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Contexo: „Wir benötigen mehr Platz“

Interview: Matthias Müller, Chief Commercial Officer (CCO), Contexo GmbH
Contexo: „Wir benötigen mehr Platz – für Auftragsfertigung und Batteriemaschinen“

Firmen im Artikel:
Contexo-Vertriebschef Matthias Müller, der gemeinsam mit seinen Brüdern Jürgen und Steffen den Maschinenbauer Contexo GmbH leitet, über Trends bei Highspeed-Montagemaschinen und die Expansionspläne des Familienunternehmens aus Winterbach.

Interview: Armin Barnitzke

Contexo hat kürzlich den ersten Spatenstich für eine neue Produktionshalle gesetzt. Läuft das Geschäft in Winterbach so gut?

Müller: Ja, sogar in mehreren Bereichen. Zum einen haben wir uns bei der Lohnproduktion mit unserer Schwesterfirma Probotec weiterentwickelt und neue Kunden hinzugewonnen. Zum anderen verzeichnen wir eine hohe Nachfrage nach unseren Highspeed-Montagemaschinen. Dabei werden auch die Projektvolumina größer, da die Maschinen mit ihren komplexen Prozesswelten zunehmend anspruchsvoller werden. Dies führt zu längeren Projektlaufzeiten – auch dafür benötigen wir mehr Platz in unserer Produktionshalle.

Für welche Anwendungen baut Contexo derzeit vor allem Maschinen?

Müller: Wer superschnelle und präzise Sondermaschinen mit bis zu 80 Prozessen und 1200 Teilen/min benötigt, ist bei uns genau richtig. Ein wichtiges Thema in unserem Maschinenbau sind gerade Kunststoffprodukte aus recycelten PCR-Kunststoffen, also Post Consumer Rezyklaten. Aufgrund der EU-Gesetzgebung für Tethered Caps – also Verschlüsse, die auch nach dem Öffnen an der Verpackung befestigt bleiben – verzeichnen wir zudem eine starke Nachfrage im Bereich Getränke, da Produkte am Markt ersetzt werden mussten. Und die starken Grippewellen in Deutschland und Europa führen zu einer regen Auftragsvergabe für Maschinen zur Produktion von nasalen und oralen Dosiersystemen wie Nasensprays.

Apropos medizinische Verpackungen: Hat der Medical-Bereich von Contexo eigentlich von Corona profitiert?

Müller: Der Einfluss von Corona spielte bei uns eine untergeordnete Rolle. In der Corona-Zeit wurden vor allem diagnostische Pipetten und ähnliche Produkte bestellt, jedoch sind wir in diesem Marktsegment nicht aktiv. Generell beobachten wir derzeit eine Verdopplung der Krankheitsquote, was zu einem vermehrten Konsum von Nasensprays und anderen medizinischen Verpackungen führt. Ob dies ein Corona-Nachholeffekt ist, kann ich nicht beurteilen.

Contexo ist ja einer der wenigen Maschinenbauer, der alle gängigen Maschinentypen baut: Continuous Motion, Rundtakt, Ringtakt, Lineartakt und Roboterzellen – und kann somit 600 bis 60.000 Teile pro Stunde produzieren. Wohin geht der Trend bei Montage-Plattformen?

Müller: Ja, wir bauen die gesamte Bandbreite, aber tief in unserem Herzen sind wir die Propheten der kurvengesteuerten und mechanisch synchronisierten Plattformen. Diese erleben derzeit eine Wiederbelebung, da sie robust und zuverlässig sind, einen geringen Luft- und Energieverbrauch aufweisen und von unseren Kunden leicht verstanden und bedient werden können. Kürzlich hat ein Kunde eine unserer Maschinen nach 38 Jahren außer Betrieb genommen – aber nur beiseite gestellt, denn vielleicht wird die Maschine noch benötigt.

Spielen moderne Maschinenplattformen wie Linear-Transportsysteme also keine Rolle?

Müller: Doch, natürlich beschäftigen wir uns auch mit Trendtechnologien wie Linear-Transportsystemen. Kürzlich haben wir erfolgreich ein Pilotprojekt mit Beckhoffs XTS abgeschlossen. Diese Systeme sind besonders interessant aufgrund ihrer Flexibilität. Allerdings bringen sie auch Einschränkungen in anderen Bereichen mit, wie etwa in der Dauerfestigkeit und technischen Verfügbarkeit. Wir stehen diesen Technologien offen gegenüber, sehen sie jedoch eher in Hybrid-Konzepten.

Wo liegen derzeit die Herausforderungen für Sie im Maschinenbau?

