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Mit der interaktiven Robotik-Anwendung in den neuen Räumlichkeiten von Next Robotics in Mönchweiler können Gäste einen Kaffee per Smartphone bestellen und sich diesen vollautomatisiert per mobilem Serviceroboter zum gewünschten Ort liefern lassen. Realisiert hat das Projekt Johannes Benz, Bachelorand an der Hochschule Furtwangen, im Rahmen seiner praktischen Thesis im Bereich Informatik und Robotik. Ziel des Projekts war es, einen Anwendungsfall zu kreieren, der die Interaktion der Gäste mit den Robotern ermöglicht.
Das Thema der Thesis: „Entwicklung einer Softwarearchitektur in ROS2 als Schnittstelle zur Abwicklung von Bestellprozessen unter Einbindung kollaborativer Service-Roboter in der Gastronomie“.
Service-Robotik steht im Vordergrund
„Die Servicerobotik wird sich immer weiter ausbreiten und dort zum Einsatz kommen, wo das Essen schnell serviert und zubereitet werden muss. Ich denke auch, dass in Krankenhäusern oder in Bürogebäuden Service-Roboter eine immer größere Rolle spielen werden“, sagt Maja Temerinac-Ott, Professorin an der Hochschule Furtwangen.
Gerade in der Gastronomie werden die Fachkräfte ohnehin knapp. „Um den Fachkräftemangel zu bewältigen, kommen von Zeit zu Zeit auch Anfragen von Bäckereien und Gastronomiebetrieben bei uns an, die das Einsatzgebiet der Cobots erweitern“, berichtet Gregor Spieker, Head of Sales bei Universal Robots.
Kaffeemaschine mit Schnittstelle
Für WMF öffnet die digitale Schnittstelle der Kaffeemaschine neue Möglichkeiten: „Wir wollen damit nicht die klassische Gastronomie ersetzen, sondern Lösungen für aktuelle Herausforderungen in dieser Branche bieten und Lücken schließen. Die CM-Remote API entstand aus der Idee, die Automatisierung im Selbstbedienungsbereich auf ein neues Level zu bringen und Standorten mit hoher Frequenz und einem 24/7 Betrieb ohne dauerhaften Personaleinsatz gerecht zu werden“, berichtet Jochen Bauer, Head of Product Management Digital Solutions bei WMF.
Bestellung via Smartphone
Bei der Realisierung des Kaffee-Roboters bei Next Robotics lag der Fokus auf einer modularen und hardwareunabhängigen Grundarchitektur sowie einer intuitiven Bedienung durch die Gäste, sodass diese ohne ausführliche Anleitung das System nutzen können. Die webbasierte Bestelloberfläche lässt sich via Smartphone nutzen.
„Die Gäste bringen ihr Smartphone direkt selbst mit, damit sparen wir uns gleichzeitig die Anschaffungskosten für ein Self-Order-Terminal und vermeiden Wartezeiten“, begründet Johannes Benz die Konzeptentscheidung. Zudem ist es so möglich, parallele Bestellungen verschiedener Benutzer gleichzeitig zu registrieren. Die Bestellinformationen sind dabei auf ein Minimum reduziert: Nur das Wunschgetränk und der Zielort werden benötigt, um eine Bestellung abzuschicken.
„Ich hatte viel Gestaltungsspielraum, meine eigenen Ideen mit einfließen zu lassen“, beschreibt Johannes Benz die Anfänge des Projektes. Und weiter: „Ich musste Systemanforderungen identifizieren, priorisieren, eine Softwarearchitektur entwickeln, die Netzwerkinfrastruktur festlegen und das alles unter Berücksichtigung der Schnittstellenkompatibilität meiner Roboter sowie der weiteren Hardware.“
Mastereinheit nutzt ROS2
Eine eventgesteuerte Mastereinheit behält den Überblick über alle Bestellungen und koordiniert deren Bearbeitung mit Befehlen an die Roboter. Unter Verwendung des Robot Operating System (ROS2) läuft die gesamte Systemlogik unter Ubuntu auf dieser Raspberry-Pi-Recheneinheit. „Die größte Herausforderung des Projektes war die Vielzahl an Schnittstellen zwischen den einzelnen Komponenten“, berichtet Johannes Benz.
