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Hinfallen, aufstehen – immer und immer wieder. Wenn ein Kind laufen lernt, tastet es sich über Wochen an die Bewegungen heran. Peter Fankhausers Laufroboter Anymal lernt ähnlich, obwohl dessen Beine aus Federn, Sensoren und Motoren bestehen. „Anymal brachte sich das Treppensteigen in der Simulation selbst bei. Der Roboter brauchte dafür nur wenige Stunden. Und das Fantastische ist: Tausende Anymals lernen dank virtueller Kopien gleich mit.“
Den Inspektionsroboter hat der promovierte Robotik-Ingenieur zusammen mit acht weiteren Gründungsmitgliedern von Anybotics, einem Spin-off der ETH Zürich, entwickelt. Der hundeähnliche Laufroboter kann sich in rauer industrieller Umgebung autonom, also ohne menschliche Steuerung fortbewegen. Das Besondere: Die Umgebung muss dafür nicht extra roboterkonform gestaltet werden. In Youtube-Videos sieht man den Laufroboter steile Stahltreppen hoch- und runterkraxeln oder Waldspaziergänge über Wurzeln und Kieswege unternehmen.
Reif für die Serienproduktion
Erst kürzlich hat Anybotics für die weitere Entwicklung 20 Millionen Franken Investorengelder eingeworben. Mit diesem Geld wird nun das neueste Modell des Anymal, die D-Version, kommerzialisiert. Bislang fertigte ein kleines internes Team etwa einen Roboter pro Woche, nun soll der freundlich dreinblickende Inspektionsroboter serienmäßig produziert werden. Vor allem Routine-Inspektionsarbeiten können per Anymal automatisiert werden.
Dass sich das schnell lohnt, rechnet der Anybotics-CEO vor: „Jeder Tag, den Betreiber von industriellen Anlagen durch Reparaturen verlieren, kostet gleich mehrere Hunderttausend Franken. Die Maschinen müssen also möglichst einwandfrei durchlaufen.“ Derzeit sind vor allem Menschen auf Kontrollgang unterwegs. Das ist aber aufwendig, teuer und teilweise höchst gefährlich.
Extra entwickelte Elektromotoren
Im Offshore-Bereich zahle sich Anymal daher innerhalb von wenigen Wochen finanziell aus. Zumal der Laufroboter viele Aufgaben übernehmen kann: Er ist stark genug, um Lasten zu tragen. Zudem sieht, riecht und hört er dank Kameras und Detektoren: Anymal liest Daten von Messgeräten ab, nimmt Wärmebilder auf und führt akustische Messungen durch. So merkt und meldet er, wenn Gas austritt oder sich das Brummen einer Maschine plötzlich anders anhört.
Die jeweilige Anlage lernt der Inspektionsroboter entweder an Ort und Stelle kennen. „Man nimmt ihn mit und zeigt ihm, was er zu tun hat. Wir sind dann mit Joystick dabei, während der Roboter den Weg abläuft und eine 3D-Karte erstellt. Für einen stündigen Inspektionsrundgang durch eine Anlage rechnet man mit einem halben Tag Lernzeit.“ Oder aber, noch einfacher, der Roboter lernt virtuell, wenn bereits ein digitales Modell der Anlage existiert.
Die Orientierung funktioniert dank Sensoren, das Laufen mithilfe von speziell für den Roboter entwickelten Elektromotoren. Fankhauser: „Wir brauchten eigene Antriebe: Sie mussten leicht und trotzdem kräftig sein. Daher sind wir die Partnerschaft mit Maxon eingegangen. Unsere beiden Firmen passen kulturell sehr gut zusammen.“
Kraftregelung beim Gehen wichtig
Der Motor als Herzstück besteht aus dem neu entwickelten EC frameless DT 50, den man nicht nur in Robotern, sondern auch in Exoskeletten einsetzen kann. Er ist für Anwendungen mit dynamischen Bewegungen geeignet, wo sich die Geschwindigkeiten blitzschnell ändern. Der Motor erreicht in vier Millisekunden seine Maximalgeschwindigkeit und kann damit Kollisionskräfte superschnell ausregeln.
Die vier Gliedmaßen des Robotertiers zählen je drei Antriebe. Insgesamt sind im Anymal zwölf Aktuatoren verbaut. Sie erzeugen die Laufbewegung, lassen die Beine nach außen oder hinten kippen und veranlassen eine Beugung des Knies. „Die Kraftregelung beim Gehen auf verschiedenen Untergründen ist sehr wichtig. Beim Laufen gibt es Schläge, deren Energie absorbiert werden muss. Zusammen mit Maxon haben wir daher ein System mit Federn entwickelt, das den Muskeln und Sehnen nachempfunden ist.“ Dieser serienelastische Aktuator (SEA) erfordert eine intensive Zusammenarbeit von Getriebe, Motor, Mechanik, Elektronik, Sensor und Software.
Wichtig ist für Anybotics-CEO aber auch klarzustellen, dass der coole Roboter nur ein Teil der Gesamtlösung ist. Schließlich geht es ja auch darum, wie die Daten der Inspektion zum Kunden kommen. „Wir bieten eine End-to-End-Inspection-Solution an. Die Software kommt mit jährlicher Nutzungslizenz inklusive Software-Updates und technischer Unterstützung.“
Einige Knackpunkte gibt es aber noch zu lösen: Beispielsweise kann Anymal Rost und Risse noch nicht sicher detektieren. Und am besten wäre es, wenn er Wartungsarbeiten gleich selbst erledigen könnte. Dazu wird in Zürich bei Anybotics jetzt mit Greifarmen experimentiert. Das Lernen des sympathischen Laufroboters geht also weiter.
Maxon Motor GmbH