Von der Rolle sind Sie nicht bei Haro – im Gegenteil: In Rüthen rollt der Rubel, denn der Fördertechnikspezialist schwimmt auf einer Welle (oder besser Rolle?) des Erfolgs. Um 15 Prozent ist der Umsatz jüngst gewachsen. Eine wichtige Rolle dabei spielt der begeisternde Geschäftsführer Christoph Hackländer.
„Schauen Sie nur wie schön das hier ist“, strahlt der dynamische 62-Jährige und zeigt aus seinem Büro in Halle 1 auf das idyllische Möhnetal, das sich direkt vor dem Haro-Gelände im Rüthener Industriegebiet erstreckt. „Der Chef sagt immer, hier zu arbeiten ist wie Urlaub machen“, grinst Markus Löseke, Leiter Konstruktion & Produktion und damit die technische rechte Hand des Geschäftsführers Christoph Hackländer. Man merkt, dass die beiden ein gutes Team sind – und dass es bei Haro in Rüthen sehr familiär zugeht.
Dabei war die Stadt am nordöstlichen Zipfel des Sauerlandes gar nicht Ausgangspunkt der Haro-Geschichte, sondern das 130 Kilometer entfernte Wermelskirchen im Bergischen Land. Dort machte sich 1957 Vater Heinz Hackländer als 27-Jähriger mit einer eigenen Firma selbszständig. In einem angemieteten Wellblechschuppen produzierte er zunächst Geschenkartikel aus Kupfer und Messing und wechselte bald – inspiriert vom Standort Wermelskirchen, das als Stadt der Rollen und Räder gilt – in das Geschäft mit Tragrollen.
Automatisierte Fördertechnik
„In den 60er-Jahren haben wir eine eigene Rollenproduktion aufgebaut und sind damit insbesondere in der Möbelindustrie auf großes Interesse gestoßen, die damit beispielweise Spanplatten-Stapel durch die Produktion bewegt haben“, berichtet Christoph Hackländer. „Weil mein Vater aber immer ein gutes Gespür hatte, stellte er Anfang der 80er Jahre das Portfolio um: von manuell bedienter Schiebe-Fördertechnik auf angetriebene Rollenbahnen. So sind wir zur automatisierten Fördertechnik gekommen.“
Inzwischen hat Haro sein Portfolio über die angetrieben Rollentechnik hinaus erweitert und bietet auch Kettenförderer, Gliederbandförderer, Gurtförderer oder Vertikalförderer an. „Wir transportieren Stückgut von 50 Kilogramm bis 5 Tonnen. Unsere Spezialität ist aber der Palettentransport, wenn es um hohe Gewichte geht“, sagt der technische Leiter Markus Löseke.
Besonders stolz ist Christoph Hackländer auf den Vertikalförderer: „Er ist unser Fördertechnik-Flaggschiff und stellt eine der effektivsten Möglichkeiten dar, die Produktion in der vertikalen Ebene zu erweitern.“ Die Verbindung zweier baulich getrennter Produktionshallen über eine Brücke oder einen Tunnel beziehungsweise die Einrichtung einer weiteren Ebene innerhalb einer bestehenden Industriehalle, sei oft die einfachere Lösung als ein kompletter Neubau.
