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Robotik wird einfacher und herstellerunabhängiger

Fokus verschiebt sich vom Roboter hin zur ganzen Anwendung
Smarte Software macht die Robotik immer einfacher

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Der Trend in der Robotik geht weiter stark in Richtung Vereinfachung. Dabei verschiebt sich der Software-Fokus vom Roboter selbst zur ganzen Anwendung. Und die Robotik wird herstellerübergreifender. Ein Überblick.

Autor: Armin Barnitzke

Die einfache Bedienung des Roboters über grafische, Smartphone-artige Bedienoberflächen, die im Cobot-Umfeld ohnehin zum Standard gehört, hält zunehmend auch in der klassischen Robotik Einzug. Bei ABB (Wizard Easy Programming), Kuka (iiquka) oder Yaskawa (Smart Pendant) sind zumindest einzelne Modelle bereits im „Easy-Modus“ programmierbar, bei Fanuc kann jeder Roboter (ob gelb, grün oder cobot-weiß) in einfacher Drag-and-Drop-Technologie via Touchscreen-Pendant bedient werden.

Roboter hilft mit ChatGPT

Newcomer Fruitcore Robotics, dessen Horst-Roboter mit der Horst-FX-Software ohnehin schon immer grafisch programmierbar waren, geht nun noch einen Schritt weiter. Das neue KI-basierte Betriebssystem Horst OS vereinfacht nicht nur das Programmieren des Roboters, sondern auch die Konfiguration aller am Prozess beteiligten Komponenten wie Greifer, Kamera und Sicherheitssysteme sowie den Betrieb der fertig eingerichteten Anwendung. Über eine benutzerfreundliche Oberfläche kann die gesamte Anwendung aus Roboter und Zusatz-Komponenten gesteuert werden. Mithilfe von Widgets können relevante Prozessdaten eingeblendet und häufig anzupassende Parameter zugänglich gemacht werden.

Mit drei miteinander verbundenen Bereichen (erstens für das Komponentenmanagement, zweitens für die Programmerstellung mit der intuitiven Software Horst-FX und drittens für die Prozesssteuerung) können Anwendern „alle Funktionen ihrer Gesamtanlagen schnell, einfach und effizient einrichten“, verspricht Fruitcore-Robotics-Geschäftsführer Patrick Heimburger. „Mit dem ChatGPT-basierten AI Copiloten erhalten die Anwender zudem einen intelligenten KI-Assistenten, der sie in natürlicher Sprache bei der Einrichtung des Roboters und der Komponenten, bei der Fehlerbehebung oder bei der Erstellung von Programmbausteinen unterstützt“. Das Motto: Ask Horst Anything.

Gamechanger für die Industrie

Pionier Universal Robots, der die einfache Bedienung und Programmierung in der Robotik mit seinen Cobots quasi ins Rollen gebracht hat, nimmt mit seiner neuen Software nun die gesamte Anwendung ins Visier. Die Software Polyscope X, die auf der Automatica erstmals in Europa vorgestellt wurde, erleichtert es Nutzern, Anwendungen im Bereich der Maschinenbeladung zu programmieren und umzusetzen. „Ausgestattet mit einer überarbeiteten Benutzeroberfläche und einem neuen Toolset wird das Beladen von Maschinen mithilfe der Software Polyscope X noch flexibler und intuitiver. Das ermöglicht Umrüstzeiten an Maschinen auf neue Teile von weniger als 10 Minuten“, sagt Westeuropa-Chef Andrea Alboni. Das Besondere an Polyscope X: Die Software ist webbasiert und die Benutzeroberfläche leicht anpassbar, es können sogar Videos eingebunden werden. „PolyScope X ist ein Gamechanger für die Industrie – insbesondere für diejenigen mit einer High-Mix/Low-Volume-Produktion“, jubelt Anders Billesø Beck, Vizepräsident für Strategie und Innovation.

Plattform für Applikationen

Auch beim dänischen Cobot-Greifer-Spezialist Onrobot steht Software im Mittelpunkt: „Bislang haben wir ein umfangreiches Hardware-Portfolio und nun werden wir uns verstärkt um die Applikation kümmern“, so der Onrobot-Gründer und langjährige Universal-Robots-CEO Enrico Krog Iversen. Mit der Software-Plattform D:Ploy will er die Umsetzung von kollaborativen Robotik-Applikationen beschleunigen und vereinfachen.

D:Ploy ermöglicht die Inbetriebnahme einer kompletten Roboteranwendung in wenigen Schritten und ohne Programmieraufwand – alles binnen Stunden. „Bei D:Ploy muss man keinen Roboter programmieren“, verspricht Iversen. „D:Ploy ist eine Plattform zur automatisierten Applikationsentwicklung und soll quasi das Windows für Cobots werden.“

Im ersten Schritt unterstützt D:Ploy Palettier-, CNC-Maschinenbestückungs-, Verpackungs- und Pick-and-Place-Anwendungen. Bei der Umsetzung dieser Anwendungen kann der Anwender oder der Integrator 90 Prozent (beim Palettieren) oder 83 Prozent (bei der CNC-Beladung) der normalen Zeit sparen. Darüber hinaus könne man Anwendungen mit D:PLOY schnell neu einrichten, wenn sich die Produktionsbedingungen ändern.

Und das Ganze funktioniert sogar Roboter-übergreifend: Im ersten Schritt unterstützt Onrobot Cobots von Fanuc, ABB, Kawasaki, Techman, Omron, Doosan, UR, Yaskawa und Denso. Weitere Robotermarken sollen folgen.

