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Großwäschereien schleusen pro Tag bis zu 100 Tonnen Wäsche durch ihre Anlagen. Gewaschen, getrocknet und gefaltet wird dabei zwar automatisch, aber um die Textilien wie Handtücher, Bettlaken und Badetücher den Faltmaschinen möglichst optimal und faltenfrei zuzuführen, müssen bislang noch Mitarbeiter Hand anlegen: Zumal es sich dabei um leicht verformbare (also biegeschlaffe) Teile handelt. 30 Prozent der Personalkosten in Wäschereien entfallen daher auf die manuellen Tätigkeiten rund um die Faltmaschinen.
Diese Aufgaben übernehmen in der Velum-Zelle nun zwei Fanuc-Roboter. Je nach Arbeitsvolumen amortisiert sich die Roboterzelle nach eineinhalb bis zweieinhalb Jahren. Till Rickert, Chief Product Officer des Münchener Start-ups: „Mit Velum wird nicht nur eine Aufgabe automatisiert, sondern auch optimiert.“ Außerdem: Die gelben Roboter gelten als Muster an Zuverlässigkeit, und Fanuc gibt langfristige Garantien.
„Schon in einer frühen Phase konnten wir eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Fanuc etablieren“, berichtet Rickert. „Das Unternehmen hat das Potenzial unserer Technologie frühzeitig erkannt und uns schon frühzeitig in der Entwicklung unterstützt.“ Im Rahmen der Zusammenarbeit hatte Sewts für jegliche Unterstützung durch den Technischen Service von Fanuc stets einen festen Ansprechpartner.
Schnelle Industrieroboter gefragt
Ein kollaborativer Roboter kam aufgrund der Aufgabenstellung nicht in Frage, denn Velum stellt so hohe Anforderungen an die Geschwindigkeit, dass eben nur ein Industrieroboter in Frage komme. Eingesetzt werden daher zwei Fanuc-Roboter des Typs M-10iD mit 12 kg Traglast und einer Reichweite von 1.400 mm. Rickert: „Eine Herausforderung ist der enge Bauraum, in dem aber sehr schnelle Trajektorien ausgeführt werden müssen. Das ist in der Entwicklung eine Herausforderung, die aber mit unseren Fanuc-Robotern gut zu bewältigen ist.“
In Verbindung mit der intelligenten, KI-basierten Steuerung zeichnen sich die Roboter zudem durch schnelle und präzise Griffe aus. Durch intelligente Greifkonzepte können sie dabei mit den Textilien ähnlich feinfühlig umgehen wie ein Mensch. Bestimmte Features am Textil geben dem Roboter dabei die Orientierung, wo er greifen soll. Visuelle Informationen sind daher der wichtigste Input für das „Robotergehirn“.
KI erhält Input von den Kameras
Je nach Anwendungsfall setzt Sewts dafür 2D- oder 3D-Vision-Systeme ein. Beide lassen sich nahtlos in die Robotersteuerung integrieren. Till Rickert: „Wir sind Experten in der Aufbereitung der generierten Daten, was besonders bei der Arbeit mit 3D-Punktwolken wichtig ist. Diese Vorverarbeitung ist ein wichtiger Baustein, um Input für unsere künstliche Intelligenz zu generieren.“
Schließlich ist die KI der Kern der Sewts-Technologie: Denn nur mit intelligenten Algorithmen kann man adaptive Systeme bauen, die auch mit nicht-deterministischen Prozessen zurechtkommen. Deshalb nutzt Sewts neueste Erkenntnisse der KI-Forschung, verfeinert sie und fügt sie schließlich zu einem großen Ganzen zusammen. „Wir nennen das unser Brain-in-a-box.“
Das KI-System – letztlich eine Deep-Learning-Anwendung auf Basis eines Visionsystems – empfängt die Sensordaten, zieht daraus Schlüsse auf einer menschenähnlichen Kognitionsebene und übersetzt diese in Roboterbefehle. Daher verzichtet Sewts auch auf das Fanuc-eigene Visionsystem. Rickert: „Unsere Anwendungen sind äußerst komplex und nur mit Hilfe unserer eigenen Software lösbar.“ Allerdings sei die Integration der eigenen Software in die Steuerung des Fanuc-Roboters problemlos möglich gewesen.
Simulation ist ein Muss
Bei der Entwicklung des Velum-Systems wurden zwei Simulations-Tools genutzt: Zum einen wurden mit Fanucs Roboguide Roboterbewegung und Platzbedarf analysiert. Die zweite Simulationsart ist aus Sicht von Rickert entscheidender: „Die Verformbarkeit von Textilien führt zu einer hohen Unsicherheit beim Handling. Die Software muss hier mitgehen können. Durch unsere Simulationstechniken können wir unserer Bildverarbeitungssoftware Trainingsmaterial zur Verfügung stellen, um eine erweiterte Intelligenz im Umgang mit solchen Materialien zu erreichen.“
Gerade bei flexiblen Materialien, wie Textilien, müsse man deren Eigenschaften verstehen, um robuste Prozesse zu implementieren. „Dies erreichen wir eben durch hochentwickelte Materialsimulationen. Wir erstellen spezielle FE-Simulationen, um das Verhalten von Textilien nachzubilden. Diese eröffnen völlig neue Möglichkeiten bei der Entwicklung von intelligenten Algorithmen.“
Das erste Velum-System ist seit vergangenen November bei der Greif Textile Mietsysteme in Wolfratshausen in Betrieb. Für das laufende Jahr sind insgesamt 16 Auslieferungen geplant. Weltweit adressiert Sewts mit Velum eine Zielgruppe von knapp 25.000 Betrieben. Momentan kann Velum im Schnitt 500 bis 600 Textilien pro Stunde verarbeiten, so Rickert. „Die aktuelle Leistung ist vergleichbar mit der eines Menschen. Durch Over-the-air-Softwareupdates wird der Funktionsumfang aber kontinuierlich erweitert.”
Fanuc Deutschland GmbH
www.fanuc.de; Automatica B6.231
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