Um die Anlagenverkettung im vollautomatisierten Karosseriebau flexibler zu gestalten, beauftragte Mercedes-Benz den Automatisierungsspezialisten Kuka als Generalunternehmer ein fahrerlosen Transportsystems (FTS) im gesamten Karosserierohbau im Produktionswerk in Tuscaloosa zu integrieren.
Nachdem Kuka das Sicherheitskonzept des fahrerlosen Transportsystems entwickelt und die flexible Anlagenverkettung mit rund 100 fahrerlosen Transportfahrzeugen (FTS bzw. AGV) geplant und simuliert hatte, koordinierte Kuka dann auch die erfolgreiche Umsetzung des FTS. Auch bei BMW hat Kuka bereits ein FTS integriert.
„Als Generalunternehmer verfügen wir über das notwendige Engineering-Know-how sämtliche Prozessschritte und Abläufe zu planen und die komplexe Projektabwicklung mit allen Gewerken erfolgreich umzusetzen“, erklärt Michael Jürgens, Head of AGV Solutions bei Kuka.
Im Bereich des Karosseriebaus, dem Rohbau, entsteht das Grundgerüst der Fahrzeugmodelle: Der Unterboden wird hier mit den Seitenwänden und dem Dach zusammengeführt und verschweißt, dann folgen Anbauteile wie Motorhaube, Heckklappe und Türen. Der Rohbau findet bei Mercedes-Benz vollautomatisiert vorwiegend unter Einsatz von Kuka-Robotern der Serien KR Quantec, KR Fortec und weiteren Robotermodellen aus Augsburg statt.
Sicherheit durch staplerfreie Fabrik
Um die Sicherheit der Mitarbeiter zu erhöhen, erfolgt der Transport der Bauteile zwischen den Bearbeitungsstationen des Karosserierohbaus dank des FTS aus rund 100 fahrerlose Transportfahrzeugen (FTF) nun staplerfrei. Damit Bauteile und Karosserien Just in Time an den Prozessstationen ankommen, koordiniert das FTS die FTF-Fahrzeuge, die die benötigten Bauteile des jeweiligen Fahrzeugmodells zur richtigen Zeit in die richtige Produktionsstation liefern.
Zahlreiche Arbeitsschritte finden hier gleichzeitig in zwei Prozessmodulen statt. Gleichzeitig müssen die FTF die hohen Sicherheitsstandards zur Interaktion mit den Menschen im Werk erfüllen. Die FTF erkennen mittels optischer Sensoren, wenn sich Personen oder andere Hindernisse im Fahrbereich befinden. „In diesem Fall stoppen die FTF eigensicher und warnen zudem akustisch und optisch“, sagt Felix Tschorn, Projektleiter AGV Solutions bei Kuka. „Erst wenn der Weg wieder frei ist, setzen die Fahrzeuge den Transport fort.“
Freie Navigation in rauer Produktionsumgebung
„Die besondere Herausforderung des Projekts lag in der Komplexität und im Umfang der Anlagen-verkettung“, ergänzt Felix Tschorn. „So sollte die Intralogistiklösung die FTF zentral steuern und gleichzeitig mittels einer freien Navigation eine flexibel gestaltete Routenführung ermöglichen.“ Die Navigation der FTF erfolgt dabei über ein hallenweites Magnet-Rasternetz. In den Boden des Produktionsbereichs sind dazu in einem bestimmten Abstand Magnetpunkte eingelassen.
Sensoren an den fahrerlosen Transportfahrzeugen ermitteln anhand dieser Orientierungshilfe ihre exakte Position und melden sie an die zentrale Leitsteuerung zurück. Die zentrale Leitsteuerung übernimmt die Verkehrssimulation und die Fahrzeugsteuerung und sorgt dafür, dass alle FTF koordiniert auf der jeweils optimalsten Route, auf 11 sich kreuzenden Loops, die Bauteile zur richtigen Zeit an den richtigen Ort liefern.
Intuitives und zentrales Steuerungskonzept
Die Leitsteuerung des fahrerlosen Transportsystems ist dazu direkt an das Produktionsleitsystem von Mercedes-Benz angeschlossen. So passen sich die FTF automatisch der übergeordneten Produktionsplanung an, ohne dass ein Eingriff in die Steuerung der FTF nötig ist. Bei einer Produktionspause – beispielsweise an Feiertagen oder verlängerten Wochenenden – gehen die FTF automatisch in einen Stand-by-Modus, der bis zu 92 Stunden lang sein kann.
Startet die Produktion innerhalb dieses Zeitraums wieder, nehmen die Fahrzeuge ihre Tätigkeit automatisch wieder auf. Die AGV-Leitsteuerung sorgt darüber hinaus für ein vollautomatisiertes Lademanagement. Die FTF fahren autonom zu den Ladestationen. Mittels einer grafischen Benutzeroberfläche (GUI) lassen sich neue Routen einfach und intuitiv planen und simulieren. Die auf einer Ebene mit der Produktionsanlage stattfindende Anlagenverkettung lässt so eine sehr schnelle und einfache Anpassung auf Veränderungen in der Produktionsinfrastruktur zu, etwa um neue Modellreihen zu integrieren.
Ein weiterer Vorteil der freien, induktiven Magnetrasternavigation: In der rauen Umgebung des Rohbaus können optische Sensoren durch beispielsweise Schweißstaub verunreinigt werden. Die Navigation mittels Magnetraster ist unempfindlich und robust, was sie besonders zuverlässig macht.
Meilenstein der intelligenten Intralogistik
„Das intelligent vernetzte fahrerlose Transportsystem sorgt für eine reibungslose Anlagenverkettung und für mehr Sicherheit der Werker im Karosserierohbau“, fasst Michael Jürgens zusammen. Das FTS im Rohbau des Produktionswerks in Tuscaloosa ist ein zukunftsweisendes Pilotprojekt. „Wir sind stolz über die erfolgreiche Umsetzung des Projekts, es gilt für alle Beteiligten als Meilenstein der intelligenten Intralogistik. Und umso mehr freuen wir uns über die weitere Zusammenarbeit und das Vertrauen in unser Know-how“, ergänzt Felix Tschorn abschließend.
Kuka Systems GmbH
Blücherstrasse 144
86165 Augsburg