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Serviceroboter: Einsatz in der Corona-Krise

Serviceroboter unterstützen Menschen in Zeiten der Covid-19-Pandemie
Willkommene Hilfe in der Krise

Wenn Menschen voneinander Abstand halten sollen, zeigt sich der Wert von Servicerobotern. Sie verteilen Desinfektionsmittel, liefern Medikamente aus, halten den Kontakt zwischen Angehörigen aufrecht oder kontrollieren öffentliche Plätze – ohne dabei die Menschen durch eine Infektion zu gefährden.

Autor: Yannick Schwab

Die Corona-Krise hat innerhalb kürzester Zeit das Leben vieler Menschen auf den Kopf gestellt und Hürden geschaffen, wo früher keine waren: Menschen werden durch Quarantänebestimmungen isoliert, für systemrelevante und sowieso schon unterbesetzte Berufe wie Pflegekräfte besteht ein erhöhtes Infektionsrisiko am Arbeitsplatz und nicht zuletzt stürzt täglich eine gewaltige Informationsflut über verschiedenste Kanäle auf die Bevölkerung ein. Serviceroboter können dabei helfen, diese Herausforderungen zu meistern, indem sie Pflege-, Transport-, Informations- oder Kommunikationsaufgaben übernehmen und Fachkräfte entlasten.

Durch technische Fortschritte ist die Servicerobotik in den letzten Jahren für immer mehr Einsatzfelder interessant geworden. Die Roboter wurden leichter und kompakter, Antriebskomponenten effizienter, die Nutzlast gesteigert und die Bedienbarkeit sowie Funktionalität verbessert. Entwicklungen im Bereich der Sensorik sorgen zudem für eine feinfühlige Interaktion mit der Umwelt.

„Das Potenzial der Roboter, uns bei der aktuell schweren Corona-Pandemie zu unterstützen, ist enorm“, sagt Dr. Susanne Bieller, Generalsekretärin der International Federation of Robotics (IFR). „Sie unterstützen uns im Gesundheitswesen, aber auch bei der Entwicklung, Prüfung und Herstellung von Medikamenten, Impfstoffen und anderen medizinischen Geräten und Hilfsmitteln. Desinfektionsaufgaben oder die sichere Verteilung von Krankenhausmaterial in Quarantänezonen ohne menschlichen Kontakt sind nur zwei von vielen Beispielen.“

Effiziente Helfer mit vielseitigen Funktionen

Besonders die Nachfrage nach Desinfektionsrobotern ist seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie stark gestiegen: chinesische Krankenhäuser bestellten mehr als 2000 UVD-Roboter vom dänischen Hersteller Blue Ocean Robotics, so das Unternehmen. Derzeit werden die Roboter in mehr als 40 Ländern genutzt. „Mit unseren Robotern helfen wir dabei, eines der größten Probleme unserer Zeit zu lösen: die Verbreitung von Viren und Bakterien einzudämmen und damit Leben zu retten“, sagt Claus Risager, CEO von Blue Ocean Robotics. „Die Nachfrage für den UVD ist mit Ausbruch von Covid-19 sprunghaft gestiegen. Unsere Bestandskunden kaufen deutlich mehr Geräte als vor der Krise, aber auch viele neue Kunden bestellen die Roboter zur Bekämpfung von Viren und anderen schädlichen Mikroorganismen.“

Der Roboter fährt selbständig durch Krankenhäuser und sendet dabei konzentriertes UV-C-Licht aus. Das Gerät behandelt dabei die Oberflächen in einer Krankenstation mit Licht aus mehreren Winkeln und aus nächster Nähe. Der Roboter desinfiziert alle Kontaktflächen und stoppt auch an vordefinierten Hotspots, die eine längere Verweildauer erfordern. So erreichen die Kliniken laut Hersteller eine Desinfektionsrate von 99,99 % und reduzieren damit das Risiko für Patienten, Personal und Besucher, sich zu infizieren.

Auch Robotise will helfen, Personalnotstände in Krankenhäusern, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen zu lindern, weshalb das Spin-off der TU München seinen Serviceroboter Jeeves modifiziert hat. Aus dem 1,10 m hohen Butler, der bislang vor allem für den Minibar- und Roomservice in Hotels im Einsatz war, soll ein autonomer Assistent für Kliniken, Pflegeeinrichtungen und Labore werden. Er kann als eigenständige Logistikeinheit arbeiten, Stationen mit Medikamenten versorgen sowie Laborproben transportieren oder Ärzten bzw. Pflegern folgen, um wichtige Utensilien wie Verbandsmaterial und Medikamente bereitzuhalten. Bei Bedarf lässt sich der Inhalt seiner Schubladen kühlen, um auch sensible Güter sicher zu transportieren. Außerdem kann Jeeves die Versorgung von isolierten Covid-19-Patienten erleichtern, indem er sie mit Lebensmitteln beliefert.