Dazu zählen die Library roslibjs, um die Brücke zwischen ROS2 und JavaScript herzustellen. Außerdem die von Universal Robots für deren Cobots angebotenen Schnittstellen Dashboard Server und XML-RPC. Plato lässt sich über HTTP Requests ansprechen und besitzt mehrere Schnittstellen für die Erteilung von Missionen und zur Statusabfrage. Die Kaffeemaschine WMF 1100S enthält einen integrierten Websocket-Server, über welchen verschiedene Funktionen ausgelöst und Systemzustände abgefragt werden können.
Dabei hat Johannes Benz Wert gelegt auf einen möglichst hohen Automatisierungsgrad des Gesamtsystems. Das beginnt mit dem automatischen Starten der notwendigen Software nach dem Bootvorgang der Recheneinheit und geht darüber hinaus auch auf die Vermeidung von Crashs ein.
Mit einer Kamera könnten die Position von Tassen und Plato zwar zuverlässig und flexibel ermittelt werden. Eine Integration dieser Technologien hätte allerdings den Rahmen dieser Bachelorarbeit gesprengt. Also musste ein alternativer Lösungsansatz her: Um eine gleichbleibende Tassenpositionierung und -orientierung zu gewährleisten, wurde ein passgenaues Tassen-Tray konstruiert und per 3D-Drucker gefertigt. Dadurch befinden sich die frischen Tassen immer an vordefinierten und gleichbleibenden Positionen.
Prüfen mit Kraftsensorik
Platos Abholposition kann bei mangelndem Platz durch erhöhtes Personenaufkommen leicht variieren. Um ein sicheres Abstellen des fertigen Getränkes auf Plato zu garantieren, wurde per Kraftsensorik auf einen Widerstand gegen Platos Tablett geprüft, ob sich dieser in der korrekten Position befindet. Für die Zeitoptimierung werden die Bearbeitungsschritte übrigens parallelisiert, um noch effizienter zu sein. Sobald Plato sich auf eine Mission begibt, wird direkt die Zubereitung des nächsten Kaffees gestartet.
Zusätzlich wurde eine für Administratoren zugängliche Webseite entwickelt. Darüber besteht die Möglichkeit, den Verbindungsstatus der einzelnen Schnittstellen und Logging einzusehen. Außerdem können dort auch Systemzustände per Buttons quittiert werden, um z.B. ein aufgefülltes Tassen Tray zurückzumelden oder Kaffeebohnen nachzufüllen.
Marcus Frei, CEO von Next Robotics, freut sich sehr über Cafebot: „Wir haben damit die Möglichkeit, den Gästen in unserem Haus aufzeigen zu können, wie verschiedene Roboter zusammen in Alltagssituationen eingesetzt werden können.“ Und sein Kollege Dennis Huber, Betreuer der Thesis, ergänzt: „Wir können neue Karten für unterschiedliche Events erstellen und diese gleichzeitig mit der webbasierten Bestelloberfläche synchronisieren, wodurch das System flexibel, auf eine sich ändernde Umgebung, anpassbar ist. Ich bin insgesamt sehr zufrieden mit dem Ergebnis, weil das System automatisiert hochgefahren wird, wodurch es auch ohne größere Vorbereitungen zum Einsatz kommen kann.“
Und die betreuende Professorin Maja Temerinac-Ott sagt abschließend: „Das Projekt hat eine sehr gute Softwarearchitektur für die Programmierung von Servicerobotern bereitgestellt und ermöglicht es somit, leicht andere Hersteller und Geräte zu integrieren. Besonders schön finde ich, dass am Ende des Projekts ein Demonstrator entstanden ist, der bei Next Robotics zum Einsatz kommt.“
NEXT robotics GmbH & Co. KG
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