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Adaptive Fertigung rückt in den Fokus des Maschinenbaus

Interview: Nikolai Feurer, Industry Segment Manager Packaging, B&R
B&R: „Von der adaptiven Maschine zur adaptiven Fertigung“

Warum sich das Konzept der adaptiven Maschine zur adaptiven Fertigung weiterentwickelt hat und welche Rolle Roboter und flexible Transportsysteme dabei spielen, verrät B&R-Experte Nikolai Feurer.

Interview: Michael Corban, Chefredakteur KEM Konstruktion

Hat sich das vor zwei Jahren vorgestellte Konzept der adaptiven Maschine bewährt?

Feurer: Definitiv – dieser Ansatz trägt und wir stellen fest, dass die Anforderungen steigen. Es gilt, immer kleinere Losgrößen mit mehr Flexibilität zu verbinden, um damit die Individualisierung von Produkten zu ermöglichen. Sind Anlagen in der Produktion hochgradig anpassungsfähig und können sie unterschiedliche Produktgrößen und Varianten bearbeiten, ist das ein klarer Vorteil für den Anwender. Vor allem dann, wenn er ‚on the fly‘ auf andere Formate wechseln kann. Je individueller ein Produkt ist, desto mehr fallen diese Umrüstzeiten ins Gewicht.

Und was hat sich technologisch verändert?

Feurer: Im Kern vor allem, dass wir von der adaptiven Maschine mehr und mehr zur adaptiven Fertigung übergehen – und damit den Fokus über die Maschine hinaus auf den gesamten Fertigungsprozess legen. Konkret betrachten wir hier also komplette Fertigungslinien. Hier können wir auch auf neue Technologien zurückgreifen, wie unser Transportsystem Acopos 6D, das den freien Transport in der Fläche ermöglicht. Auch bewährte Tracksysteme, wie unser Acopostrak, mit dem sich Produktströme über die elektronische Weiche sehr leicht vereinzeln und wieder zusammenführen lassen, bieten hier eine Menge Potenzial.

Warum sind flexible Transportsysteme so wichtig?

Feurer: Eine wichtige Rolle spielt letztlich immer der Footprint der Maschinen und Fertigungslinien. Der große Vorteil unserer Tracksysteme ist, dass sie den früher notwendigen starren Transport mit Werkstückträgersystemen aufbrechen und flexibler machen. Damit lassen sich nicht nur einzelne Produkte aus- und wiedereinschleusen, auch verschieden lange Prozesszeiten können so sinnvoll genutzt werden. Dauert ein Prozess etwa doppelt so lang wie ein anderer, können an dieser Stelle zwei Stationen parallel aufgebaut werden. Die einzelnen Shuttles laufen dann entweder auf Linie A oder B, werden anschließend aber wieder zusammengeführt. Der Gesamtaufbau wird damit wesentlich kompakter. Der Flexibilität solcher Transportsysteme sind kaum Grenzen gesetzt.

Gilt das auch für Be- und Entladevorgänge?

Feurer: An dieser Stelle kommt natürlich die Robotik mit ins Spiel. Roboter können sowohl in der Prozessstation als auch zwischen den Stationen einer Fertigungslinie viele Aufgaben sehr flexibel übernehmen. Die Einbindung der Robotik in unsere Steuerungswelt erleichtert den Einsatz deutlich. Gleichzeitig erhöht dies genauso wie die Tracksysteme die Zukunftssicherheit, da sich solche flexibel geplanten Anlagen bei Bedarf einfach erweitern und skalieren lassen. Der Schlüssel zu einer adaptiven Fertigungslinie ist die Kombination von flexiblen Transportsystemen und der Robotik.

Können Sie ein Beispiel für eine konkrete Umsetzung der adaptiven Maschine beziehungsweise Fertigungslinie geben?

Feurer: Ja. Ein sehr beeindruckendes Beispiel liefert etwa Unilogo Robotics aus dem polnischen Piaseczno. Unter dem Namen Cleanline bietet das Unternehmen eine innovative, robotergestützte Sortier-, Füll-, Verschließ- und Etikettierlinie für flüssige Produkte an – und setzt dabei auf die Kombination unseres Acopostrak mit Robotern unseres Mutterkonzerns ABB. Ziel der Entwicklung war, mittels softwaregesteuerter automatischer Formatumstellung eine Vielzahl verschiedener Flaschenformate handhaben zu können. Die Anlage ist also so konzipiert, dass man pro Schicht mehrfach die Produkte wechseln kann – bei möglichst einfacher Bedienung.

Wie funktioniert das?

Feurer: Realisieren ließ sich diese Formatflexibilität unter anderem dadurch, dass jeweils zwei Acopostrak-Shuttles zusammen eine Flasche greifen. Auf diese Weise muss nur der Abstand zwischen den beiden Shuttles verändert werden, um eine größere oder kleinere Flasche greifen zu können. Das lässt sich via Software leicht umsetzen. Entsprechendes gilt für das Aufschrauben des Deckels und das Etikettieren. Das alles ermöglicht aber gleichzeitig auch einen reibungslosen und stabilen Produktionsprozess, denn am Ende geht es ja um Geschwindigkeit und Output.

Welche Rolle können KI und maschinelles Lernen für adaptive Maschinen und adaptive Fertigungen spielen?

Feurer: Das ist einerseits natürlich ein Thema im Zusammenhang mit unseren Edge-Controllern, die Daten nicht nur sammeln, sondern auch zielgerichtet für die Weiterverarbeitung in der Cloud aufbereiten können. Andererseits ist das dann genau die Stelle, an der OT und IT zusammenfinden. Mit dem enhanced cross-over Operating System, kurz exOS, ermöglicht B&R hier gezielt die Verbindung seiner Steuerungssysteme mit Linux-Open-Source-Software – und das wiederum erschließt dann Machine-Learning- und KI-Anwendungen.

Inwiefern?

Feurer: exOS befähigt Steuerungssysteme, moderne höhere Programmiersprachen zu verstehen und bietet Maschinenbauern dadurch einen völlig neuen Ansatz für komplexe hybride Maschinenlösungen. Das war zuvor ein nicht einfach zu lösendes Problem, da sich die OT-Experten vor allem mit dem Entwurf von Maschinen, der SPS-Programmierung und Inbetriebnahme auskennen, die IT-Experten dagegen mit höheren Programmiersprachen und Konzepten wie C++, Python und JavaScript. Zwischen beiden Welten können wir über exOS nun auch eine Echtzeit-Kommunikation aufbauen. Kurzum Die Verbindung von OT und IT ist gerade mit Blick auf die adaptive Fertigung ein zentrales Thema, das nicht nur den Einsatz von Machine Learning und KI erleichtern kann – und exOS bringt uns einen erheblichen Schritt nach vorn.

B&R Industrie-Elektronik GmbH
www.br-automation.com


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