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Timo Schuler ist Software-Ingenieur und seit gut zwei Jahren bei einem kleineren Sondermaschinenbauer auf der schwäbischen Alb für die digitale Geschäftsmodelle zuständig. Er ist mit seinen Digital-Themen zwar bei drei Kollegen aus dem Kundenservice angedockt, doch letztlich ist er ein Einzelkämpfer: „Eigentlich hängen die Themen digitale Geschäftsmodelle und Produktentwicklung komplett bei mir. Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt immer noch auf der Hardware.“.
Für Klaas Nebuhr, der bei Lenze das Digitalgeschäft verantwortet, ist Schuler das Paradebeispiel für die Herausforderung vieler kleiner und mittelständischer Maschinenbauer. „Es fehlt nicht an Ideen, sondern an Expertinnen und Experten, Prozessen und Lösungen, die wirtschaftlich sinnvoll und einfach zu adaptieren sind.“ Dass der schwäbische Maschinenbauer einen Software-Ingenieur wie Schuler gefunden und eingestellt hat „ist für einen kleinen Maschinenbauer wie ein Sechser im Lotto“, berichtet Nebuhr.
Applikationen adaptieren
Da sich die vielen kleinen und mittleren Maschinenbauer in den großen Ökosystemen und auf den Plattformen der Automatisierungsgiganten oft nicht wiederfinden, entstand bei Lenze eine Idee: „Die Maschine steht bei vielen im Mittelpunkt des Geschäftsmodells, deshalb wollen wir die Kerngeschäftsprozesse um die Maschine herum mit digitalen Geschäftsmodellen und Services unterstützen. Dafür bieten wir den OEMs eine Asset-Platform as a Service, kurz PaaS, an“, sagt Nebuhr.
Noch eine Plattform? „Ja, aber eine, die offen ist für Erweiterungen, Anpassungen und Integration. Und das natürlich DSGVO-konform“, verspricht Nebuhr. Er versteht sich mit seinem auf Microsoft Azure laufenden PaaS-Angebot als Enabler für die KMUs. Lenze liefert nicht nur die Komponenten, sondern auch die Sicherheit, die Infrastruktur und erste Applikationen auch von Partnerunternehmen. Diese Applikationen könne der Kunden für seinen Maschinenkäufer individualisieren und mit eigenen Funktionen und Designs rebranden.
OEE-Berechnung im Fokus
Lenze gehe mit dem Kunden den ersten Schritt hin zu digitalen Services. Nebuhr: „Wir nehmen ihn an die Hand, weil wir dank unseres Asset Managements wissen, was für ihn und seine Kunden Sinn machen könnte. Wir sitzen mit unseren Komponenten direkt in der Maschine und kennen die Anwendungen sehr gut.“
Für Nebuhr geht es um das Gesamtpaket – analog zur Formel 1: „Der beste Fahrer reicht nicht, wenn das Auto und die Boxencrew nicht zusammenpassen. Die OEE (Overall Equipment Effectiveness) beispielsweise können auch Wettbewerber ausrechnen. Es geht um die Entwicklung von digitalen Produkten für die kleinen und mittelgroßen Maschinenbauer.“
Startpunkt ist die OEE & Downtime Tracking-Applikation. Denn: Die OEE ist in vielen Unternehmen immer noch das Sorgenkind: Es mangelt an Daten, zudem fehlt die Transparenz. Das OEE & Downtime Tracking sorgt für mehr Transparenz im Produktionsprozess – und das ohne zusätzliche Hardware oder Sensoren. Die Lenze-PLC berechnet die OEE. „Wir arbeiten an einer Lösung, die auch andere PLCs berücksichtigt. Die OEE-Lösung ist für uns und unsere Kunden der erste Schritt“, so Nebuhr.
Keine Raketenwissenschaft
Die Ergebnisse werden dem Kunden auf vorkonfigurierte Dashbords visualisiert. Das Downtime Tracking ist eine Ergänzung zur OEE-Lösung. Die OEE-Faktoren “Verfügbarkeit” und “Performance” werden im Detail betrachtet, dabei sowohl maschinelle Stillstandszeiten ausgewertet als auch organisatorische Stillstände, etwa wenn die Maschine manuell angehalten wird.
Lenze setzt bei der Kommunikation auf OPC UA und MQTT. Der Datenfluss von der Steuerung bis in die Cloud ist sichergestellt, auch ohne Cloud-Anbindung können Live-Daten für mehr Transparenz und Motivation der Belegschaft in Echtzeit geschickt werden. „Lokal schaffen wir einen Drei-Schicht-Vergleich und in unserer Cloud können historische Daten über bis zu sieben Jahren lang analysiert werden“, erklärt Nebuhr stolz.
Für den Maschinenbauer ist die OEE-Applikation ein einfacher Weg, um Maschinenleistung und -verfügbarkeit entsprechend den Bedürfnissen der Endkunden darzustellen. Dazu Nebuhr: „OEE ist keine Raketenwissenschaft, der Clou liegt in der Bereitstellung und Distribution der Applikation, der nahtlosen Integration in die Hardware und der Idee, ein PaaS-Konzept aufzusetzen und dieses stetig weiterzuentwickeln.“ Der Endkunde kann seine Produktion dank der Daten erhöhen oder stabilisieren. Das OEE & Downtime Tracking ist damit auch ein Weg, um Produktionsoptimierungen auf Basis von Daten durchzuführen.
Und Schulers Rolle? Er reicht die OEE-Applikation an seinen Kunden weiter, um gemeinsam in Zukunft die Maschine zu verbessern und darauf aufsetzend vielleicht sogar eigene Softwarebausteine zu entwickeln. „Wir wollen keinen Lenze Lock-In“, unterstreicht Nebuhr – auch andere Unternehmen sind willkommen.
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