ASA ist ja bekannt für seine Roboteranlagen, unter anderem für die Lebensmittelindustrie: Wie kamen Sie auf die Idee, eine Anlage fürs Vertical Farming zu entwickeln?
Krämer: Über die IHK Offenbach kamen wir mit diesem Thema erstmals in Kontakt. Nach intensiver Markt- und Potenzialanalyse haben wir uns um eine Lizenz vom Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME in Aachen bemüht. Denn wir finden das Thema nicht nur spannend, sondern sehen in dieser neuartigen Art der Agrarwirtschaft auch ganz klar einen großen Bedarf des Marktes.
Warum erwarten Sie einen steigenden Bedarf fürs Vertical Farming?
Krämer: Ob Salat, Kräuter, Microgreens oder Sprossen – Menschen wollen ihre tägliche Ration an gesunden, frischen, pflanzlichen Nahrungsmitteln. Besonders in den Städten herrscht ein hoher Bedarf an konstanter Verfügbarkeit und ebenso hohe Ansprüche an die Produktqualität: frisch, unbehandelt, nachhaltig und ressourcenschonend. Und gerade vertikale Farmen tragen zu einer kosteneffizienten und nachhaltigen Produktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln bei.
Warum ist das Vertical Farming so umweltfreundlich?
Krämer: Vertikale Farmen haben nur fünf Prozent des Wasserverbrauchs herkömmlicher Landwirtschaft und benötigen keine Pflanzenschutzmittel, weil Schädlinge und Krankheiten in den geschlossenen Systemen so gut wie nicht auftreten. Auch der Einsatz von Düngern kann erheblich reduziert werden. Und da vertikale Farmen in der Nähe von Ballungsgebieten erbaut werden, können zudem die Transportwege verkürzt werden.
Und wie unterscheidet sich das neue Konzept des Fraunhofer-Institutes zu bisherigen Methoden?
Krämer: Im Gegensatz zu bisherigen Indoor-Farming-Methoden bietet diese neue Vertical-Farming-Generation einige prozesstechnische Neuheiten. So kommt in dieser Vertical Farm ein integriertes, wellenförmiges Förderbandsystem zum Einsatz, das die Pflanzen fest fixiert und sie kontinuierlich im Raum neu ausrichtet, was das Blattwachstum beschleunigt. Die Bewässerung erfolgt in Form eines aeroponischen Bewässerungssystems, bei dem die in der Luft hängenden Pflanzenwurzeln über einen Sprühnebel gezielt mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden. Und eine modulare LED-Technik gewährleistet die optimale Belichtung der Pflanzen während der gesamten Kultivierungsdauer. Ein großer Vorteil liegt aber auch in der Vollautomatisierung und Skalierbarkeit des Anbauprozesses.
Inwiefern?
Krämer: Anzuchtbedingungen wie Licht oder Nährstoffe können flexibel für jede Pflanzenart eingestellt werden, wodurch sich sogar Geschmack und Inhaltsstoffe der Ernteprodukte positiv beeinflussen lassen. Der Anbau von mehr als 80 verschiedenen Pflanzen, darunter Salat, Kräuter und Erbsen, wurden in der patentierten Anlage bereits getestet. Im Vergleich zur Anzucht im Gewächshaus konnte vor allem bei diversen Salatsorten eine mindestens 15 % höhere Biomasse sowie eine schnellere Ernte erzielt werden. Nicht zuletzt: Aufgrund der Wetterunabhängigkeit sind sogar mehrere Ernten pro Jahr möglich.
Was waren die Herausforderungen in dem Projekt?
Krämer: Voraussetzung für eine ganzjährige Nahrungsmittelproduktion sind optimale Wachstumsbedingungen, eine hohe Produktionseffizienz sowie eine hohe Pflanzenqualität. Dazu müssen Lichtstärke, Luft- und Wassertemperaturen, pH-Werte, Feuchtigkeit, CO2-Einbringung und Leitwerte der Nährlösung automatisch gesteuert und individuell auf das jeweilige Produkt angepasst werden. Diese Herausforderungen können nur mit einem hervorragenden Engineering Team gemeistert werden. Und dieses Engineering Team muss nicht nur klassischen Anlagen- und Maschinenbau beherrschen, sondern auch ein grundlegendes Verständnis für die biologischen Zusammenhänge und Wechselwirkungen besitzen.
Wie konnte ASA hier von seinen Industrieerfahrungen profitieren?
Krämer: Als Sondermaschinenbauer mit über 35 Jahren Erfahrung profitieren wir natürlich von unserem umfassenden Know-how, wenn es um Neuentwicklungen von Technologien und Anlagen geht. Darüber hinaus ist ASA Automation im Food-Bereich stark vertreten, gerade bei leicht verderblichen und empfindlichen Lebensmitteln.
Kommen dabei auch Roboter zum Einsatz?
Krämer: Natürlich. Mit unserer Beispielanlage auf der Messe Agritechnica haben wir den kompletten Automationsprozess rund um das Vertical Farming gezeigt und dabei zusätzlich zwei kollaborative Roboter CRX-10iA von Fanuc eingesetzt. An der Einlaufseite der Anlage belädt ein CRX-Roboter die Anlage mit Stecklingen und setzt diese in die vorgefertigten Löcher auf dem Förderbandsystem ein. An der Auslaufseite der Anlage entlädt der zweite CRX-Roboter die fertig gewachsenen Pflanzen und führt sie der weiteren Verarbeitung zu.
ASA Automation GmbH
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