Cobots haben einen großen Vorteil gegenüber anderen (Industrie-)Robotern: Sie können mit dem Menschen ohne trennende Schutzeinrichtung (z.B. einem Schutzzaun) in unterschiedlichen Formen interagieren, denn Mensch und kollaborativer Roboter teilen sich einen Arbeitsraum – wenn es die Applikation zulässt. Denn eines ist auch klar: Nicht jede Anwendung ist für MRK geeignet.
Den einen sicheren Cobot oder die eine sichere Sensorik, die alle möglichen Fälle hinsichtlich der Sicherheit von kollaborativen Roboteranwendungen abdeckt, gibt es (bislang) nicht. Daher muss man sich die Fragen stellen:
- Kann ich eine Applikation als MRK-Anlage sicher und effizient mit einem Cobot planen und umsetzen oder nicht?
- Oder muss ich doch einen Schutzzaun verwenden, da beispielsweise sehr spitze oder scharfkantige Werkzeuge bzw. Werkstücke benutzt werden oder weil hohe Krafteinwirkungen und Geschwindigkeiten für den Prozess benötigt werden?
- Oder ist eine Hybridlösung mit zusätzlichen Sicherheitseinrichtungen sinnvoll und wirtschaftlich?
Solche zusätzlichen Sicherheitseinrichtungen können beispielsweise Sensoren am Cobot selbst sein, oder eine mit Sensoren besetzte taktile oder kapazitive Schutzhaut. Zusätzliche externe Sicherheitseinrichtungen können Sensoren sein, die den sicheren Zugang zur Station überwachen. Zum Beispiel: Trittschutzmatten, Lichtschranken, Laserscanner, Radarscanner oder 3D-Kamerasysteme.
Kollaborative Applikation: Integrator und Betreiber in der Verantwortung
Dabei sollte man verantwortungsvoll vorgehen, denn jeder Systemintegrator bzw. jeder, der eine solche Anlage baut, bringt diese auch in Verkehr (z.B. in Europa mit dem CE-Zeichen) und trägt damit die volle Verantwortung, alle maßgebenden Richtlinien, Normen und den Stand der Technik eingehalten zu haben. Auch der Betreiber einer solchen Anlage ist über die Betriebssicherheitsverordnung in der Haftung.
Somit darf diese Entscheidung – welche Cobot-Anwendung wie realisiert wird – nicht leichtfertig getroffen werden, schon um das Unternehmen oder Personen nicht zu gefährden. Dieser Aspekt wird in der Werbung der Cobot-Hersteller oft verharmlost. Denn klar ist: Der Roboterhersteller garantiert nur die Einhaltung der Richtlinien und Normen für den kollabrorativen Roboter selbst, nicht aber für den Einsatz oder die Applikation des Roboters.
Ohne eine entsprechende Risikobeurteilung geht nichts
Kurzum: Ohne eine entsprechende Risikobeurteilung geht nichts. Durch den nahen oder direkten Kontakt zwischen kollaborierendem Roboter und arbeitender Person ergeben sich zwangsläufig je nach Betriebsart Kollisionsmöglichkeiten (zum Beispiel durch manuelles Eingreifen des Arbeiters in den Werkzeugbereich, durch Beobachten des Arbeitsprozesses oder durch das Eingreifen bei Störungen). Die Folge kann eine Kollision des Roboterarmes mit der Person sein oder aber die Kollision des Werkzeugs beziehungsweise des Werkstücks mit der Person.
All diese Kollisionsmöglichkeiten müssen in der Risikobeurteilung (Risikoanalyse mit Risikoeinschätzung sowie Risikobewertung) betrachtet – und dann entsprechende Maßnahmen zur Risikominimierung umgesetzt werden. Dazu sind auch entsprechende Kollisions-Messungen zur Bestimmung der biomechanischen Belastungen (Kraft und Druck) einer Person durchzuführen.
Besonders wichtig: Vor allem muss ein Kollisionsausschluss im besonders gefährdeten Kopf- und Halsbereich des Mitarbeiters mittels festgelegter sicherer Bereichsgrenzen der Roboterbewegungen möglich sein. Trotzdem bleibt natürlich ein Restrisiko bestehen! Diese Verletzungsrisiken durch Kollisionen zwischen Roboter und Personen sind im Rahmen der Risikobeurteilung abzuwägen und zu bewerten.
Und noch ein Wort zu den Cobots: Kollaborative Roboter sind zwar oft Leichtbauroboter mit zusätzlich integrierten Leistung- und Kraftbegrenzung. Die landläufige Meinung, kollaborierende Robotik sei nur etwas für Leichtbauroboter, ist aber falsch! Kollaborierende Roboter können auch im Schwerlastbereich große Bedeutung erlangen. Der japanische Hersteller Fanuc macht bereits erste Entwicklungen im Schwerlastbereich und bietet einen Cobot (beziehungsweise einen zum Cobot umgebauten Industrieroboter) mit 35 Kilogramm Traglast.
Spezialitäten der Cobot-Hersteller
So haben unterschiedliche Cobot-Hersteller letztlich ihre Besonderheiten. Eine kleine Auswahl:
- Fanuc hat Cobots, die auch für schwere Lasten geeignet sind z.B. Räder, Gebinde.
- Festo hat den derzeit einzigen pneumatischen Cobot im Angebot.
- ABB hat derzeit als einziger Hersteller einen 2-Arm-Cobot im Angebot.
- Bosch bietet als einziger Hersteller ein von der BG (Berufsgenossenschaft) zertifiziertes Cobot-Gesamtsystem an.
- MRK-Systeme bietet als einziger einen Roboter mit einer von der BG zertifiziertem Schutzhaut an.
- Pilz, verkauft nicht nur den Cobot, sondern unterstützt mit seinem modularen System auch Anwender, die nicht das notwendig Knowhow besitzen bis zur CE-Dokumentation
Zum Autor: Mit seiner Firma Cobot Consulting steht Dieter Faude interessierten Firmen als Berater zur Seite und erstellt als externer CE-Beauftragter die notwendige CE-Dokumentation. Zudem findet man auf seinen Webseiten eine Cobot-Übersicht: https://cobot-consulting.de/de/start/#marken
10 Tipps zur Cobot-Einführung
- Mit den Werksärzten im Vorfeld abstimmen
- Mit dem Betriebsrat im Vorfeld abstimmen
- Mit der Arbeitssicherheit im Vorfeld abstimmen
- Mit den Vorgesetzten abstimmen und diese auf Vorträge im Bereich MRK senden
- Weiterbildung von Mitarbeitern im Service-Bereich zur MRK-Fachkraft
- Die richtigen Anwendungen im Unternehmen suchen, die für einen MRK-Einsatz geeignet sind, und die betroffenen Mitarbeiter begeistern
- Die für den Betrieb zuständig Berufsgenossenschaft konsultieren und als Berater einbeziehen
- Eigenes MRK-Knowhow aufbauen oder externe Berater (Experten im Bereich Cobots) beauftragen
- Die betroffenen Mitarbeiter informieren und in den Entwicklungs-Prozess mit einbeziehen
- Rechtsvorschriften, Normen und den Stand der Technik beachten
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