Ziel: Partner der Kunden
Stolz zeigt Christoph Hackländer das Making-of-Video eine Kundenanlage, wo Haro einen reparaturanfälligen alten Lastenaufzug, der die auf mehrere Stockwerke verteilte Produktion verbindet, mit einem automatisierten Vertikalförderer ersetzt hat. „Da der Vertikalförderer 24 Meter hoch war, mussten wir diesen mit einem Spezial-Lkw, der nur nachts fahren durfte, zum Kunden bringen und dort mit einem Kran von oben einsetzen“, berichtet Christoph Hackländer begeistert. Markus Löseke ergänzt stolz: „In wenigen Stunden war das erledigt. Mit dieser Einbringung wurden viele Tage Montage und eine starke Beschränkung der Produktion dort vermieden.“
Gerade solche kundenspezifischen Anlagen mit besonderen Herausforderungen machen den Haro-Experten besonders Spaß. „Bei uns gleicht keine Anlage der anderen“, berichtet Maximilian Hackländer, der Christoph Hackländers Sohn. Denn bei Haro geht der Trend klar vom reinen Produktgeschäft mit angetriebenen Komponenten stark hin zum Fördertechnik-Anlagenbau. Maximilian Hackländer, der bei Haro im Vertrieb aktiv ist: „Die Kunden wollen von uns eine vollständige Komplettanlage, die Fördergüter automatisch von A nach B bringt.“
Von Wermelskirchen nach Rüthen
Christoph Hackländers Lieblingsbeschäftigung ist es daher, zusammen mit dem Kunden eine geeignete technische Lösung für sein Problem zu suchen. „Wir sehen uns nicht als Lieferanten, sondern als Partner.“ Seine Lieblingskunden sind daher Familienbetriebe mit 500 bis 1500 Mitarbeitern, „wo wir mit dem Geschäftsführer auf Augenhöhe diskutieren und uns technisch austauschen können – eben Kunden, die unsere Ideen schätzen.“
Christoph Hackländer lebt das Unternehmen und liebt seine Aufgaben. Für ihn war es auch immer klar, dass er ins väterliche Unternehmen einsteigt: „Mama und Papa sprachen immer über die Firma, da waren wir schon als Kind neugierig.“ Und so kam er 1976 direkt nach seiner kaufmännischen Ausbildung an Bord – seine beiden älteren Brüder waren da bereits im Unternehmen aktiv.
Und so war Christoph Hackländer auch sofort Feuer und Flamme, als 1986 ein wichtiger Schritt anstand: Da die Produktion in Wermelskirchen aufgrund der beengten Lage an ihre Grenzen stieß, war Heinz Hackländer auf der Suche nach Erweiterungsmöglichkeiten. Und so kaufte der Vater die Hallen eines Kunden in Rüthen, der gerade Pleite gegangen war. „Mit der Kundeninsolvenz hatten wir zwar viel Geld verloren, denn der Kunden hatte noch Ausstände bei uns – aber letztlich war es ein Glücksfall, denn wir kamen vergleichsweise günstig an ein großes Gelände für unsere neuen Produktionslinien“, erinnert sich Christoph Hackländer.
Dieses Gelände lag allerdings anderthalb Autostunden von der eigentlichen Firmenzentrale entfernt – „aber als 29-Jähriger mit viel Elan stand mir die Welt offen und so bin ich mit meiner Frau nach Rüthen umgezogen, um dort eine Produktion für automatisierte Fördertechnik aufzubauen“, blickt Christoph Hackländer zurück. Auf dem Firmengelände bezogen die beiden im Gebäude neben den Produktionshallen eine kleine Büro-Wohnung. In diesem Nebengebäude sind auch die ersten Kinder geboren worden. Für Christoph Hackländer stecken also viele Erinnerungen in dem ganzen Gelände. „Ich kenne hier jede Ecke“, sagt Christoph Hackländer und streicht beim Gang durch die heutigen Besprechungs- und Meetingräume im Nebenhaus über die Fensterbank.
Regional verankert
Mit insgesamt drei Kindern sind die Hackländers dann aber irgendwann doch umgezogen, in ein eigenes Häuschen im Ortskern von Rüthen. „Wir sind hier schnell heimisch geworden – zumal sich die Menschen im Sauerland und im Bergischen Land durchaus ähnlich sind.“ Auch heute noch ist Christoph Hackländer die regionale Verankerung wichtig. „Bei jungen Leuten, die wir einstellen, achte ich darauf, dass sie aus der Gegend kommen und uns deshalb dauerhaft erhalten bleiben.“ Sein Ziel ist es, Nachwuchs früh zu gewinnen und dann weiterzuentwickeln. „Wenn ein junger Mensch einmal bei uns eine Ausbildung gemacht hat, kommt er gerne wieder, wenn er später noch einen Techniker oder Ingenieur draufsattelt.“
Denn wichtig ist bei Haro das Familiäre: „Das Miteinander hat bei uns einen hohen Stellenwert.“ Und dieses Miteinander bezieht sich mittlerweile immerhin auf über 100 Mitarbeiter. Denn was in Halle 1 als Zwei-Mann-Betrieb als ausgelagerter Teil der Produktion in Wermelskirchen begonnen hat, ist inzwischen zu einem 12-Millionen-Unternehmen angewachsen, das in sechs Hallen produziert. Die drei ursprünglich vorhandenen Hallen wurden nach und nach erweitert.
