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Thomas Hähn: Auf dem Weg zum Service-Robotik-Champion

Automations-Urgestein treibt dritte Generation der Robotik voran
Thomas Hähn: Mit der United Robotics Group auf dem Weg zum Service-Robotik-Champion

Die Hahn Group hat er vom Garagen-Unternehmen zum global tätigen Automationsspezialisten geführt. Nun stellt sich Thomas Hähn der nächsten spannenden Aufgabe: Mit der United Robotics Group will er unter dem Schlagwort „Cobiotx“ weltweiter Service-Robotik-Champion werden.

Autor: Armin Barnitzke

Thomas Hähn hat eine Vision: „Wir wollen die Robotik mit der Service-Robotik aus den Fertigungshallen hinaus in den öffentlichen Raum tragen.“ Denn mit der Service-Robotik entstehe die dritte Generation an Robotern: „Die Industrieroboter der ersten Generation arbeiten für Maschinen. Die Cobots der zweiten Generation arbeiten mit dem Menschen zusammen. Und die die Service-Roboter der dritten Generation arbeiten nun für den Menschen.“

Die Service-Robotik werde daher ein geradezu „grenzenloser Markt, denn die Service-Robotik wächst exponentiell.“ Aber es geht Thomas Hähn dabei nicht nur ums Geld, sondern auch darum, den Menschen und der Gesellschaft zu helfen: „Wenn wir es mithilfe von Service-Robotern schaffen, dass pflegebedürftige Menschen ein paar Monate länger in ihrer eigenen Wohnung bleiben können, dann schenken wir diesen Menschen eine Menge Lebensqualität in ihrem vertrauten Umfeld.“

Ein freundlicher Cobot

Die Idee für den Einstieg in die Service Robotik kam Thomas Hähn vor einigen Jahren, als er mit der Hahn Group die Sawyer-Cobot-Technologie von Rethink Robotics aus Boston übernahm. Sein Gedanke damals: „So ein freundlicher Cobot mit Gesicht passt doch prima ins öffentliche Leben.“ Und so reifte in ihm der Gedanke, sich aus dem Tagesgeschäft der Hahn Group herauszuziehen und mit der United Robotics Group eine Service-Robotik-Gruppe aufzubauen. Mit einer Vision namens Cobiotx (siehe Kasten).

Wie das geht, weiß er ja aus seinen Erfahrungen mit der Hahn Group, die er zusammen mit seinen Freunden Frank Konrad und Marco Unverzagt von den Anfängen im elterlichen Traktorschuppen zum weltweiten Automations-Verbund führte, der nun jedes Jahr rund 1000 Roboter installiert. Einen Unterschied gibt es allerdings doch: Während das Startkapital für die Hahn Group 1992 von den Eltern kam („die haben für meine erste CNC Maschine eine Hypothek auf den Hof aufgenommen“), steht hinter der URG die Stiftung der Ruhrkohle AG (RAG), die seit einigen Jahren ohnehin Mehrheitseigentümerin der Hahn Group ist.

Cobiotx-Vision mit Leben füllen

Mithilfe der RAG-Stiftung hat sich Thomas Hähn auf die Suche nach weiteren Firmen gemacht, um seine Cobiotx-Vision in der URG mit Leben zu füllen. Fündig wurde er unter anderem beim Unternehmen Entrance Robotics aus Witten, das humanoide Robotik für Altenheime entwickelt. Mit Erfolg: „Demenzkranke fangen mit dem Roboter wieder an zu kommunizieren“, schwärmt Thomas Hähn vom Nutzen der Technologie.

Zum Einsatz kommen bei Entrance Robotics die bekannten humanoiden und interaktiven Roboter Pepper und Nao von Aldebaran aus Frankreich. „Darüber haben wir dann auch deren französischen Hersteller Aldebaran besser kennengelernt.“ Aldebaran hat Thomas Hähn schließlich im April 2022 mithilfe der RAG-Stiftung der japanischen Softbank Robotics Group abgekauft und mit in die United Robotics Group integriert – zumal auch andere URG-Unternehmen (beispielsweise der Softwarehersteller Humanizing Technologies) bereits seit einigen Jahren Partner von Aldebaran sind.

Aldebaran bringt viel Know-how

Für Thomas Hähn bringt die Aldebaran-Akquisition einen wichtigen Vorteil: „Dort arbeiten auch Nicht-Techniker wie Philosophen, Psychologen und Sound Designer, die alle untersuchen, wie der Roboter auf den Menschen wirkt. Und für die dritte Generation der Robotik brauchen wir jede Menge Wissen, das über unsere klassische Industrieexpertise wie Präzision und Verlässlichkeit hinausgeht.“ Durch die Akquisition von Aldebaran habe die United Robotics Group „den entscheidenden Schritt auf dem Weg zum europäischen Service-Robotik-Champion gemacht“, ist Thomas Hähn überzeugt.

Diese führende Position will er künftig neben organischem Wachstum auch mit weiteren Akquisitionen ausbauen. Aktuell besteht die United Robotics Group aus 8 Firmen mit zusammen 300 Mitarbeitern. Zur URG gehören neben dem Cobot-Pionier Rethink Robotics und dem französischen Humanoid-Roboter Hersteller Aldebaran auch Software-Spezialisten wie Humanizing sowie Integratoren für bestimmte Anwendungen. Deren Spannbreite reicht von Entrance Robotics (mit seinen interaktiven Care-Robotern) über RobSolutions (Cobots und mobile Roboter für Life-Science-Anwendungen) bis zu Dahl Robotics (Logistik, Mobilrobotik, Cobot-Palettieren). Hinzu kommen Business-Service-Anbieter wie der Robotervermieter RobShare.

