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Humanoide Roboter: Auf dem Sprung in die Fabriken

Newcomer aus China und USA geben den Ton an
Humanoide Roboter: Auf dem Sprung in die Fabriken

Wieso humanoide Roboter kurz vor dem Praxisdurchbruch stehen und warum dabei vor allem Newcomer aus China und USA den Ton angeben. Das erläutert Tobias Bock von der Management-Beratung Horváth.

Autor: Armin Barnitzke

Humanoide Roboter verlassen jetzt die Forschungslabore und halten Einzug in die Fabrikhallen großer Industriebetriebe – davon ist Tobias Bock, Senior Project Manager bei Horváth und Leiter der aktuellen Marktanalyse ‚Humanoide Roboter in Operations‘ überzeugt. Seiner Ansicht nach haben humanoide Roboter sogar das Potenzial zu einer „echten Sprunginnovation“, also einer fundamentalen Neuerung, die das Leben nachhaltig verändert.

„Denn die Fabriken und die ganze Arbeitswelt sind einfach für den Menschen gebaut. Da haben es humanoide Roboter viel leichter, sich zurechtzufinden“, sagt Tobias Bock. „Humanoide Roboter heben die Robotik auf ein ganz neues Level, weil sie viel flexibler sind als Cobots oder autonomer mobile Roboter auf Rädern.“

KI-Boost für Humanoide

Dass die humanoiden Roboter nun den Sprung aus der Forschung in die Praxis schaffen, liegt seiner Ansicht nach vor allem an den Fortschritten in der Künstlichen Intelligenz (KI): „Der momentane Boost für humanoide Roboter kommt eindeutig aus der KI.“ Denn die Verbesserungen bei der KI hätten das entscheidende Bottleneck bei der flexiblen Programmierung beseitigt.

„Humanoide Roboter lernen mit ihrem digitalen Zwilling in virtuellen Umgebungen und bringen sich so selbst neue Aufgaben bei. Das funktioniert wunderbar. Und das wiederum macht den konkreten Einsatz von humanoide Roboter realistischer.“ Als Beispiel verweist Tobias Bock auf das Projekt Groot des KI-Computing-Giganten Nvidia. Bei Groot gibt es sogar eine Art „virtuelles Robot Gym“, in dem humanoide Roboter lernen zu laufen und Hindernisse zu überwinden.

Viele Investitionen in China und USA

Neben der fortschreitenden KI-Technologie spielen aber auch Investitionen eine große Rolle, ergänzt Tobias Bock. Vor allem in den USA und China fließe im Moment jede Menge Geld in die humanoide Robotik. „In China wird das Thema humanoide Roboter vom Staat stark gepusht, weil China mit humanoiden Robotern den Produktionsstandort China sichern und seine Technologieführerschaft stärken will.“ Beispielsweise hat der chinesische Staat kürzlich mit Tiangong eine Plattform für humanoide Roboter entwickelt und weitgehend als Open Source zur Verfügung gestellt.

Zudem gibt es in China einige vielversprechende Hersteller für humanoide Roboter – etwa Fourier Intelligence, Kepler, Unitree oder Xiaomi – die den Start ihrer Serienproduktion teilweise schon für 2024 angekündigt haben. Aber auch in den USA gibt eine Reihe starker Newcomer für humanoide Roboter wie Figure, Apptronik oder Agility Robotics, die große Investmentsummen auch von prominenten Kapitalgebern eingesammelt haben. Bestes Beispiel ist Figure Robotics, ein kalifornisches Start-up für humanoide Roboter, das im Januar 2024 eine riesige Finanzierungsrunde von 675 Millionen US-Dollar abgeschlossen hat. Zu den namhaften Investoren gehören Jeff Bezos, Microsoft, Nvidia und OpenAI, die mit Figure das Konzept der Embodied AI vorantreiben wollen.

Serienproduktion spätestens 2025

Tobias Bock ist sicher, dass spätestens 2025 menschenähnliche Roboter für den industriellen Einsatz in Serie produziert werden. Zunächst würden die humanoiden Roboter dann in den Fabriken einfache manuelle Aufgaben übernehmen und etwa Kisten von A nach B bringen. Durch die technologische Weiterentwicklung werde der Reifegrad humanoider Roboter bis 2030 sogar so weit fortgeschritten sein, dass sie in ihrer Bewegungsgeschwindigkeit, Flexibilität und Feinmotorik menschliche Fähigkeiten übertreffen. „Dann können humanoide Roboter sogar diffizile Montageaufgaben an der Linie übernehmen.“

Mittelfristig haben humanoide Roboter das Potenzial, mehr als 50 % der manuellen Tätigkeiten im Produktionsumfeld zu übernehmen, ist Tobias Bock überzeugt. „Humanoide Roboter können in der Produktion und in der Logistik vor allem arbeitsintensive, physisch anspruchsvolle und repetitive Aufgaben übernehmen. So können die menschenähnlichen Roboter Personallücken bei immer wiederkehrenden, körperlich schweren Arbeiten schließen und dabei helfen, hochqualifiziertes Personal am Fließband zu entlasten. Schon jetzt sollten Industrieunternehmen daher das Transformationspotenzial in ihrer Strategie berücksichtigen und Anwendungsfelder identifizieren.“

Potenzial in der Logistik

Allerdings rät er auch, beim ersten Einsatz humanoider Roboter nicht gleich spektakuläre Einsatzszenarien direkt an der Montagelinie ins Visier zu nehmen, sondern sich zunächst auf die Reduzierung von Verschwendung zu konzentrieren: „Gerade in der Automobilindustrie gibt es in der Logistik und Vorkommissionierung noch viel manuellen Aufwand beim Transportieren von Kisten oder beim Sortieren von Material.“

Erste Pilotprojekte in der Automobilindustrie laufen bereits. So testet Mercedes beispielsweise den Einsatz eines Modells des US-Herstellers Apptronik: Apollo ist ca. 1,73 Meter groß, wiegt 73 Kilogramm und kann 25 Kilogramm heben. Er soll in der Produktion bei der Auslieferung von Montagesätzen an die Arbeiter eingesetzt werden. Auch anderswo in der Automobilindustrie laufen konkrete Pilottests für humanoide Roboter. BMW beispielsweise arbeitet in seinem Werk in Spartanburg mit Figure zusammen. „Noch mehr passiert derzeit aber vor allem in chinesischen Automobilfabriken“, berichtet Tobias Bock. „Denn der chinesische Markt hat ein starkes Interesse an humanoiden Robotern.“

Preis sinkt von 80.000 auf 48.000

Aktuell sind die Anschaffungskosten für menschenähnliche Roboter allerdings noch deutlich höher als für andere Industrieroboter. Horváth-Experte Tobias Bock rechnet zur Markteinführung mit einem Preis von 80.000 bis 120.000 Euro. Dennoch könne bereits zu Beginn der Return on Invest (RoI) für humanoide Roboter bei weniger als 1,36 Jahren liegen, hat Tobias Bock ausgerechnet.

Und der RoI werde sich durch die technische Entwicklung in den kommenden Jahren drastisch verringern. „Durch die Serienproduktion kann der durchschnittliche Beschaffungspreis bis 2030 auf 48.000 Euro sinken. Dafür sorgen die Skaleneffekte einer Massenproduktion.“

https://www.horvath-partners.com/de/media-center/studien/humanoide-roboter-inoperations


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