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Das Zusammenwachsen von Steuerungs- und Bildverarbeitungswelt ist ein Trend in der Automatisierung. Wie ist der Stand der Dinge?
Keppler: Dass diese beiden Welten tatsächlich immer näher zusammenrücken zeigt sich unter anderem daran, dass führende Steuerungshersteller wie Beckhoff und B&R das Thema Bildverarbeitung mit mehr Engagement verfolgen als bisher. Es hat sich allgemein die Überzeugung durchgesetzt, dass sehende Anlagen in vielen Bereichen der Industrie mehr leisten können als blinde. Wir als Bildverarbeiter sehen diese Entwicklung natürlich als logischen und sehr positiven Schritt. Die Bildverarbeitung ist mittlerweile eine etablierte Technologie im Automatisierungsumfeld und vor allem im Kontext mit Industrie 4.0 gänzlich unverzichtbar.
Also alles gut? Oder sehen Sie Probleme?
Keppler: Wie so häufig liegen die Schwierigkeiten auf dem Weg zu anwenderfreundlichen Lösungen im Detail. Wichtige Fragen sind hierbei zum Beispiel die herstellerübergreifende Kompatibilität und die Kommunikation zwischen Steuerung und Bildverarbeitung. Dafür gab es in der Vergangenheit keine übergreifenden Standards, was das Zusammenwachsen beider Welten leider immer wieder verzögert hat. Auf beiden Seiten ist inzwischen jedoch ein zunehmendes Bewusstsein entstanden, dass die Zukunft in Standardisierung und Kompatibilität liegt. Mit der Veröffentlichung der OPC UA Companion Specification für die industrielle Bildverarbeitung stehen wir aktuell vor einer Zeitenwende: Dieser Standard wird das Zusammenspiel von Bildverarbeitung und Automatisierung herstellerübergreifend erheblich beschleunigen.
Welche Auswirkungen hat das Zusammenwachsen der beiden Welten Automatisierung und Bildverarbeitung auf deren Anwender?
Keppler: Automatisierer müssen sich aus meiner Sicht auf jeden Fall vermehrt mit dem Thema Bildverarbeitung beschäftigen, da sie die Anforderungen von Industrie 4.0 ohne diese Technologie in vielen Fällen zukünftig nicht mehr erfüllen können. Bildverarbeitungssysteme müssen für diesen neuen Anwenderkreis einfach zu bedienen sein und dessen Kenntnisstand berücksichtigen. Diese Anforderung ist jedoch zugleich eine große Herausforderung, da die Bandbreite an Bildverarbeitungsanwendungen sehr groß ist. Einerseits ist es ein Vorteil, wenn sich immer mehr Applikationen mit einfach bedienbaren Bildverarbeitungsgeräten problemlos lösen lassen. Andererseits verhindert ein zu starker Fokus auf einfache Applikationen auch die Entwicklung von wirklich innovativen Lösungen mit Alleinstellungscharakter.
Welche Ansätze sehen Sie, um den Einsatz von Bildverarbeitung in neuen Aufgabenfeldern voranzutreiben?
Keppler: Ein wichtiges Schlagwort sind derzeit Machine Learning-Methoden. Mit diesem Thema beschäftigen wir uns bereits seit vielen Jahren und konnten mit darauf basierenden Technologien schon Tausende von Projekten erfolgreich durchführen. Durch die Begeisterung, der sich in letzter Zeit um den Begriff Deep Learning gebildet hat, ist der Einsatz dieser Technologie für die Bildverarbeitung nun auf breiter Basis populär geworden, auch wenn Deep Learning meines Erachtens für die industrielle Bildverarbeitung nicht optimal geeignet sind. Mit den richtigen Machine-Learning-Algorithmen werden wir jedoch bald leistungsfähige und flexible Lösungen sehen, die sogar auf günstigen Embedded-Systemen laufen.
Stemmer Imaging AG
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