Sechs Anwendungsfelder im Fokus

Mit diesem Portfolio will die URG vor allem in sechs Anwendungsfeldern punkten. Dazu gehören industrienahe Bereiche wie Intralogistik & Warentransport oder Inspektion & Wartung ebenso wie die Laborautomation in der Life-Science-Industrie, die die URG mit dem Partner Siemens Healthineers vorantreibt. Siemens ist übrigens auch bei der Entwicklung eines Sawyer-Nachfolger-Cobots strategischer Partner von Rethink Robotics.

Hinzu kommen Segmente wie Bildung & Education, Bewirtung & Catering oder Gesundheit & Pflege. Eine wichtige Rolle spielen bei vielen dieser Anwendungen mobile Roboter wie der neue sprachgesteuerte Mobilroboter Plato von Aldebaran. „Künftig kann sich der Kellner um die Beratung der Restaurant-Gäste kümmern. Das Anliefern von Essen und Getränken übernimmt dann Plato, der erste europäische Gastro-Roboter“, freut sich Thomas Hähn: „Und dem mobilen Roboter muss man dann einfach nur sagen: Plato, bring Essen und Getränke an Tisch 15.“

Langfristiges Denken

Alles in allem also ein recht breites Feld an Anwendungen, die sich Thomas Hähn mit der URG vorgenommen hat. Einige Felder wie beispielsweise die Intralogistik mit dem Mobilroboter-basierten Warentransport dürften der Robotik sicher näher stehen als andere Bereiche wie etwa die Pflege, wo der Robotereinsatz noch am Anfang steht.

Das stört Thomas Hähn aber nicht, denn er macht sich nun auf die Suche nach weiteren Partnern und ersten Use Cases, um den Markt der Service-Robotik Stück für Stück zu entwickeln. „Unser Investor denkt langfristig. Daher können wir einigermaßen druckfrei agieren.“ Dennoch will er die Service-Robotik nicht im Elfenbeinturm , sondern kundenorientiert voranbringen. „Zu viele Start-ups denken, dass sie etwas Gutes für die Welt tun, und haben die Welt gar nicht gefragt.“

Bochum als Gravitationspunkt

Gravitationspunkt aller Aktivitäten der United Robotics Group soll künftig das neue Headquarter in Bochum werden, das die URG in Kürze im ehemaligen Bochumer Opel-Werk bezieht. Die RAG-Stiftung hatte sich dort rund 25 500 Quadratmeter gesichert, die United Robotics Group selbst weitere 20 000 Quadratmeter.

Mit diesem Kauf von 45 000 Quadratmetern Gewerbefläche auf dem ehemaligen Opel-Gelände stellt die United Robotics Group die Weichen für eine mittel- bis langfristige Expansion. Im ersten Schritt will Thomas Hähn einen Bau mit 10 000 Quadratmetern errichten – dort sollen künftig noch mehr Roboter entstehen: „Wir wollen dort Rethinks Cobots ebenso bauen wie die Plato-Mobilroboter von Aldebaran.“

Transformation des Ruhrgebiets

Letztlich soll die United Robotics Group mit ihren Aktivitäten also nicht nur die Robotik selbst transformieren, sondern auch die Transformation des Stahl- und Kohle-Industriestandorts Ruhrgebiet in Richtung Hightech vorantreiben. Das ist ganz im Sinne der RAG-Stiftung, die 2007 gegründet wurde, um die Abwicklung des deutschen Steinkohlebergbaus zu bewältigen. Zu ihren Aufgaben gehört neben der Finanzierung der Ewigkeitsaufgaben aus dem deutschen Steinkohlebergbau (wie Grubenwasserhaltung und Grundwasserreinigung) auch die Förderung von Bildung, Wissenschaft und Kultur in den ehemaligen Bergbauregionen.

Bernd Tönjes, Vorstandsvorsitzender der RAG-Stiftung: „In Bochum entstehen Lösungen für die Zukunft: Roboter, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz Menschen schwere oder lästige Arbeiten abnehmen und dabei helfen können, Personalengpässe auszugleichen. Wir als RAG-Stiftung sind von der Zukunft der Robotik überzeugt. Deshalb wird diese Technologie mit unserer Unterstützung künftig auch im Ruhrgebiet entwickelt.“

Und wenn Thomas Hähn dabei so erfolgreich ist wie mit der Hahn Group, dann wird Bochum künftig als Hauptstadt der Service-Robotik genauso bekannt sein wie heute das dänische Odense als Cobot-Mekka. Die passenden Visionen dazu hat Thomas Hähn jedenfalls.

United Robotics Group GmbH

https://www.unitedrobotics.group/


Was ist Cobiotx?

Um seine Vision der menschenfreundlichen Service-Robotik auf den Punkt zu bringen, nutzt Thomas Hähn gerne den Slogan „Cobiotx“. Das ist eine Wortschöpfung aus den Begriffen Collaboration/Cobot mit Bio (also Leben und Mensch) sowie Bot (für Automation). „Und das X steht für Diversität, denn die Anwendungen in der Servicerobotik sind vielfältig“, so Thomas Hähn.


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