehen Tausende von Fachzeitschriften und Büchern, die sich nur mit dem Thema Robotik befassen. Anleitungen zum Selbstbau von kleinen Laufrobotern finden sich in Mengen und haben einen großen Absatz. In der Manga-Literatur sind Menschmaschinen Schlüsselfiguren und retten im Kampf gegen das Böse Japan und die Welt.

Japaner begeistern sich nicht nur für Technologie und produzieren mehr Roboter als irgendeine andere Nation, sie lassen sie auch viel näher an sich heran, interpretieren sie als freundlich und nützlich. Und so erfreuen sich in Japan neben den Industrierobotern auch Service- und Unterhaltungsroboter großer Beliebtheit.

So wurde der Roboterhund AiBO (Artificial Intelligence roBOt) von Sony über 150.000 Mal verkauft und war der erste Roboter, der im Haushalt eingeführt wurde. Besonders bemerkenswert ist die fortgeschrittene Entwicklung und Forschung im Bereich von humanoiden Robotern, deren Konzeption und technische Realisierung im Rahmen des Humanoid Robotic Projects (HRP) 1998 – 2002 vom japanischen Wirtschafts- und Forschungsministerium (METI) aktiv gefördert wurde. Beispiele sind die Trompete blasenden Roboter von Toyota auf der Expo in Aichi 2005 oder ASIMO, der laufende Roboter von Honda.

Meiji-Epoche sorgt für schnellen technologischen Wandel

Womit ist diese japanische Roboter-Boom zu erklären? Schleißlich war Japan doch bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts ein wenig fortschrittliches, wenn nicht gar fortschrittsfeindliches Land. Offensichtlich ist die Antwort auf diese Frage in der historischen Entwicklung und bei den gelebten Religionen zu suchen.

Die Edo-Epoche (1603 bis 1868) war die wohl friedlichste Zeit in Japan, in der Kunst und Kultur einen Höhepunkt erreichten. Es war aber auch die Zeit, in der sich das Land am meisten abschottete, insbesondere gegenüber den europäischen Kolonialmächten mit Ausnahme der Niederlande. Wenn die Abschottung auch etwa 250 Jahre lang gut funktionierte und vor allem die innere Stabilität des Landes förderte, hatte sie langfristig den Effekt, dass Japan technologisch zurückblieb.

Die daraus resultierenden Konsequenzen führten zu einem Konflikt zwischen dem Shogun, der in der Edo-Periode mächtigsten Person in Japan, und dem Kaiser, der traditionell das Oberhaupt Japans ist. Der Streit kulminierte in einem Bürgerkrieg, aus dem Kaiser Mutsuhito als Sieger hervorging. Hiermit begann die sogenannte Meiji-Epoche, die bis 1912 andauerte und in der Japan einen einzigartig schnellen und radikalen gesellschaftlichen und technologischen Wandel erlebte. Ziel war es, eine moderne japanische Industrie aufzubauen.

Die Erfolge der Meiji-Epoche haben sich tief in das kollektive Bewusstsein der Japaner eingeprägt. Die Idee, dass Innovationen, technischer Fortschritt und Disziplin aus einem von außen bedrohten Feudalstaat eine Großmacht machen können, ist auch heute noch Teil des Selbstverständnisses der Japaner. Daraus resultiert eine Begeisterung für Technologien, die sich unter anderem in der Robotik widerspiegelt.

Religion in Japan fördert Akzeptanz von Robotern

Doch gibt es noch einen weiteren Grund für die größere Akzeptanz von Robotern im Alltag, den wir nicht vermuten würden, da er im religiösen Bereich liegt: Die meisten Japaner bekennen sich sowohl zum Buddhismus als auch zum Shintoismus. Je nach Lebenssituation praktizieren sie die eine oder andere Religion, wobei es aber keine strikte Aufteilung gibt. So sind etwa Hochzeiten typischerweise shintoistisch, Beerdigungen buddhistisch. Der Shintoismus ist für Themen des Diesseits wie Erfolg, Glück und Liebe zuständig. Der Buddhismus gibt eher Antworten auf Fragen nach dem Lebenssinn und Hilfe beim Umgang mit dem Tod.

Während der Buddhismus aus China kam, hat der Shintoismus seine Wurzeln in Japan selbst. Er ist eine Art Naturreligion, die unzählige Götter und Geister kennt, die Kami genannt werden. Kami können überall und in jedem Gegenstand sein – in Wäldern, Flüssen, Seen und Bergen, aber auch in Steinen, Schwertern, Schreinen – sogar in Computern oder Robotern.

Der Shintoismus fußt also auf der Vorstellung, dass sich potenziell in allen Dingen Geister befinden können. Grundlage hierfür ist die Philosophie des Animismus, der davon ausgeht, dass alles auf der Welt lebendig oder beseelt ist und auch anorganische Materie eine Art von Bewusstsein haben kann. Eine verwandte Philosophie ist der Panpsychismus.

Shintoismus fordert respektvollen Umgang mit der Natur

Im Shintoismus werden die Aspekte des Animismus und des Panpsychismus mit vielen volkstümlichen Mythen, bildlichen Metaphern und Aberglauben kombiniert. Er fordert einen respektvollen Umgang mit der Natur als Ganzes, aber auch mit bestimmten Gegenständen. Denn wenn sie eine Art von Bewusstsein haben, verdienen auch sie Verehrung und Respekt.

Aus Sicht des Shintoismus ist die Vorstellung, dass Roboter beseelt sein können und Respekt verdienen, nicht ungewöhnlich. Wen verwundert es da noch, dass Menschen mit Hominiden Robotern oder Roboterhaustieren eine emotionale Beziehung eingehen können?

Bezüglich der Frage, warum man Roboter wie Menschen aussehen lassen möchte, könnte man im Übrigen mehrere eigenständige Vorträge halten. Aber auch in diesem Zusammenhang stoßen wir wieder auf eine lange japanische Tradition, nämlich die der Nachahmung und Imitierung der Natur. Sie wird abgebildet, um eine bestimmte Ästhetik zu erfüllen und ein harmonisches Ganzes zu schaffen.

Dieses Gesamtbild soll dem Betrachter ein Gefühl der inneren Ruhe und Zufriedenheit geben. Beispiele hierfür sind die sind Steingärten und künstliche Wasserläufe, die nach dem Vorbild von Landschaften und Wasserfällen angelegt sind. Die artifizielle Reproduktion lässt sich auch auf Lebewesen übertragen. Den Roboter wie einen Menschen aussehen zu lassen, kann als eine solche Art Imitierung der Natur und der Lebewesen angesehen werden.

Zum Autor

Prof. Dr. Herbert J. Buckenhüskes (1954) studierte Lebensmitteltechnologie an der Universität Hohenheim, wo er auch promovierte und habilitierte. Nach 14 Jahren in der Lebensmittelindustrie hat er sich 2004 als lebensmittelwissenschaftlicher Berater selbstständig gemacht und war daneben bis 2005 Fachgebietsleiter Lebensmitteltechnologie bei der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG e.V.) in Frankfurt.

Seit geraumer Zeit beschäftigt Buckenhüskes sich intensiv mit kulturhistorischen und ethischen Aspekten im Umfeld der Lebensmittel, so u.a. auch mit den Speisegesetzen in verschiedenen Religionen. Neben diesen Aktivitäten ist er als freischaffender Künstler tätig.


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