Lieferungen in Quarantänezonen

Andere Transportroboter, wie beispielsweise von Mobile Industrial Robots und Photoneo, werden bereits in Krankenhäusern eingesetzt, um Medikamente und schwerere Gegenstände, wie Bettzeug, zu transportieren. Normalerweise liefern diese Roboter Gegenstände an die Krankenpflegestationen, aber aktuell werden sie auch eingesetzt, um Patienten direkt zu beliefern. In einem anderen Fall lieferten Roboter Lebensmittel an Menschen, die nach einem Flug in einem Hotel im chinesischen Hangzhou unter Quarantäne gesetzt wurden. Die mobilen Roboter werden auch eingesetzt, um Handdesinfektionsmittel an öffentlichen Orten auszugeben.

Informieren und kontrollieren in der Öffentlichkeit

Im öffentlichen Raum werden zunehmend auch Roboter eingesetzt, um Informationen zur Verfügung zu stellen – zum Beispiel auf Flughäfen, Messen, und in großen Kaufhäusern. Sie können während der Pandemie zur Sicherheit der Menschen beitragen, indem sie diese über Sicherheitsvorkehrungen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus informieren. In Singapur patrouilliert beispielsweise der vierbeinige Roboter Spot von Boston Dynamics und erinnert Besucher einer Parkanlage an geltende Bestimmungen. Aktuell wird dieser aber noch aus einem Kontrollzentrum heraus gesteuert. Die integrierte Sensorik sorgt allerdings dafür, dass er auf keinen Fall mit Menschen, Tieren oder anderen Hindernissen in seiner Umwelt kollidiert.

In China wurden sogar 5G-Polizeiroboter von Guangzhou Gosuncn Robot eingesetzt, um Beamte bei der Durchführung von Inspektionen zur Krankheitsvorbeugung zu unterstützen. Aus diesem Grund sind die Roboter mit fünf hochauflösenden Kameras und Infrarot-Thermometern ausgestattet, die in einem Radius von fünf Metern die Temperatur von zehn Personen gleichzeitig scannen können. Bei einer erhöhten Temperatur oder dem Fehlen einer Mundschutzmaske, senden die Polizeiroboter in Echtzeit eine Warnung an die zuständigen Behörden.

Im Videochat mit der Familie und Betreuern

Wenn Krankenhäuser, Pflegeheime oder ganze Städte unter Quarantäne gestellt werden, bieten Kommunikations- und Telepräsenzroboter isolierten Menschen die Möglichkeit, den Kontakt zu Betreuern und der Familie aufrechtzuerhalten. Der Roboter kann eine Videoübertragung auf einem integrierten Bildschirm starten, Personen um sich herum unterhalten, mit seiner Umwelt agieren oder in Notfällen Hilfe rufen.

Robshare, ein Unternehmen der Hahn Group, unterstützt Bewohner von Pflegeheimen, während der Besuchsverbote mithilfe eines solchen Roboters Kontakt zu Familienmitgliedern zu halten. Der Kommunikationsautomat James besucht isolierte Menschen und schaltet Familienmitglieder per Videokonferenz zusammen. Das Unternehmen bietet die Miete der Roboter kostenfrei an. „Wir verdienen an dieser Aktion keinen Cent, sondern müssen nur zusehen, dass unsere Selbstkosten größtenteils abgedeckt werden“, sagt Konstantin Dick von der Hahn Group.

Die Krise offenbart das Potenzial

Wie groß die Akzeptanz und der Bedarf für Servicerobotik in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen über die Krise hinaus sein wird, bleibt abzuwarten. Dr.-Ing. Werner Kraus, Leiter der Abteilung Roboter- und Assistenzsysteme am Fraunhofer IPA, beobachtet seit dem Ausbruch der Pandemie aber ein stärkeres Interesse an Laborautomatisierung und Servicerobotern für die Pflege. „Deutlich wird jetzt natürlich, welch eklatanter Personalmangel im Gesundheitswesen herrscht. Die Corona-Krise eröffnet hier sicher neue Chancen für die Servicerobotik.“ Am IPA werden in diesem Kontext mehrere autonome Helfer beispielsweise für die Interaktion mit Pflegebedürftigen entwickelt.

Auch Zukunftsforscher Sven Gabor Janszky ist der Meinung, dass die Serviceroboter von der aktuellen Situation profitieren. „Wenn wir das normale Leben wieder aufnehmen, aber im öffentlichen Bereich die Sicherheitsstandards erhöhen, dann kommt die große Zeit der Serviceroboter.“ Als Beispiele nennt er die Begrüßung oder das Bereitstellen von Informationen in Krankenhäusern, bei Veranstaltungen oder in Hotels. „Solche Anwendungen werden wir die nächsten Monate verstärkt sehen.“ Mit Kontrollrobotern, die im öffentlichen Raum kontaktlos Fieber messen rechnet Janszky aber nur, wenn der Shutdown noch länger anhalten würde. „Dann wäre die Not für solche Lösungen groß genug. Aber wenn die Lage dauerhaft kritisch bleibt, werden wir ohnehin bleibende Schäden an der Wirtschaft und der Demokratie erleben.“


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