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Voraus: „Unsere Software hebt jeden Roboter auf ein neues Level“

Interview: Jens Kotlarski, CEO, Voraus Robotik GmbH
Voraus Robotik: „Unsere Software hebt jeden Roboter auf ein neues Level“

Die einst für den Cobot Yu entwickelte, intelligente Robotersoftware will Jens Kotlarski mit Voraus Robotik nun für alle Roboter verfügbar machen. Was die moderne Software auszeichnet und welche spannenden Kooperationen er schon geschlossen hat, verrät er im Gespräch.

Interview: Armin Barnitzke

Voraus Robotik ist ja Anfang 2022 als Nachfolger von Yuanda Robotics mit einem reinen Software-Fokus angetreten, um mit einem universellen Robotik-Betriebssystem Industrieroboter einfach und schnell mit modernen Technologiefunktionen auszustatten. Warum?

Kotlarski: Unsere Software war und ist dem State-of-the-Art der Robotik ein ganzes Stück voraus – was ja auch unser neuer Unternehmensname ausdrückt. Daher haben wir uns entschlossen, nicht nur unseren eigenen Roboter auf ein neues Niveau zu heben, sondern die Vorteile unserer Cobot-Software – wie einfache Usability, Erweiterbarkeit dank offener Schnittstellen und eine integrierte Entwicklungsumgebung – für beliebige Robotersysteme verfügbar zu machen.

Und was ist mit dem Cobot Yu passiert?

Kotlarski: Konsequenterweise haben wir durch den Verkauf der Hardware des kollaborativen Roboters Yu an Agile Robots für eine völlige Hardwareunabhängigkeit gesorgt. Gleichzeitig haben wir die Robotersteuerungssoftware inklusive Benutzeroberfläche für den Yu an Agile Robots lizensiert und arbeiten eng zusammen, um das Angebot an innovativen Cobot-Lösungen stetig zu erweitern. Grund des Software-Fokus war neben der konsequenten Ausrichtung auf unsere Kernkompetenzen auch die Attraktivität des Geschäftsmodells als reiner Software-Anbieter.

Welche konkreten Produkte bietet Voraus Robotik nun an?

Kotlarski: Es existieren drei wesentliche Produkte, die wir in verschiedenen Konfigurationen und in unterschiedlichen Kombinationen anbieten. Unser Kernprodukt ist das intelligente Betriebssystem Voraus.core, das jedem Roboter – ob Cobot, Industrieroboter oder Serviceroboter, ob alt oder neu – auf ein neues Level upgraded und praktisch unbegrenzte Funktionalität gibt.

Wie funktioniert Voraus.core?

Kotlarski: Voraus.core kann als Software-Container direkt in die bestehende Robotersteuerung integriert werden oder als hardwareagnostische Mini-PC-Lösung als Komplettpaket nachgerüstet werden. In beiden Fällen kann jeder Roboter einfach und schnell über unsere No-Code-Schnittstelle bedient werden. Zudem existieren um Voraus.core herum zahlreiche Erweiterungen und Tools, um die Robotik und Automatisierung generell auf ein neues Level zu heben und jeden zu befähigen, dies eigenständig zu tun.

Nämlich?

Kotlarski: Unser zweites wesentliches Produkt, der Voraus.pioneer, ergänzt den Voraus.core als Entwicklungs- und Erweiterungsplattform für eigene Apps und Software. Direkt über die Benutzeroberfläche des Roboters oder als Plugin in der gewohnten Programmierumgebung eingebunden können einzelne Funktionen oder ganze Anwendungen schnell entwickelt und in höchster Qualität einfach ergänzt werden. Und schließlich haben wir mit Voraus.trainee eine Online-basierte Lehr- und Lernplattform mit Tutorials für jedes Klassenzimmer – von Schule über Berufsschule bis zur Universität. Bildung und Weiterbildung von Schülern, Auszubildenden, Studierenden, Mitarbeitern und Interessierten ist der Schlüssel, um das Potenzial der Robotik und Automatisierung jetzt und in Zukunft auszuschöpfen.

