Künstliche Intelligenz kann Bedienfehler ebenso wie Fehler durch Verschleißprozesse frühzeitig erkennen. Dazu müssen die KI-Systeme erst einmal mit entsprechenden Daten trainiert werden. Allerdings wollen viele Anwender diese Daten meist nicht herausgeben.
Vor diesem Problem stand auch die Lorch Schweißtechnik GmbH – und holte daher das Fraunhofer IPA an Bord. Wie, so die Frage, lassen sich Anwenderfehler bei Schweißprozessen via KI zuverlässig erkennen, ohne dass die Kunden ihre sensiblen Schweißdaten aus der Hand geben müssen? Die Antwort des Fraunhofer IPA: Mit dem Ansatz des föderierten Lernens.
Nicht Daten, sondern KI-Modelle ausgetauscht
„Das Besondere daran: Wir trainieren die Künstliche Intelligenz mit den Daten der Kunden, ohne dass die Daten das jeweilige Unternehmen verlassen“, sagt Can Kaymakci, Wissenschaftler am Fraunhofer IPA. Der Clou liegt darin, dass jeder Kunde mit seinen Daten ein eigenes KI-Modell trainiert – ausgetauscht werden nicht die Daten, sondern lediglich die KI-Modelle. Diese werden zu einem einzigen, besser optimierten Gesamtmodell zusammengefasst.
Um ein geeignetes KI-Modell auszuwählen, das Schweiß-Anwenderfehler vor allem durch Energieverbrauchsdaten erkennt, erhoben die Fraunhofer-Experten im Labor von Lorch Daten rund um den Schweißprozess, inklusive absichtlicher Einbau von Anwenderfehlern. Etwa 200 Schweißversuche führten sie durch. Das ist zwar viel, doch zu wenig, um eine Künstliche Intelligenz zu trainieren.
Weniger Messpunkte nötig als gedacht
„Wir haben die Daten daher vervielfältigt, aus den ursprünglich 200 Datensätzen wurden so 2200“, erläutert Kaymakci. Wie das funktioniert, lässt sich am besten am Beispiel von Fotos nachvollziehen: Man kann sie drehen, spiegeln, in Schwarz-Weiß umrechnen, den Zoom verändern – und auf diese Weise mehr Daten generieren.
Zudem untersuchte das Team, wie viele Messungen pro Sekunde nötig sind, um Anwenderfehler zuverlässig zu erkennen. Das Ergebnis: Es reichen weniger Messpunkte als gedacht. „Auf diese Weise können wir die benötigte Speicherkapazität reduzieren, die Kommunikation vereinfachen und weniger Daten verarbeiten, was wiederum Zeit, Kosten und Energie spart“, fasst Kaymakci zusammen. Das erstellte Modell implementierten die Forschenden auf einer Schweißstromquelle von Lorch.
Fehler werden mit hoher Rate erkannt
Welchen Vorteil bringt nun das föderierte Lernen? Diese Frage beantworteten die Forschenden über ein eigens dafür erstelltes Simulationstool. Dabei analysierten sie drei Szenarien:
- Erstens eine Künstliche Intelligenz, die mit sämtlichen Kundendaten trainiert wurde – eine hypothetische Annahme, da diese Daten für den Schweißgerätehersteller nicht verfügbar sind.
- Zweitens die Modelle, die jeweils nur mit den Daten eines einzigen Kunden trainiert wurden.
- Und drittens das föderierte Lernen, bei denen die Modelle der Kunden zusammengeführt werden.
„Die Ergebnisse sprechen für sich: Die Erkennungsrate eines Modells, das über föderiertes Lernen trainiert wurde, liegt bei 0,81 und ist damit vergleichbar gut wie die eines Systems, für dessen Training alle Kundendaten zur Verfügung standen. Hier liegt die Erkennungsrate bei einem Wert von 0,86. Systeme dagegen, die nur mit den Daten eines einzigen Kunden trainiert wurden, erkennen Fehler nur mit einer Rate von 0,45“, bestätigt Kaymakci.
Föderiertes Lernen nicht nur fürs Schweißen
Für den Schweißgerätehersteller Lorch heißt das: Er kann seinen Kunden in Zukunft über das KI-System einen Mehrwert bieten, ohne die Daten zentral bei Lorch speichern zu müssen. Für die Kunden wiederum bietet sich der Vorteil, Fehler schneller erkennen zu können und vom Wissen aller Kunden zu profitieren.
Übrigens: Das föderierte Lernen lässt sich selbstverständlich nicht nur für Schweißprozesse verwenden. Vielmehr eignet sich das System für jegliche Fragestellungen, in denen Künstliche Intelligenz einen Mehrwert bietet, die dafür benötigten Daten jedoch sensibel sind.