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B&R „Proprietäre Systeme haben im IoT keine Zukunft“

Im Interview: Florian Schneeberger, Chief Technology Officer, B&R Industrial Automation GmbH
„Proprietäre Systeme haben im IoT keine Zukunft“

„Proprietäre Systeme haben im IoT keine Zukunft“
Florian Schneeberger, CTO bei B&R: Bild: B&R
Welche Rolle Themen wie Software und IT sowie KI und Machine Learning für B&R spielen und warum der Trend in der Automation stark in Richtung Standardisierung und Interoperabilität geht , erläutert Florian Schneeberger, Chief Technology Officer bei B&R.

Interview: Michael Corban, Chefredakteur KEM Konstruktion

Sie sind seit Mai 2022 neuer CTO bei B&R. Als Ingenieur bringen Sie auch jede Menge IT-Know-how mit. Welche Bedeutung haben die Themen Software und IT für B&R ?

Schneeberger: Software nimmt inzwischen einen wichtigen Stellenwert ein – ein gutes Beispiel ist die adaptive Fertigung. Hier investieren wir viel in Mechatronik und Robotik, gleichzeitig ist der Softwareanteil sehr hoch. Zudem steigt der Grad der Durchgängigkeit aus der Maschinensteuerung heraus bis hinein in Cloud-Infrastrukturen – die Integration von IT und OT, auch hier wird Software immer wichtiger. Deswegen investieren wir, um leistungsfähige IoT-Lösungen für das Internet of Things bereitzustellen.

Warum?

Schneeberger: Darauf aufbauend können unsere Kunden sehr einfach Plattformangebote rund um ihre Maschinen aufbauen – und so ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Unsere Expertise dabei ist, die relevanten Daten zu generieren und in IoT-Apps zusammenzuführen – sei es auf der Steuerung an der Maschine oder in der Cloud. Dabei verarbeiten wir auch proprietäre Datenprotokolle, stellen alle Daten aber anschließend über Standard-Protokolle wie OPC UA bereit. Mit anderen Worten: Wir sehen uns hier als Datenprovider.

Wie wichtig sind Standards im IoT?

Schneeberger: Im Umfeld IoT und Cloud haben proprietäre Systeme keine Zukunft, viel wichtiger sind Interoperabilität und Standardisierung. Das sind aus meiner Sicht zentrale Themen der Industrie. Gerade die adaptive Fertigung profitiert davon – sie muss Systeme mehrerer Anbieter miteinander verbinden können. Deswegen fokussieren wir uns bei B&R auf die Daten, auf die Edge – nicht auf die Plattform-Infrastruktur, die darüber liegt. Wichtig sind uns zudem Applikationen für unsere Mechatroniksysteme, die möglichst standardisiert auf der Edge oder in der Cloud laufen – was wiederum die Wichtigkeit des Themas Software betont.

Können Sie dazu ein Beispiel nennen?

Schneeberger: Nehmen Sie unser Transportsystem Acopostrak. Hier wollen wir unseren Kunden Applikationen für die vorausschauende Wartung, also Predictive Maintenance anbieten, mit denen sich die Abnutzung der Rollen erfassen und per Machine Learning bewerten lässt. Warum? Weil damit die Zuverlässigkeit unserer Systeme sichergestellt ist und ein unerwarteter Produktionsstopp vermieden werden kann. Solche Apps zu erstellen, erfordert spezifisches Know-how – in diesem Fall des Acopostrak. Und das haben wir.

Wie funktioniert das?

Schneeberger: Konkret führen wir dazu Einsatzdaten unserer Acopostrak-Systeme in der Cloud zusammen und können basierend darauf einen Algorithmus entwickeln, mit dem sich der Zustand der Anlage vor Ort sehr genau voraussagen lässt – oder anders formuliert: der beste Zeitpunkt für eine Wartung definieren lässt. Diesen Algorithmus stellen wir dann unseren Kunden über eine App, die in der Maschinensteuerung laufen kann, zur Verfügung.

Welche weiteren Anwendungen haben Sie neben Predictive Maintenance im Fokus?

Schneeberger: In Verbindung mit der Bildverarbeitung mit unseren Kameras arbeiten wir zum Beispiel an der Anomalie-Detektion beziehungsweise ganz allgemein an der Analyse und Nutzung der Bilddaten. Auch das ist übrigens ein Bereich, in dem die App am besten in der Kamera läuft. Andernfalls große Datenmengen über das Netzwerk zu streamen wäre sehr ineffizient – besser läuft die Bilddaten-Analyse direkt auf der Kamera.

Apropos Datenanalyse: Welche Rolle spielen maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz (KI) für B&R?

Schneeberger: Machine Learning ist ja ein Teilbereich der KI und unterscheidet sich von generativer KI wie ChatGPT. Machine Learning nutzt einen sehr großen definierten Datensatz, um basierend darauf eine Wahrscheinlichkeit zu berechnen. Künstliche Intelligenz ist dagegen breiter aufgestellt und kann eigenständig Schlüsse ziehen. KI wird sicher zukünftig im Bereich Softwaregenerierung eine signifikante Rolle spielen. Insbesondere wenn wir der Maschine semantische Anweisungen geben wollen – im Sinne von ‚Mache bitte dies und dann das‘. Umso wichtiger wird bei dieser automatischen Codegenerierung übrigens das Simulieren und Testen. Vorstellbar ist, dass der KI-generierte Code über die Simulation mit dem digitalen Zwilling von einer KI weiter optimiert wird – das ist sehr spannend und wird auch sehr schnell kommen. Konkret arbeiten wir im Moment aber vor allem an Machine-Learning-Applikationen.

Kann KI also helfen, den Fachkräftemangel bei Programmierern und Softwareentwicklern zu lindern?

Schneeberger: KI wird keine Softwareentwickler ersetzen können – am Ende muss immer jemand mit Verstand das Ergebnis strukturieren und kontrollieren können. Es wird eher darum gehen, die Programmierung der Systeme zu vereinfachen und die Bedienung in Beziehung zum Kontext zu setzen. KI kann hierbei eine Hilfestellung geben. Dem Fachkräftemangel lässt sich allerdings schon heute sehr wirksam begegnen, wenn ich insbesondere sich wiederholende Tätigkeiten vermeide.

Und zwar wie?

Schneeberger: Mit unserer mapp Technology. Sie erleichtert über einfach zu bedienende Apps das Erstellen der Maschinen- und Anlagensoftware. Statt Zeile für Zeile zu programmieren, parametriert der Entwickler lediglich die bereits fertigen mapp-Bausteine – und kann sich auf diese Weise auf sein Kern-Know-how konzentrieren. Was übrigens auch wieder bedeutet: Unsere Kunden brauchen besser strukturierte APIs und Interfaces, um eine Vielzahl von Anwendungsfällen abdecken zu können. Damit kommt man immer wieder zurück auf die Standardisierung anstelle proprietärer Systeme.

B&R Industrial Automation GmbH

www.br-automation.com


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