Kapazitäten, Qualifikationen, Rüstzeiten et cetera: Bei der Auftragsplanung muss ein Fertigungsplaner eine Vielzahl an Variablen berücksichtigen. Das ist zeitaufwendig und fehleranfällig. Die Vacom Vakuum Komponenten & Messtechnik GmbH hat daher nun die KI-basierte Planungssoftware AI Planning von MPDV im Einsatz – vor allem, weil der Vakuum-Spezialist viele Bauteile nach Kundenwunsch fertigt.
„Wir haben 1000 Aufträge, die alle einen unterschiedlichen Ablauf haben und bei denen sich die logistischen Wege x-Mal kreuzen. Manche Bauteile gehen fünf- bis zehnmal zwischen der Fräserei und der Schweißerei hin und her“, verdeutlicht Fertigungsleiter Michael Wetzel-Staar. Da Vacom bereits seit mehreren Jahren das Manufacturing Execution System (MES) Hydra sowie das Advanced Planning and Scheduling System (APS) Fedra von MPDV nutzt, entschloss man sich 2020 zum Einsatz der Software AI Planning. Anfang 2021 erfolgte ein mehrwöchiger Test, im März 2021 ging das KI-System dann live.
Einplanung am Arbeitsplatz
Seitdem nimmt die Künstliche Intelligenz die gesamte Fertigungsplanung vor. „Wir nutzen die KI für die Einplanung der Aufträge und Arbeitsgänge am jeweiligen Arbeitsplatz“, sagt Wetzel-Staar. Die gesamte Planungstätigkeit, die sonst täglich mehrere Stunden in Anspruch nahm, erledige jetzt die KI. Allein die Zeiteinsparung liegt bei rund 50 Prozent, so Wetzel-Staar: „Der Kollege hat die Hälfte seiner Arbeitszeit mit der Fertigungsplanung verbracht, jetzt hat er genügend Zeit, Dinge im ERP glatt zu ziehen.“
Der gesamte KI-Planning-Vorgang läuft über Nacht. „Bei uns sind alle Systeme aufeinander abgestimmt. Wir brauchen erst den automatischen Lauf von unserem ERP-System, damit die neuen Aufträge erzeugt werden. Daraus entstehen Planaufträge, die von der Disposition umgesetzt werden. Sobald diese umgesetzt sind, stehen sie zur Einplanung in Fedra an.“
Arbeitsgänge neu zusammenwürfeln
Bei ihrer Planung berücksichtigt die Künstliche Intelligenz Nacht für Nacht alle Aufträge: „Wir können in der Einzelteilfertigung nicht exakt voraussagen, bis wann ein Arbeitsgang auf einer Maschine fertig wird. Genau hier möchten wir die KI nutzen.“ Sie soll die Freiheit haben, alle Arbeitsgänge neu zusammenzuwürfeln, sodass das bestmögliche Planungsergebnis erreicht wird. In Zahlen bedeutet das: etwa 1200 Aufträge im Umlauf mit jeweils bis zu 20 Arbeitsgängen, zwei bis drei Aufträge pro Maschine und Tag und einen Planungshorizont von sechs Monaten.
Wetzel-Staar: „Das kann kein Mensch mehr überblicken. Deshalb brauchen wir ein System, das erkennt, was als Nächstes bearbeitet werden kann, und dann die folgenden Arbeitsgänge automatisch einplant. Was die Produktionsmenge und die Kapazität betrifft, können wir uns ohne das System nicht mehr weiterentwickeln.“
Termintreue verbessert
Die fertige Planung wird abgespeichert – aber noch nicht final übernommen: Bevor die Produktion am nächsten Morgen anläuft, schaut der zuständige Kollege die Eskalationsliste an und hat die Möglichkeit einzugreifen. Auch wenn die Künstliche Intelligenz die Ressourcen optimal plant, hinterfragen die Mitarbeiter gerade in der Anfangszeit, ob sich die Aufträge nicht doch vielleicht noch besser planen lassen – meist aber mit wenig Erfolg. Zwar ist bereits die Zeiteinsparung bei der Planung beachtlich, das eigentliche Hauptziel von Vacom besteht aber darin, die Termin- und Liefertreue deutlich zu erhöhen.
AI Planning ermöglicht aufgrund der enormen Menge an Daten und deren Analyse, vorausschauend zu planen. Wahrscheinlichkeitsaussagen über Fertigungsereignisse der Zukunft werden somit immer genauer. „Wir sind in der Lage, dem Kunden bei der Auftragsbestätigung zu sagen, wann er sein kundenspezifisches Bauteil bekommt, – und den Termin zu halten. Die Terminqualität wird sich massiv verbessern“, ist Michael Wetzel-Staar überzeugt.
Als weiteres Ziel nennt Vacom, die Durchlaufzeiten deutlich zu verringern. Aufgrund der Auftragsmenge und Komplexität war es bislang schwierig, den Überblick über alle Teile und deren Status zu behalten. Mithilfe des neuen Systems sollen nun die Zeiträume, in denen ein Auftrag in der Fertigung ist, verschlankt und verkürzt werden. Das wiederum reduziert Umlaufbestände und somit gebundenes Kapital.
MPDV Mikrolab GmbH
Römerring 1
74821 Mosbach
Drei Planungsarten in der Fertigung
- Manuelles Planen: Der Anwender plant per Drag & Drop, wobei lediglich einfache Konfliktprüfungen erfolgen können.
- Automatisches Planen mit Heuristik: Der Anwender kann alle Gegebenheiten selbst konfigurieren. Die Planung läuft dann Schritt für Schritt automatisch ab, betrachtet dabei aber nur die hinterlegten Begebenheiten.
- Automatisches Planen mit AI Planning: Ein Algorithmus bezieht alle verfügbaren Daten in die Planung mit ein, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Der Anwender kann zwar jederzeit in die Planung eingreifen, sollte das aber vermeiden, da er die Planung nur verschlechtern würde.
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