Chef ist sehr verkaufsaffin
Ein wichtiger Motor des Erfolgs ist Christoph Hackländer: „Als verkaufsaffiner Typ bin ich stets im Gespräch mit Kunden und kümmere mich um Aufträge und Umsatzgrundlagen.“ Und so ist – auch aufgrund der räumlichen Expansionsmöglichkeiten – heute Rüthen das Headquarter des Unternehmens Haro. Die Produktion in Wermelskirchen ist inzwischen aufgelöst, der größere Bruder Martin Hackländer kümmert sich noch von Wermelskirchen aus um die Haro-Kunden im Westen. Auch der größte der beiden Brüder, Michael Hackländer, sitzt noch in Wermelskirchen, hat aber inzwischen sein eigenes Unternehmen.
Die Musik bei Haro spielt also in Rüthen und dort tüftelt Christoph Hackländer zusammen mit seinem technischen Leiter Markus Löseke, der schon während seines Studiums für Haro tätig war, an Lösungen für die Kunden und am Ausbau des Portfolios. Da die Kunden zum Be- und Entladen verstärkt Roboter an der Fördertechnik haben möchten, ist man in Rüthen beispielsweise dabei, eigenes Roboter-Know-how aufzubauen.
Für die Zukunft gerüstet
Und auch andere Zeichen der Zeit hat man bei Haro erkannt: „Da starre Verkettungen immer öfter aufgeweicht werden, beschäftigen wir uns intensiv mit dem fahrerlosen Transport und entwickeln ein eigenes fahrerloses Transportsystem“, berichtet der technische Leiter Markus Löseke. Warum ein eigenes FTS? „Es muss natürlich nahtlos in unseren Fördertechnik-Baukasten passen. Und da wir immer individuelle Anlagen bauen, möchten wir auch das FTS individuell anpassen können.“
Und auch sonst stehen die Zeichen auf Zukunft in Rüthen. Maximilian Hackländer arbeitet, nach einem Maschinenbaustudium und einem Abstecher bei Bosch Engineering, bereits im Vertrieb des väterlichen Unternehmens: „Ich will die Grundlagen und die Produkte von Grund auf kennenlernen.“ Perspektivisch soll Maximilian Hackländer die Rolle des Vaters übernehmen, während seine jüngere Schwester, die noch studiert, die Rolle der Mutter in Buchhaltung und Controlling übernehmen soll.
„Seit drei Jahren treffen wir uns mit externer Unterstützung regelmäßig im Familienkreis, um die Nachfolge zu regeln“, berichtet Christoph Hackländer. Mit dabei ist auch stets die älteste Tochter, die als Berufsoffizierin bei der Bundeswehr zwar keine operative Rolle übernimmt, aber dennoch in Grundplanungen eingebunden wird. Christoph Hackländer will seine Kinder zu nichts zwingen: „Natürlich freue ich mich, wenn meine Kinder was ich aufgebaut habe, weiterführen. Aber sie müssen das selbst wollen.“
Immerhin: Die Chancen für die nächste Generation sind bestens. „Ich habe 1986 in Rüthen bei null angefangen. Heute kann ich meinen Kindern ein Unternehmen übergeben, welches gut läuft und viele positive Zukunftschancen hat.“ Der Standort bietet ausreichend Platz für weitere Expansionen im Betriebs- und Bürobereich. Es kann also weiter rollen.
HaRo Anlagen- und Fördertechnik GmbH