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„Wir wollen die Zusammenarbeit in der Heitec Gruppe stärken“

Im Interview: Michael Frieß, CEO Heitec AG
„Wir wollen die Zusammenarbeit in der Heitec Gruppe stärken“

Wie Michael Frieß die Zusammenarbeit in der Gruppe stärken möchte, welche Synergien sich daraus ergeben und warum die Digitalisierung dabei eine Schlüsselrolle spielt, erläutert der neue Heitec-CEO im Interview.

Interview: Armin Barnitzke

Die Heitec-Gruppe besteht ja aus vielen Standorten und Unternehmensteilen. Was genau ist Heitec eigentlich? Wofür steht Heitec?

Frieß: Heitec steht für Industriekompetenz in Automatisierung, Digitalisierung, Elektronik sowie Maschinen- und Anlagenbau – das sind unsere vier strategischen Kernbereiche. Die Basis für das Unternehmen hat unser Gründer Richard Heindl vor rund 40 Jahren gelegt, der große Firmen mit Ingenieurs-Dienstleistungen in Form von Personal-Leasing versorgt hat. Dazu hat er in der Nähe der jeweiligen Kunden-Standorte eigene Heitec-Niederlassungen gegründet. Daher haben wir heute 19 Standorte, einige davon in Deutschland, aber auch im europäischen Ausland und in China.

Welche Kunden und Themen hatte Heitec mit Ingenieurs-Know-how bedient?

Frieß: Zwei große Kunden waren und sind Siemens – hier hatte Richard Heindl selbst als Ingenieur seine berufliche Laufbahn begonnen – und Bosch Packaging (heute Syntegon) in Crailsheim. Heitec-Mitarbeiter in Chemnitz entwickeln und programmieren beispielsweise Funktionen der Sinumeric von Siemens. Syntegon unterstützen wir im Bereich Qualifizierung/Validierung, Automatisierung, HMI oder SCADA-Systemen. Hier liegen übrigens auch die Wurzeln unseres Smart Factory Know-hows: Für und mit Syntegon haben wir uns schon sehr früh mit dem Thema horizontale und vertikale Vernetzungen beschäftigt.

Aber heute ist Heitec doch weit mehr als ein Ingenieurs-Dienstleister?

Frieß: Ja. 2009 hat Richard Heindl den ehemaligen Siemens-Manager Johannes Feldmayer als Generalbevollmächtigten ins Unternehmen geholt, um Heitec zu führen. Johannes Feldmayer hat recht schnell erkannt, dass Heitec angesichts des Trends zum One-Stop-Shopping eine etwas breitere Wertschöpfungskette braucht und hat daher seine Fühler ausgestreckt nach Firmen, die Maschinenbau-Know-how in die Gruppe einbringen können. So kam beispielsweise der Robotik-Spezialist Erhardt und Abt in Kuchen in die Gruppe, der heute als Heitec PTS Roboteranlagen und Maschinen zur Röntgenprüfung baut. Auch in Österreich, in der Slowakei und im Vogtland hat Heitec kleine Maschinenbauer übernommen. Die Struktur der Heitec-Gruppe hat sich dadurch aber nicht geändert: Jede Einheit agiert eigenständig im regionalen Umfeld beziehungsweise im jeweiligen Fokusmarkt.

Sie sind seit Anfang 2023 neuer CEO bei Heitec: Was haben Sie sich vorgenommen?

Frieß: Ich bin angetreten mit dem klaren Ziel, die Zusammenarbeit in der Heitec-Gruppe zu stärken. Und das betrifft die ganze Wertschöpfungskette: vom Vertrieb, den wir neu strukturieren wollen, bis zum Service. Ein Beispiel: Eine Heitec-Einheit bietet ihren Kunden bereits einen 24/7-Service an, das wollen wir nun allen Kunden anbieten.

Warum wollen Sie diese stärken?

Frieß: Als Gesamtgruppe können wir dem Kunden gegenüber anders auftreten und mit einer ganz anderen Schwungmasse aufwarten. Zudem können wir Synergieeffekte erzielen. Künftig soll bspw. nicht mehr jede Einheit ihr eigenes Softwaretemplate für ihre Maschinen entwickeln. Das steigert intern die operative Performance und wir nutzen unsere Ressourcen effektiver.

Das klingt einleuchtend, aber auch nach einer großen Aufgabe. Wo wollen Sie starten?

Frieß: Top eins für die neue Geschäftsführung ist es zunächst, gemeinsam eine Strategie zu erarbeiten, wohin die Reise gehen soll. Und dabei die Kollegen, Mitarbeiter und Führungskräfte mitzunehmen und sie auf die Zusammenarbeit einzuschwören. Denn stärkere Zusammenarbeit hört sich zwar einfach an, funktioniert aber nicht per Anweisung vom Chef und nicht von heute auf morgen. Das ist eine Führungsaufgabe und nimmt drei bis fünf Jahre in Anspruch, bis das alles richtig wirkt. Weil: Zusammenarbeit funktioniert ja nicht auf Ansage, da menschelt es – und das ist ganz normal. Wir müssen die Menschen bei Heitec mitnehmen.

Und neben der Gesamtstrategie?

Frieß: Nächstes großes Ziel ist es, den Vertrieb zu stärken, um einen Mult-Channel-Vertrieb zu etablieren. Künftig bietet ein Heitec-Vertriebsexperte dem Kunden das Gesamt-Portfolio an und holt dann bei Bedarf den Fachvertrieb mit dazu. Punkt drei unserer To-Do-Liste ist natürlich die Digitalisierung – und zwar sowohl intern als auch extern. Intern haben wir großen Nachholbedarf, weil durch die dezentrale Struktur einige Töchter ihre eigene IT-Infrastruktur und Toollandschaft haben. Um künftig besser zusammenzuarbeiten, wollen wir diese IT-Infrastruktur und Tools vereinheitlichen.

