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Bosch: Datenanalyse in der Praxis

Interview: Deniz Ercan, Leiter Nexeed Data Analytics, Bosch
Bosch: „Daten und menschliches Wissen spielen zusammen“

Bosch: „Daten und menschliches Wissen spielen zusammen“
Als Leiter Nexeed Data Analytics bei Bosch Connected Industry gewinnt Deniz Ercan bei Kunden in der Praxis oft überraschende Erkenntnisse. Bild: Bosch
Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts – doch wie generiert man aus den riesigen Datenmengen der Produktion echten Mehrwert? Deniz Ercan, Leiter Nexeed Data Analytics bei Bosch Connected Industry, hat ein paar durchaus überraschende Antworten parat.

Wie kann man die Produktionsdaten nutzen, um Effizienz und Transparenz zu steigern?

Ercan: Der erste Schritt liegt in der Gewinnung von Prozess- und Produktionsdaten, damit eine Basis für Auswertungen vorliegt. Doch Daten allein reichen nicht aus. Sie müssen auch sinnvoll aufbereitet und weiterverwertet werden. Je nach Maschinentyp und -alter liegen sie häufig in unterschiedlichsten Strukturen und Formaten vor. Entsprechend sind die Sammlung und Vereinheitlichung oftmals der schwierigste und langwierigste Schritt. Erst danach kann die eigentliche Analyse beginnen – und manchmal auch recht überraschende Erkenntnisse zutage fördern.

Was wären beispielsweise solche überraschenden Erkenntnisse?

Ercan: Ein konkreter Fall. Bei einem Hersteller von Partikelsensoren schwankte die Qualität einer bestimmten Sensorschicht stark. Trotz intensiver Ursachenforschung kam man der Sache aber nicht auf den Grund. Da kamen unsere Datenanalyse- Experten ins Spiel. Indem sie alle verfügbaren Daten – also auch die, die nur indirekt mit dem eigentlichen Problem zu tun hatten – miteinander verglichen, fanden sie heraus, dass eine ganz andere Sensorschicht für die Qualitätsunterschiede verantwortlich zu sein schien. Das war für unseren Kunden schon überraschend genug. Doch wir konnten zusätzlich noch ein bis dato unbekanntes Problem mit Pseudo-Ausschuss identifizieren.

Nämlich?

Ercan: Aufgrund eines Fehlers in der Maschinensteuerung wurden qualitativ einwandfreie Teile als Ausschuss klassifiziert. Einmal bekannt, konnte der Fehler umgehend von den Mitarbeitern behoben werden. Allein das brachte dem Kunden Einsparungen von rund 1000 Euro am Tag ein – und die Kosten für die Analyse waren innerhalb einer einzigen Woche amortisiert.

Wie läuft so eine Analyse genau ab?

Ercan: In der Regel kommen Kunden mit recht spezifischen Herausforderungen auf uns zu. Als erstes führen wir eine genaue Begehung der Fertigung und Gespräche mit den verantwortlichen Mitarbeitern und Prozessexperten durch – denn ohne ein tiefes Verständnis für die Produktion bringt einem die beste Datenausgangslage nichts.

Können Sie das anhand eines Beispiels verdeutlichen?

Ercan: Im Fall eines Spezialdrahtherstellers ging es um die Steigerung der Produktqualität. Dafür mussten wir alle 60 Prozessschritte der Drahtherstellung analysieren – und verstehen. Bei so vielen Prozessschritten in einem so komplexen Prozess können Tausende verschiedene Parameter die Qualität des Endprodukts beeinflussen. Erst dann ermittelten wir mit intelligenten Algorithmen die tiefgreifenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge aus den unterschiedlichen Datenquellen.

Welche Erkenntnisse brachte die Analyse?

Ercan: Nach Abschluss des Projektes konnten wir eine Steigerung der vorgegebenen Qualitätskennzahl um bis zu 40 Prozent verzeichnen. Die Analyse ergab, dass die unterschiedliche Liegezeit der zwischenbehandelten Pulverchargen für die Qualitätsschwankungen verantwortlich war. Die Krux dabei: Initial lag diese Liegezeit gar nicht als eigenständige Information vor. So konnte sie auch nicht analysiert werden. Sie wurde erst aus zwei Zeitstempeln generiert, nachdem die Datenexperten und Prozessverantwortlichen alle Produktionsschritte genau unter die Lupe nahmen. Das zeigt deutlich, wie wichtig eine enge Zusammenarbeit vor Ort ist.

Ein Datenanalyse-Spezialist alleine kann also nichts ausrichten?

Ercan: Genau. Ein Datenanalyse-Spezialist kann nicht einfach in die Produktion marschieren, Daten aus unterschiedlichen Quellen ziehen und seine Software für sich arbeiten lassen. Der Schlüssel liegt vielmehr im Zusammenspiel aus Daten und menschlichem Wissen. Und trotzdem muss der Datenexperte den menschlichen Faktor, also das Vorwissen, kurzzeitig bewusst ausklammern: Die Algorithmen werden auch mit scheinbar irrelevanten Daten gefüttert und fördern so ganz objektive Zusammenhänge zutage. Bei der Interpretation und den daraus resultierenden Maßnahmen steht dann wieder der Mensch im Vordergrund.

Wie geht es nach so einem Projekt weiter? Ist damit ihr Job erledigt?

Ercan: Tatsächlich gibt es punktuelle Probleme, die sich mit einer Einmal-Analyse beheben lassen. Doch gerade mit Blick auf die permanent steigenden Datenmengen zahlen sich langfristige, prozessbegleitende Analysen aus. Dabei werden Prozess- und Maschinendaten laufend analysiert und die Ergebnisse zurückgespielt. So wird Effizienzsteigerung zum Daily Business, ohne dass das betreffende Unternehmen selbst Experten oder komplizierte Software benötigt.

Bosch Connected Industry

www.bosch-connected-industry.com;

Hannover Messe Halle 17, Stand A40


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