Wie beim Ikea-Schrankkonfigurator

Auch der Kölner Kunststoffspezialist Igus baut sein Portfolio an Software-Tools aus, um die Umsetzung von Roboteranwendungen zu erleichtern. Der kostenfreie Machine Planner auf dem Online-Marktplatz RBTX.com hilft bei der Konstruktion einer kompletten Roboterlösung und kalkuliert zugleich in Echtzeit Preis und Lieferzeit.

„Mit dem neuen Online-Konfigurator machen wir preiswerte Robotik für jedermann zugänglich, denn der Nutzer braucht keine Konstruktionskenntnisse. Der Machine Planner übernimmt das Engineering und bringt so Robotik-Komponenten passend zusammen. Das Tool kann einfach über den Browser aufgerufen werden“, freut sich Alexander Mühlens, Leiter des Geschäftsbereiches Low Cost Automation bei Igus.

Gemäß der Idee „Play before Pay“ können Anwender mit dem Machine Planner über ein 3D-Modell Kameras, Greifer, Roboter, aber auch Maschinengestelle und Förderbänder kombinieren und virtuell erproben: „Das ist so simpel wie der Schrankkonfigurator eines Möbelhauses“, so Alexander Mühlens. Mit ein paar Klicks sei die Lösung innerhalb von einer Minute fertig konfiguriert – ganz ohne CAD-Zeichnen.

Darüber hinaus vereinfacht Igus mit einer intuitiven Software die Programmierung seiner Rebel-Roboter. Ganz neu ist auch die Anyapp Software, mit der sich auch Roboter von anderen Anbietern programmieren lassen. Über 40 Kinematiken von rund 20 Drittherstellern könne man bereits ansteuern, so Alexander Mühlens.

Android und Windows der Robotik

Einen ähnlichen herstellerübergreifenden Ansatz verfolgen zudem weitere deutsche Newcomer, etwa Wandelbots (die den Vormach-Zeigestift Tracepen aufgegeben haben und nun auf 100% Software setzen) oder Voraus Robotik, die beide an einer herstellerunabhängigen Softwareplattform für Roboter arbeiten. Voraus nennt dies das „Android der Robotik“, Wandelbots vergleicht es eher mit Windows. Die Idee ist letztlich die gleiche: Gerade hardware- und herstellerunabhängige Betriebssysteme haben den PC- und Smartphone-Siegeszug begünstigt.

Da die großen, etablierten Roboterhersteller wie Kuka und Fanuc über kurz oder lang ihre eigene Robotersteuerung aber wohl nicht aufgeben werden (auch weil sie ja selbst die Vereinfachung vorantreiben), schiebt sich die Software aus Hannover (Voraus.core) oder Dresden (Wandelbots Operating System) quasi wie eine „Middleware mit modernem Antlitz“ zwischen die klassische Robotersteuerung und den Anwender.

„Unser intelligentes Betriebssystem Voraus.core, hebt jeden Roboter – ob Cobot, Industrieroboter oder Serviceroboter – auf ein neues Level. Damit kann jeder Roboter, ob alt oder neu, einfach und schnell über unsere No-Code-Schnittstelle bedient werden“, sagt Voraus-CEO Jens Kotlarski. „Zudem existieren um Voraus.core herum zahlreiche Erweiterungen und Tools: Über fertige Apps kann man Komponenten wie Greifer oder Kameras einfach integrieren, sodass sich neue Robotik-Applikationen 45 % günstiger und 85 % schneller realisieren lassen. Darüber hinaus bieten offene Schnittstellen, wie Python und OPC UA, Raum für individuelle Lösungen.“

So können beispielsweise Systemintegratoren und Maschinenbauer intuitiv bedienbare Gesamtlösungen (etwa zur Maschinenbeladung oder zum Palettieren) bauen, in die sich Zusatzfunktionen über Apps ganz einfach integrieren lassen. Und diese einfach bedienbare Roboteranwendung funktioniert dann eben mit beliebigen Modellen, je nach Kundenwunsch und aktueller Lieferzeit – und nicht wie bei Polyscope X nur mit den Cobots von Universal Robots.

Was macht Googles Intrinsic?

Noch weitergehender agiert der Google-Ableger Intrinsic. Auch dieser entwickelt eine herstellerübergreifende Softwareplattform für Roboter. Erstes konkretes Produkt ist das webbasierte Tool Flowstate, mit dem sich Roboterprogramme grafisch basiert aus fertigen Bausteinen zusammenklicken lassen und sich diese Anwendungen dann auch gleich simulieren und testen lassen.

„Wir wollen damit den Zugang zur Robotik demokratisieren“, sagt Intrinsic-CEO Wendy Tan-White. Dazu gehört auch, dass Intrinsic innovative KI-Funktionen – beispielsweise die normalerweise recht komplett Sensorik- und Vision-gesteuerte Robotik („Perception“) – als Apps einfach nutzbar zu Verfügung stellt. Es wird daher spannend zu beobachten sein, ob und wie sich der US-Konzern damit im deutschen Markt durchsetzen wird. Immerhin: Mit Siemens und Trumpf konnte Intrinsic – neben Automationslieferanten wie Kuka, Comau, Beckhoff, Keba, UR, Schmalz, Zimmer und Schunk – schon namhafte Industriepartner für sein Konzept gewinnen.


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