Wartungstechniker hatten bislang nur zwei Alternativen: Entweder sie tauschen Teile erst aus, wenn die Maschine bereits stillsteht (reaktiv), oder sie ersetzen noch funktionsfähige Teile vorsorglich in bestimmten Zeitintervallen (präventiv). Dank Digitalisierung gibt es aber nun eine effizientere Alternative: die vorausschauenden Wartung. Diese basiert auf Sensordaten, die erfasst und ausgewertet werden und dabei Rückschlüsse auf die tatsächliche Alterung des Teils zulassen.
Das ist auch bei Verbindungssystemen wie Leitungen oder Steckverbindern möglich. Zwar halten Leitungen üblicherweise viele Jahre, aber bei anspruchsvollen Bewegungen mit hohen Geschwindigkeiten und starker Torsion ist es vorteilhaft, die Verbindungssysteme zu überwachen, um unvorhergesehene Stillstände zu vermeiden.
Lapp bietet dafür mit Etherline Guard ein stationäres Überwachungsgerät, das die aktuelle Leistungsfähigkeit einer Datenleitung auswertet und in Prozent angibt. Grundlage dafür sind Daten, die via Sensorik aus den physikalischen Eigenschaften der Datenübertragung ermittelt werden. Dafür wird die kompakte Etherline Guard Box (sie ist nur etwas größer als eine Streichholzschachtel) zwischen die kritische Anwendung und die Steuerungsseite gesteckt.
Für Leitungen im Stress
Etherline Guard eignet sich besonders für Datenleitungen, die ständig Stress ausgesetzt sind: Bewegungen mit hohen Geschwindigkeiten und Beschleunigungen, wechselnde Bewegungsabläufe, Rotationen mit axial sehr hohen Verdrehungswinkeln, schnelle Taktzeiten und kleine Biegeradien. Der Leitungswächter schlägt Alarm, wenn die Übertragungseigenschaften der Leitung nachlassen und ein Ausfall drohen könnte. Die Alarmauslöseschwelle ist werkseitig auf 80 Prozent eingestellt, kann aber individuell zwischen 99 Prozent und 21 Prozent angepasst werden, um den optimalen Austauschzeitpunkt zu planen.
Die Inbetriebnahme von Etherline Guard ist einfach. Sie erfolgt mit einer selbstlernenden Parametrisierung in wenigen Minuten. Weiterer Vorteil: Für die Anwendung werden keine fabrikneuen Datenleitungen benötigt. Der Etherline Guard ist als eine kabelgebundene Variante PM03T und als eine WiFi-Variante PM02TWA erhältlich.
Erkenntnisse aus Pilotprojekten
Einen ersten Prototypen des Etherline Guards hatte Lapp in seinem Futurelab auf der Hannover Messe 2019 vorgestellt. Bereits 2020 kam Etherline Guard bei drei Pilotkunden aus den Branchen Medizintechnik, Automotive und Intralogistik sowie im Dienstleistungs- und Logistikzentrum von Lapp in Ludwigsburg zum Einsatz.
Im Zuge der Pilotprojekte konnte das Entwicklerteam von Lapp wichtige neue Erkenntnisse gewinnen. Besonders spannend waren die Ergebnisse in Bezug auf den Alterungsprozess von Ethernet-Leitungen. Im Gegensatz zur allgemeinen Meinung, dass ein Drahtbruch im Kupferleiter das Ende der Lebensdauer einer dynamisch bewegten Datenleitung verursacht, zeigte sich, dass meist die Abnutzung und Veränderung in der Isolationsschicht schuld an der Verschlechterung der Übertragungseigenschaften von Leitungen ist. Der Grund: Die Ausbreitungsgeschwindigkeit elektromagnetischer Wellen wird nicht durch das Kupfer, sondern hauptsächlich durch die Isolation bestimmt.
Aber auch in Bezug auf das Kundenverhalten konnte Lapp wichtige Erkenntnisse gewinnen: Viele Maschinenbauer sind seitens des Einsatzes eines IIoT-fähigen Gerätes mit Funkverbindung eher zurückhaltend und bevorzugen eine verdrahtete Lösung. Gleichzeitig war den Kunden die einfache Bedienung bei parallel komplexer Funktionalität besonders wichtig: Das Überwachungsgerät sollte intuitiv funktionieren, aber möglichst klein und preisgünstig sein.
U.I. Lapp GmbH
Schulze-Delitzsch-Straße 25
70565 Stuttgart
Technische Details
Lapp empfiehlt Etherline Guard vor allem für Datenleitungen gemäß Übertragungsstandard 100BASE-TX (bis zu 100 Mbit/s) nach IEEE 802.3, aber auch für EtherCAT-, EtherNET/IP- und 2-paarige Profinet-Anwendungen. Diese Leitungen werden in vielen Branchen in den letzten Metern beziehungsweise auf der Prozessebene einer Anwendung eingesetzt und sind somit häufig Teil von Schleppketten oder torsionsbehafteten Kabelführungen, wie sie in Roboter vorkommen.
Etherline Guard ist für die Hutschienenmontage vorbereitet und mit der Schutzart IP 20 für den Montageort Schaltschrank vorgesehen. Das Gerät ist für einen Temperaturbereich von –40 °C bis +75 °C vorgesehen und vibrations- und schockfest. Über eine Datenleitung oder via WiFi können die Wartungsdaten an eine übergeordnete Steuerung übertragen werden.
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