Und was bieten Sie in Sachen Digitalisierung extern an?

Frieß: Hier geht es zum einen um das Digital Engineering mit Simulationen oder digitalen Zwillingen und zum anderen um das wachstumsstarke Thema Smart Factory. Für die vertikale und horizontale Vernetzung von Maschinen haben wir eine eigene Plattform geschaffen und auch erste eigene Apps entwickelt, etwa eine Energy App zur Ermittlung des CO2-Fußabdruckes einer Produktion, Maschine bzw. eines Produktes. Zusätzlich haben wir eine Middleware als Zwischenschicht zwischen Shopfloor und ERP-Systemen entwickelt. Hier bringen wir nicht nur unsere Kompetenzen aus der Automatisierungs- und Maschinenwelt mit ein, sondern wir haben mit HEISAB ja auch einen eigenen SAP-Partner in der Gruppe.

Wen adressieren Sie mit solchen Smart-Factory-Lösungen?

Frieß: Letztlich ist jeder, der Daten benötigt zur Optimierung seiner Produktion, bei uns genau richtig. Unser Vorteil ist, dass wir die gesamte Wertschöpfungskette bespielen können, das schätzen sehr viele Kunden: Wir können Maschinenbau, wir können Automatisierung, wir können Elektronik, und wir können Software und Digitalisierung – in der horizontalen und vertikalen Ausprägung. Und Heitec verfügt über Nearshore-Standorte in der Slowakei und in Ungarn, so dass wir mit entsprechenden Mischkalkulationen attraktive Lösungen anbieten können.

Was wäre ein typischer Kunde, der sich für die Smart-Factory-Lösungen interessiert?

Frieß: Viele Gießereien sind unsere Kunden. Diesen energieintensiven Betrieben können wir mit der Vernetzung der Maschinen helfen, Energie zu sparen und CO2-Ziele einzuhalten. Denn wir vernetzen nicht nur unsere eigenen Maschinen, sondern auch Third-Party-Maschinen. Gerade Digitalisierung und Service sind Querschnittsthemen mit denen wir bei all unseren Kunden punkten können. Und wir können Smart-Factory-Lösungen aus einer Branche auf eine andere übertragen: Für eine Automotive-Batterie-Fabrik haben wir eine Software entwickelt, die mehr Transparenz in die Fertigung bringt. Diese kommt nun auch im Bereich Mining zum Einsatz. Und der Kunde erfährt damit auf den Kubikmeter genau, welches Material aus welcher Mine kommt.

Gehört zu Ihren Aufgaben als neuer CEO auch, das Portfolio durch weitere Zukäufe zu verbreitern?

Frieß: In unserer Strategie streben wir in erster Linie ein organisches Wachstum an. Wir sind aber auch anorganischem Wachstum nicht abgeneigt. Wir werden immer nach Firmen Ausschau halten, die uns verstärken. Grundsätzlich ist aber das primäre Ziel nicht, noch mehr Standorte zu eröffnen, sondern wir wollen uns auf Märkte konzentrieren.

Welche Märkte sind das beispielsweise?

Frieß: Wir werden natürlich der Automobilindustrie treu bleiben. Auch alles, was mit Verpackung zu tun hat, werden wir bespielen: Wenn wir unser Pharma- und Robotik-Know-how zusammenzubringen, können wir hier smarte Lösungen entwickeln. Ganz allgemein sehe ich ein großes Potenzial, wenn wir die Kompetenzen, die in der ganzen Firma vorhanden sind, zusammenführen. Das ist für uns die Herausforderung: das Gesamtportfolio von Heitec zu durchforsten, Einzelkompetenzen zu identifizieren, zu strukturieren und diese dann geschickt zu kombinieren, um lukrative Lösungen für bestimmte Nischenmärkte zu generieren. Denn: Attraktive Lösungen und attraktive Dienstleistungen sichern den wirtschaftlichen Erfolg – sowohl für uns als auch für unsere Kunden.

Abschließend: Ist eine solch umfassende Transformation in einem über viele Jahre stark Eigentümer-geprägten Unternehmen nicht eine große Herausforderung?

Frieß: Man muss vor Richard Heindl und Johannes Feldmayer wirklich den Hut ziehen. Sie haben klare Signale gesetzt: 2022 kam Pia Meyer, Tochter des Gründers, als Direktorin der Heitec Holding GmbH ins Unternehmen und signalisiert dadurch deutlich: Heitec ist und bleibt in Familienhand. Zugleich ging aber auch die komplette Geschäftsführung in eine neue Generation über. Diese nächste Generation soll das Unternehmen erfolgreich weiterführen und neu aufstellen. Die Herren Heindl und Feldmayer begleiten das Ganze aber natürlich aus der Heitec Holding. Wenn jemand wie Richard Heindl 40 Jahre lang eine Firma aufbaut, dann hört er nicht von heute auf morgen auf. Denn die Firma ist sein Lebenswerk und da schaut er natürlich auch mal genauer hin und das ist völlig okay. Ich habe mit meinem Management-Team alle Freiheiten, aber ich habe auch die Gewissheit, dass mich Richard Heindl mit seiner Erfahrung begleitet. Daher ist es für mich eine spannende Situation, in diesem Familienunternehmen zu arbeiten.

Heitec AG

www.heitec.de


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