„IDDA-Seal ist eine Revolution in der Automobilindustrie“, strahlt Olaf Leonhardt, Geschäftsführer beim Fügetechnik-Spezialisten Atlas Copco IAS in Bretten. Konkret geht es um Nahtabdichtung mit PVC-Material, das im Automobilbau für kosmetische Sichtnähte, Nahtabdichtungen oder den Unterbodenschutz verwendet wird. Das Material, das noch vor der Lackierung auf Schweißnähte oder Schnittkanten einer Karosserie aufgetragen wird, schützt vor Korrosion, verbessert die Fahrzeugakustik und dichtet den Innenraum ab.
Bislang wurde das PVC-Material (ähnlich wie beim Ausdrücken der Zahnpasta oder beim Silikon-Verfugen mit der Heimwerker-Spritze) vom Roboter in einem kontinuierlichen Fluss aufgetragen. „Bei IDDA-Seal arbeiten wir nun ähnlich wie Tintenstrahldrucker“, erläutert Leonhardt. „Statt eines konstanten Materialflusses tragen wir das PVC Punkt für Punkt auf. Jeder Punkt wird genau dort gesetzt, wo er hingehört.“ IDDA steht für Intelligent Dynamic Drop Application. „Das PVC wird in ultrafeinen Tropfen über fünf Nadeln aufgebracht, die einzeln angesteuert werden können“, erklärt Leonhardt. Das Öffnen der Nadeln, das Tropfenvolumen und auch der Tropfenabstand lassen sich dabei individuell auf die gewünschte Nahtgeometrie anpassen.
Digital Sealing
Das IDDA-Verfahren (Audi nennt es „Digital Sealing“) bringt allerlei Vorteile: So kann der Applikationsabstand zwischen Düse und Bauteil nun viel größer sein (bis zu 80 mm) als die bisher geforderten 3 bis 5 Millimeter. „Das sind natürlich Welten“, freut sich Leonhardt. „Der wesentlich größere und vor allem variable Abstand vereinfacht die Roboterprogrammierung ebenso wie die Zugänglichkeit zum Bauteil.“
Dabei sei natürlich hilfreich, dass die Düsen nun nicht mehr genau rechtwinklig sondern auch schräg zur Karosserie stehen könne. „So kommen wir mit erheblich weniger Roboterprogrammierpunkten aus.“ Und auch Änderungen der Richtung und der Geschwindigkeut der Roboter sind nun kein Problem mehr. Während bei konventionellem Materialauftrag in Kurven oft zu wenig PVC an die Außenseite und zu viel an die Innenseite gelangt, wird das Material mit dem neuen Verfahren auch bei Richtungsänderungen gleichmäßig aufgetragen. „Selbst komplexe Nahtgeometrien werden qualitativ und optisch hochwertig ausgeführt“, betont Leonhardt.
Material und Nacharbeit gespart
Mit dem hochpräzisen PVC-Auftrag reduziere IDDA-Seal die manuelle Nacharbeit um bis zu 40 % und senke den Materialverbrauch um bis zu 50 %. Das spart auch Gewicht: „In modernen Fahrzeugen werden mehrere Kilogramm PVC aufgetragen“, betont Leonhardt. „Mit IDDA-Seal minimieren wir also die Verwendung an sich, aber auch die Menge an PVC, die entsorgt werden muss.“
Vor allem bei komplexen Bauteilgeometrien spielt das neue Verfahren seine Vorteile aus. Audi setzt es daher in seinem Werk in Györ im ersten Schritt beim Lampentopf oder auch bei Sichtnähten wie die Wasserablaufrinne im Heckbereich im Serienbetrieb ein – mit Erfolg. Das Verfahren soll zukünftig an weiteren Audi-Standorten und neben der Feinnahtabdichtung kosmetischer Nähte auch für Grobnahtabdichtungen eingesetzt werden.
Das intelligente Auftragsverfahren haben Audi und Atlas Copco IAS zwar gemeinsam entwickelt, IDDA-Seal soll in absehbarer Zeit aber auch anderen Automobilherstellern zur Verfügung stehen. Und Atlas Copco denkt schon weiter. Leonhardt: „Wir stehen erst am Beginn einer Reise. Als Auftragstechnologie wird IDDA das Kleben und Dosieren neu definieren.“ In Zukunft könnten auch Klebstoffe beim Fügen präzise und intelligent aufgetragen werden.
Atlas Copco IAS GmbH
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