Müller: Wir bauen zunehmend komplexere Maschinen mit mehr Prozessen, tiefer integrierten Systemen und höheren Anforderungen an das Track&Trace. Vor allem steigen jedoch die Anforderungen an die Vernetzung: Eine unserer Maschinen enthält heute rund 100 Komponenten, die alle eine IP-Adresse benötigen. Mit Software und Vernetzung hält immer mehr die IT-Welt Einzug in unsere Maschinen, gleichzeitig bleiben aber die Anforderungen an Stabilität und Verfügbarkeit unverändert. Denken Sie daran, wie oft Sie Ihren PC pro Tag neu starten müssen – das wäre bei einer Produktionsmaschine nicht akzeptabel: Sie muss eine technische Verfügbarkeit von 98 bis 99 Prozent bieten. Da kommt es auf die richtige Auswahl der verbauten Komponenten an.

Sie erwähnten auch die steigende Nachfrage nach Auftragsfertigung: Warum wächst Ihre Schwesterfirma Probotec?

Müller: Der Bedarf für den Betrieb von Montagemaschinen, nennen Sie es Lohnfertigung oder Contract Assembly, steigt stetig an. Viele Kunden, die Maschinen bei uns kaufen, haben nicht mehr die Möglichkeit, diese effizient zu betreiben: Die Maschinen werden immer komplexer, und den Kunden fehlen geeignete Fachkräfte. Daher sichern sich einige Kunden zwar das Betriebsmittel Maschine, legen deren effizienten Betrieb aber in unsere Hände.

Für die Optimierung der Fertigung bei Probotec haben Sie mit Lead auch eine Digitalisierungslösung zur Analyse von Maschinendaten entwickelt. Diese bieten Sie mit der Lead GmbH auch externen Kunden an: Wie entwickelt sich dieses Digitalisierungsgeschäft?

Müller: Das Produkt ist sehr gut, die Nachfrage ist hoch. Wir liefern die Lead-Software mit allen neuen Maschinen aus: Einerseits, weil wir als Maschinenhersteller selbst Maschinendaten sammeln, um unsere Maschinen zu verbessern, und andererseits, weil auch die Kunden digitale Möglichkeiten von uns erwarten. Allerdings gestaltet sich die Ausstattung bestehender Produktionen mit Digital-Lösungen langsamer als vor einigen Jahren gedacht.

Warum?

Müller: Die Geschwindigkeit der digitalen Transformation in der Industrie ist eher langsam, auch weil viele Unternehmen digitale Veränderungsprojekte überdimensionieren und zu viele Dinge gleichzeitig umsetzen wollen. Dadurch entstehen große Projekte, die nicht den Erwartungen entsprechen und Enttäuschungen hervorrufen.

Mit welchen weiteren Themen beschäftigen Sie sich bei Contexo gerade?

Müller: Wir haben viel Zeit und Energie in die Entwicklung der Batterieassemblierung für Rundzellen investiert, da wir darin eine große Chance für uns und den deutschen Maschinenbau sehen. Gerade Rundzellen passen gut in unser technologisches Portfolio: Wir fertigen auf unseren Maschinen maximal faustgroße Produkte in sehr großen Stückzahlen. Andere Zellenformate wie prismatische oder Pouch-Zellen passen in Bezug auf Output, Taktzeit und Größe nicht so gut zu uns.

Entwickelt sich der Batterie-Maschinenbau wie erwartet?

Müller: Naja. Viele Kunden waren in einem noch frühen Projektstadium mitsamt der vielfältigen Unsicherheiten zu uns gekommen. Die Umsetzungsgeschwindigkeit der Batterieprojekte bei den Kunden hat sich dann allerdings verlangsamt – das liegt an einer Vielzahl von Einflussfaktoren: vom Markt generell bis hin zu den Erkenntnissen aus der Ramp-up-Phase von Fabriken. So hat sich die Umsetzungsgeschwindigkeit reduziert und der Aufbau von Batteriefabriken liegt insgesamt hinter dem ursprünglichen Terminplan.

Und wie reagieren Sie darauf?

Müller: Wir als Maschinenbauer sind gut vorbereitet und können jederzeit starten, auch wenn wir keine umfassenden Marktaktivitäten in diesem Bereich betreiben. Aber klar ist auch: Die Projektvolumina in Batterieprojekten sind sehr groß, da es dabei schnell um ein bis zwei Linien mit vier, fünf Maschinen hintereinander geht, um die vielen Prozessschritte abzubilden. Auch für solche Batterieprojekte bauen wir die neue Halle, damit wir im Zweifelsfall darin eine Musterproduktion durchführen können.

Die neue Halle ist also eine Investition in die Zukunft?

Müller: Ja. Als Familienunternehmen treffen wir langfristige Entscheidungen und sind nicht quartalsgetrieben. Daher haben wir uns für mehr Platz entschieden: Wir wollen die Auftragsfertigung mit Probotec ausbauen und die Chancen im Marktsegment Batterie nutzen. Und auch die Maschinen für unsere angestammten Kundensegmente benötigen mehr Platz. Dreimal Plus ergibt Plus.

Contexo GmbH

www.contexo-gmbh.de

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