Sie waren bei lange bei Cisco und dann Chief Digital Officer Mobility Solutions bei Bosch. Was hat Sie motiviert, zu einem Start-up nach Dresden zu wechseln?
Heinrichs: Nun, nach meinen vielen Jahren bei Ericsson, Cisco und Bosch habe ich mich entschieden, aus dem Konzernleben auszusteigen und bei einem kleinen Unternehmen nochmal richtig etwas zu bewegen. Ich will schließlich noch mindestens zehn Jahre Spaß bei der Arbeit haben (lacht). Der Kontakt zu Wandelbots kam dann über ehemalige Cisco-Kollegen zustande, die Partner beim Wandelbots-Investor Venture Capital Firma 83 North sind. Die Story und Vision bei Wandelbots haben mich sofort überzeugt. Und bei meinem ersten Besuch in Dresden war ich sofort begeistert von den Menschen dort und vom Spirit der Firma.
Was hat Sie technisch gereizt?
Heinrichs: Aus meiner Vergangenheit bei Bosch wusste ich, wie schwierig das Programmieren von Robotern immer noch ist. Selbst für mich, der vor 30 Jahren Informatik studiert hat, ist Roboter-Code richtig antiquiert. Wenn es also jemand schafft, das Roboterprogrammieren wirklich signifikant zu vereinfachen, dann wird das ein Knaller. Wandelbots‘ Story ist so klar und einfach, dass sie jeder versteht: die Demokratisierung der Robotik! Diese Kombination aus einfacher Story, spannender Vision und einem gewaltigen Business Case dahinter – das ist einzigartig.
Was haben Sie sich vorgenommen als Co CEO neben Gründer Christian Piechnick?
Heinrichs: Christian und ich ergänzen uns super. Er ist technisch tiefer drin, deshalb fokussiert er sich auf Engineering und Strategy Product Development. Und ich bringe meine große Erfahrung in Sachen Unternehmensaufbau ein: Ich war ja einer der ersten zehn Mitarbeiter bei Cisco in Deutschland. Zudem habe ich in meiner Zeit sehr viele Start-ups als Board-Mitglied begleitet. Ich übernehme daher bei Wandelbots den Business-fokussierten Teil: also alles, was mit Sales, Marketing und mit Customers Success zu tun hat.
Welche Rolle spielen die anderen Gründer?
Heinrichs: Die sind weiter superwichtig für das Unternehmen und arbeiten alle in tragenden Rollen. Maria Piechnick beispielsweise leitet bei mir das Thema Business Acceleration. Da geht es um sogenanntes Adjacent Business – also Umsatzchancen, die ganz nah an unserem existierenden Geschäft sind. Sprich: Märkte, die wir uns erschließen können, ohne hunderte Mannmonate an Entwicklung reinzustecken. Mit kleinen Teams entwickeln wir stark kundengetrieben neue Produktideen. Deswegen ist Maria mit diesem Thema auch bei mir und nicht im Engineering.
Welche neuen Märkte sind das?
Heinrichs: Zunächst, unseren Hauptfokus legen wir natürlich ganz klar auf unsere Kerntechnologie. Diese wollen wir perfekt machen und werden das Wandelbots Teaching mit dem Tracepen noch stärker fokussieren. Aber neben diesem Kernbereich, zu dem beispielsweise das Schweißen gehört, wollen wir uns auch anderen Applikationen widmen. Hier werden Sie noch Überraschungen sehen – künftig könnten vielleicht sogar im Einzelhandel oder bei Handwerkern Roboter mit unserer Technologie laufen.
Sie wollen das Wandelbots-Teaching also in Anwendungsbereiche jenseits der bahnorientierten Roboter-Anwendungen bringen?
Heinrichs: Natürlich ist das Teaching mit dem Tracepen prädestiniert für Bahnanwendungen, neben dem Schweißen gehören dazu auch Polieren, Lackieren oder Schleifen. Aber es muss ja auch nicht alles beim Tracepen bleiben, es kann auch Weiterentwicklungen ins Visuelle geben.
