Trumpf qualifiziert seinen Nachwuchs durch einen „Ausbilder Industrie 4.0“. Was muss denn zusätzlich gelernt werden?
Schneider: Der digitale Wandel ist im vollen Gange. Daher qualifizieren wir nun bereits im zweiten Jahr unseren Nachwuchs durch einen „Ausbilder Industrie 4.0“. Dadurch rücken wir Industrie 4.0 in den Fokus unserer Ausbildung und das duale Studium. Damit unsere Auszubildenden und Studierenden gestärkt in die digital vernetzte Arbeitswelt starten, erhalten sie zusätzliches IT-Wissen sowie Einblicke in agile Arbeitsmethoden. Besonders wichtig: Die jungen Menschen lernen IT und den klassischen Maschinenbau miteinander zu verbinden. So muss der Auszubildende in der IT beispielsweise die Aufgaben des Maschinenbauers verstehen. Und umgekehrt sollte der Maschinenbauer auch über die Software seiner Maschinen Bescheid wissen. Mit diesem disziplinübergreifenden Ansatz qualifizieren wir die jungen Menschen in Prozessen zu denken und Lösungen zielgruppengerecht zu entwickeln.
Wie verändert die Industrie 4.0 die Arbeitswelt? Brauchen die Unternehmen Industrie 4.0-Fortbildungsmaßnahmen – vom Handarbeitsplatz bis zum Fabrik-Planer?
Schneider: Wie eine vollvernetzte Fertigung aussieht, zeigen wir unseren Kunden in der Smart Factory am Stammsitz in Ditzingen. Hier wird schnell ersichtlich, wie eine autonome Produktion die Arbeitswelt verändert: Im Control Center laufen alle Kennzahlen der Fertigung zusammen. Von hier aus können Mitarbeiter die gesamte Produktion vom Auftragseingang bis zum fertigen Bauteil steuern. Konstrukteure analysieren etwa Blechbauteile digital. Gleichzeitig helfen Assistenzsysteme dem Bediener an der Maschine und über Smart Watches lässt sich die Fertigung von überall überwachen. Die autonome Produktion unterstützt somit die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit und führt gleichzeitig zu einer Effizienzsteigerung in den Fertigungshallen. Natürlich bedeutet das auch Fortbildungsmaßnahmen bei den Mitarbeitern. Diese sind aber eine Chance für jeden Einzelnen sich fachlich weiterzuentwickeln.
„Die Auswirkungen von KI sind durchweg positiv“
Was bedeutet KI in den nächsten Jahren für die Arbeitsplätze in der Produktion? Müssen sich die Anwenderunternehmen mit KI-Algorithmen für assistive und entscheidungsstützende Systeme beschäftigen?
Schneider: Wir sehen bei unseren Kunden bereits heute, dass sie sich mit KI beschäftigen – die einen recht intensiv, die anderen noch in den Anfängen. Deshalb bieten wir unseren Kunden die Automatisierungen und KI-Lösungen stufenweise an – von kleinen Einzellösungen für Einsteiger bis hin zur vollvernetzten Fertigung. Da KI auch Auswirkungen auf den Arbeitsplatz hat, geht die Umstellung nicht von heute auf morgen. Doch sind die Auswirkungen aus meiner Sicht durchweg positiv.
Nämlich?
Schneider: Durch die gewonnene Transparenz können Mitarbeiter künftig mehrere Maschinen gleichzeitig steuern und somit ganzheitlicheren Aufgaben nachkommen. Damit sind sie nicht mehr nur für eine Maschine in der Fertigung zuständig, sondern haben dank smarter Lösungen einen Überblick über mehrere Maschinen in den Produktionshallen. Sie werden somit zu Prozessmanagern, die ganze Produktionsprozesse eigenständig begleiten. Natürlich kommt damit auch mehr Verantwortung auf die Mitarbeiter zu. Aber: Trotz KI bleibt der Mensch im Mittelpunkt, da er letztendlich die finalen Entscheidungen trifft.
„Der Einsatz von künstlicher Intelligenz bei Maschinen beseitigt keineswegs den Arbeitsplatz“
Trumpf arbeitet seit Jahren daran, mit KI-Methoden wie maschinellem Lernen die Produktivität von Anlagen zu verbessern. Der Sorting Guide etwa ist eine KI-basierte Lösung als assistive Unterstützung für den Sortierprozess an einer Laseranlage. Was ist die Stoßrichtung von KI: Arbeitsplatzabbau oder Effizienzsteigerung?
Schneider: Der Einsatz von künstlicher Intelligenz bei Maschinen beseitigt keineswegs den Arbeitsplatz. Der Mensch an der Maschine ist trotz aller Automatisierung wichtig, jedoch mit anderen Aufgaben. Mittels KI unterstützen wir den Maschinenbediener bei der Optimierung seiner eigenen Arbeitsabläufe und steigern damit gleichzeitig die Effizienz und Produktivität in der Fertigung. Mit dem Sorting Guide haben wir beispielsweise eine KI-basierte Lösung entwickelt, die dem Mitarbeiter beim Absortieren von Blechteilen an der Laserschneidmaschine unter die Arme greift. Der Sorting Guide nutzt künstliche Intelligenz und zeigt dem Bediener alle notwendigen Informationen auf einem Bildschirm an.
Gehört in diese Kategorie auch die Teileerkennung Easy-order-App auf Basis eines neuronalen Netzes für eine schnelle und korrekte Ersatzteilbestellung?
Schneider: Ja, mit der Easy Order App wollen wir dem Kunden mittels smarter Technologie die Bestellung von Verbrauchs- und Ersatzteilen sowie Stanzwerkzeugen so einfach und effizient wie möglich machen. Schließlich bestellen wir auch privat ganz einfach von unserem Smartphone aus. Die App kann per Foto das benötigte Verbrauchsteil aus Tausenden von Teilen herausfinden und eine Bestellung auslösen. Dank KI lernt die App ständig dazu und macht die Anwendung für die Nutzer zunehmend benutzerfreundlicher.
Eine Anlage wie die Trulaser Center 7030 arbeitet weitgehend ohne Bedienereingriff. Sorgt hier KI letztendlich dafür, dass ich eine schnelllaufende Maschine auch schnell arbeiten lassen kann?
Schneider: Richtig, eine Maschine kann leistungsstark sein, doch um dies voll ausnutzen zu können, müssen auch die vor- und nachgelagerten Prozesse stimmen. Das ist bei der Trulaser Center 7030 der Fall, denn die Maschine bündelt sämtliche Prozesse des Laserschneidens in einer einzigen Maschine. Automatisierung und künstliche Intelligenz gepaart mit einem starken Laser sorgen hier für ein Maximum an Wirtschaftlichkeit und Qualität.
Trumpf GmbH + Co. KG
Johann-Maus-Straße 2
71254 Ditzingen
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