Zurück zum Kernprodukt: Was ist denn der Vorteil von Voraus.core?

Kotlarski: Nun, grundsätzlich sparen unsere Kunden mit dem Voraus.core Geld. Das beginnt bei der No-Code-Programmierung, die keine Schulungen für Mitarbeiter benötigt. Egal welcher Roboter verwendet werden soll, es bleibt die gleiche, einfache und gleichzeitig leistungsfähige Steuerung. Es wird nicht zwangsläufig ein Roboterexperte benötigt. Über fertige Apps kann man Automatisierungskomponenten wie Greifer oder Kameras einfach integrieren, sodass sich neue Robotik-Applikationen wirtschaftlich realisieren lassen: 45 % günstiger und 85 % schneller. Darüber hinaus bieten offene Schnittstellen, wie Python und OPC UA, Raum für individuelle Lösungen.

Konnten Sie denn bereits Roboterhersteller und Integratoren als Partner gewinnen?

Kotlarski: Ja, sogar einige. Da ist zum einen Agile Robots, für die wir die Steuerungssoftware inklusive User-Interface für den Yu bereitstellen und partnerschaftlich kontinuierlich weiterentwickeln. Mit Carl Cloos Schweißtechnik haben wir Steuerungssoftware und Betriebssystem in den Schweißroboter QRC-300 integriert. Zudem haben wir bei Fanuc, Kuka und Igus die bestehende Roboter-Steuerung durch den Voraus.core erweitert. Bei Bosch Rexroth haben wir Voraus.core, konkret die Voraus Motion, in die ctrlX World integriert, um beliebige Roboterkinematiken ansteuern zu können. Und schließlich bieten wir Micropsi Industrie und Roboception eine agnostische Roboteranbindung, sodass diese ihre Technologien an verschiedene Roboterhersteller ankoppeln können.

Sollen weitere Partnerschaften folgen?

Kotlarski: Natürlich. Wir freuen uns auf weitere Partnerschaften und gegenseitige Benefits, denn natürlich profitieren auch wir stets von der Expertise und dem Feedback unserer Partner, schließlich sind es stets Partnerschaften auf Augenhöhe. Aktuell sind wir in Gesprächen mit Roboterherstellern, Integratoren, Forschungsinstituten, Technologiepartnern und auch Endkunden, um die Robotik gemeinsam auf das nächste Level zu bringen – von den USA über Europa bis nach Asien.

Welchen Grund haben etablierte Roboterhersteller mit Voraus Robotik zusammenzuarbeiten. Software und Steuerung sind doch schließlich auch für die Branchengrößen wie Kuka und Fanuc wichtige USPs?

Kotlarski: Roboterhersteller haben die große Herausforderung, einen diversen Kundenstamm bedienen zu müssen, der agile Entwicklungen und damit auch große Veränderungen in der Usability und Funktionalität kritisch sieht. Um den existierenden Kundestamm um neue Märkte zu erweitern, fehlt oft die Unabhängigkeit der Entwicklung. Wir garantieren eine kurze Time-to-Market für eine moderne Robotik-Software, die zudem eine hohe Flexibilität bietet, weil sich das offene Betriebssystem einfach erweitern lässt – etwa mit KI-Funktionen à la ChatGPT. So können Roboterhersteller schnell und flexibel auf regionsspezifische Marktwünsche reagieren.

Und wie profitieren Integratoren und Endanwender?

Kotlarski: Nun auch diese haben mit Herausforderungen zu kämpfen wie wenig Zeit und fehlende Fachkräfte. Beginner wie Experten profitieren daher von unserer leichten Bedienung durch No-Code-Programmierung, einer intuitive Benutzeroberfläche sowie der Möglichkeit der kunden-/projektspezifischen Erweiterung – völlig unabhängig. Zumal sich unsere Robotersoftware schnell integrieren lässt: Roboterkinematiken, Schnittstellen und viele vorgefertigte Lösungsbausteine sind bereits vorhanden. So können Endanwender einfach, schnell und kostengünstig selber automatisieren – auch eine „High mix, low volume“-Produktion.