Bleibt der Tracepen also gar nicht das zentrale Produkt?
Heinrichs: Der Tracepen ist ohnehin nicht unser zentrales Produkt. Natürlich ist es richtig, mit einem solchen Device anzufangen und den Markt zu öffnen. Der Tracepen wird uns daher definitiv prägen in den nächsten zwei bis drei Jahren, aber er wird ergänzt und ersetzt werden, er wird intelligenter werden und es wird Neuerungen geben. Die Zukunft von Wandelbots wird nicht mit dem Tracepen entschieden.
Sondern?
Heinrichs: Der eigentliche Sweet Spot für uns liegt in der Plattform. Unsere Vision ist eine Roboter-unabhängige Plattform mit darauf aufbauenden Services. Wir ermöglichen es, Roboter einfach zu programmieren und das sogar herstellerübergreifend. Große Kunden wie VW können so ihre vier bis fünf Robotermarken in der gleichen Art und Weise programmieren und sich teure spezialisierte Roboterprogrammierer sparen.
Wie soll diese Plattform konkret aussehen?
Heinrichs: Wir wollen uns in der Metaverse-Welt positionieren und diejenigen sein, die – roboter-agnostisch – digitale Zwillinge der Roboter in das Metaversum bringen. Metaverse-Anbieter müssen also nicht mit jedem einzelnen Roboterhersteller arbeiten, um Digital Twins verschiedener Robotertypen zu integrieren. Und mit uns bekommen sie zudem eine einheitliche und akkurate Benutzerführung für alle Roboter.
Was macht Sie so zuversichtlich, dass Sie – ein Start-up aus Dresden – als Zwischenschicht über Robotergrößen wie Fanuc und Kuka legen können?
Heinrichs: Nun, viele Roboterhersteller kommen mittlerweile proaktiv zu uns zu und wollen mit uns arbeiten. Das war vor ein bis zwei Jahren noch anders, da war das für uns mehr Reverse Engineering als Kooperation. Ein gutes Beispiel ist Fanuc. Nach Universal Robots und Yaskawa haben wir mit Fanuc jetzt den dritten Robotikhersteller in unser Portfolio aufgenommen, was unseren Markt dramatisch vergrößert. Aktuell befindet sich die Integration von Wandelbots Teaching für Fanuc-Roboter in der Entwicklung, eine erste Version wird im Laufe dieses Jahres auf den Markt kommen.
Auf dem Robotics Festival 2022 haben Sie erstmals die universelle Roboter-Programmiersprache Wandelscript gezeigt. Ist das bereits ein Schritt in Richtung Plattform?
Heinrichs: Ja, absolut. Wandelscript ist eine von uns entwickelte Programmiersprache und Kernbestandteil der Wandelbots-Plattform. Mit Wandelscript haben wir eine universelle und intuitive Sprache entwickelt, mit der in Zukunft alle Roboter, unabhängig von Hersteller oder Modell, gesteuert werden können. Weiterhin können externe User die Programmiersprache nutzen, um darauf aufzubauen und in eigene Entwicklungen zu integrieren.
Wandelbots GmbH
Planvoll expandieren
Mit dem langjährigen Cisco-Deutschland-Manager Bernd Heinrichs an der Spitze will Wandelbots „planvoll und zielorientiert“ expandieren. Zu seinen Plänen gehört daher unter anderem die Internationalisierung. Neben europäischen Märkten wie Norditalien, Frankreich, Großbritannien und Skandinavien sieht Heinrichs hier stark die USA im Fokus: „Denn der US-Markt ist nochmal eine ganz andere Dimension und die Kunden dort adaptieren unsere Technologie deutlich schneller als hier in Deutschland.“
Mit der ehemaligen Bosch-Managerin Sue Nicole Susenburger hat Wandelbots eine Vice President USA eingestellt, die den US-Markt mit einem kleinen Team sondiert.
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