Wie funktioniert Voraus.core genau? Ersetzt die Software die bestehende Robotersteuerung komplett? Oder legt es sich als „Middleware mit modernem Antlitz“ zwischen die Robotersteuerung und den Bediener, Anwender und Programmierer?

Kotlarski: Beides ist möglich und gelebte Praxis. Man kann bestehende Robotersteuerungen und Robotersoftware vollständig ersetzen oder auch nur Teile ergänzen beziehungsweise parallel integrieren. Beim Yu haben wir unsere Software beispielsweise direkt in das Robotersystem integriert. Beim Fanuc und Kuka – um nur zwei Beispiele zu nennen – haben wir unsere Software über vorhandene Schnittstellen angebunden, so dass die bestehende Herstellersoftware in Kombination mit dem Voraus.core weiterhin verwendet werden kann und auch bisherige Programme lauffähig bleiben. Gleiches gilt entsprechend für Steuerungs- und Plattformanbieter, wie bspw. Ctrlx und Keba.

Wie läuft die Kommunikation mit den Robotersteuerungen? Gibt es Standard-Schnittstellen, die Voraus nutzen kann?

Kotlarski: Grundsätzlich gibt es Standards, an die sich Roboterhersteller mehr oder weniger konsequent halten. Die Schnittstellen und Protokolle unterscheiden sich in der Regel nur geringfügig. Entsprechend kann – eine smarte Softwarestruktur vorausgesetzt – vieles generalisiert werden, um schnell auf verschiedensten Systemen zu skalieren. In dem Zusammenhang haben wir auch ein effizientes, automatisiertes Tooling entwickelt, sozusagen die „Magic behind the Scenes“ bei uns.

Und wie stellt man bei all den Schnittstellen sicher, dass das Ganze auch in Echtzeit passiert?

Kotlarski: Voraus bringt einen eigenen Echtzeit-fähigen Kern mit sich. Sofern der Voraus.core integriert ist und auf der Steuerung des Roboters läuft, kann entsprechend Echtzeitfähigkeit gewährleistet werden. Wird der Roboter über vorhandene Schnittstellen angesteuert, hängt die Echtzeitfähigkeit an den Spezifikationen und der Leistungsfähigkeit der Schnittstellen des Roboters. Viele Hersteller bieten hier Echtzeitfähigkeit bzw. eine für die meisten Applikationen ausreichende Reaktionszeit. Generell führen wir nach jeder Integration Stress- und Benchmarktests durch, um die Performance zu quantifizieren.

Wie steht Voraus Robotik zu anderen Anbietern wie Wandelbots oder Intrinsic, die ebenfalls mit einer übergreifenden Software-Plattform die Robotik modernisieren wollen. Wird es ein “the winner takes it all“ Rennen? Oder kann es auch Gemeinsamkeiten geben?

Kotlarski: Wir sind wahrscheinlich das einzige Softwareteam, dass auch selbst einen eigenen marktreifen Roboter bis zur Zertifizierung entwickelt hat – das sehen wir als ganz klaren Vorteil. Das schafft gleichzeitig Vertrauen im Markt und kommt bei Herstellern, Integratoren und Endkunden sehr gut an. Generell glauben wir, dass eine offene, erweiterbare Software die grundlegende Anforderung für Nachhaltigkeit und entsprechend für „Gewinner“ ist. Der Plural zeigt schon: Wir kämpfen gemeinsam.

Wieso?

Kotlarski: Nur so werden alle durch Robotik und Automatisierung effizienter arbeiten und besser leben. Entsprechend sollte man sich nicht verschließen, sondern sich kontinuierlich austauschen und sich an einen Tisch setzen. Ein „Apple-Ansatz“ mit einem geschlossenen System halten wir für wenig erfolgsversprechend. Aus diesem Grund achten wir bei Voraus auf offene Schnittstellen und Kompatibilität und streben Partnerschaften an.

Voraus Robotik GmbH

https://www.vorausrobotik.com/


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