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Mit Automation zur additiven Serienfertigung

Wo die Integration der industriellen additiven Fertigung noch stockt
Mit Automation zur additiven Serienfertigung

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Von Prototypen und Ersatzteilen bis zur Serienfertigung – der 3D-Druck erobert das Terrain. Für die Einbindung der additiven Fertigung in die Produktionslinien wird mit Hochdruck an durchgängigen Automatisierungslösungen gearbeitet. Das ist der Stand der Technik.

Autor: Rochus Rademacher

Mehr über additive Fertigung: additive – Die Plattform für additive Fertigung

IDC sagt dem globalen Markt für 3D-Druck für 2019 eine Wachstumsrate von 21 % auf 13,8 Milliarden Dollar vorher. Über die Hälfte geht auf Kosten der diskreten Fertigung und die Wachstumskurve soll die nächsten fünf Jahre unverändert steigen. Wohin? „2030 wird es flächendeckend ein Nebeneinander additiver und konventioneller Verfahren geben“, so das Credo von Karsten Heuser. Aktuell sei, so der Vice President Additive Manufacturing bei Siemens Digital Industries, die industrielle additive Serienfertigung die Herausforderung, wobei Siemens bereits die gesamte digitale Prozesskette in einer Softwareumgebung abbilde: „Somit ist keine Datenkonvertierung nötig, die ja bei Fehlerhaftigkeit mit einem Verlust an Informationsgehalt einhergehen kann.“

Das Digital Enterprise Portfolio von Siemens spannt sich von Software für Design, Simulation und Optimierung der Bauteile über die Steuerungen für Anlagen und Fabriken für die additive Fertigung bis hin zu Automatisierungs- und Antriebslösungen. Parallel zum digitalen Workflow – hier greifen Lösungen wie Solid Edge, die PLM-Software NX, Simatic und Sinumerik für die Automatisierung, die Prozesssimulationslösung Simcenter, die Industrial-Edge-Maschinenvernetzung oder das IoT-Betriebssystem Mindsphere – komplettiert Siemens die Hardware für die Automatisierung der additiven Fertigung und verbindet die Community mit einer Online-Plattform: Seit einem Jahr gibt es das Additive Manufacturing Network, das der Fertigungsindustrie Wissen, digitale Werkzeuge und Produktionskapazitäten für den industriellen 3D-Druck vorhält. Mit dem Schulterschluss will Siemens das Risiko eines Einstiegs in die additive Fertigung senken.

Automatisierung gewinnt Kontur

Auch in Projekten gewinnt die Automatisierung der additiven Fertigung Kontur. Da ist einmal das NextGenAM-Projektteam von EOS, Daimler und Premium Aerotec, das Brücken zwischen den Arbeitsschritten schlägt – schließlich machen die Prozessschritte, die dem 3D-Druck vor- und nachgelagert sind, rund 70 % der Herstellkosten aus. Und da sind die CAX-Anbieter. „Die meisten stellen eine einheitliche Umgebung bereit, in der konstruiert, simuliert und die Fertigungsvorbereitung durchgeführt werden kann. Hinzu kommt, dass sie über Schnittstellen verfügen, um ihre AM-Applikation zu erweitern“, erklärt Mirco Schöpf, Product Manager bei EOS, der als Beispiel die Integration der EOS-Software Eosprint 2 in die Siemens-PLM-Software NX anführt. „Anwender arbeiten dadurch nur noch in einer Software-Umgebung – von der digitalen Bauteilkonstruktion bis zum AM-Bauprozess.“

Doch die Welt ist nicht so einfach. „Für die Automatisierung bei der additiven Fertigung gibt es kein Patentrezept“, bremst Tobias Baur, General Manager Trumpf Additive Manufacturing, überzogene Erwartungen. „Jede Anwendung hat andere Anforderungen, auf die auch die Automatisierungslösungen abgestimmt sein müssen.“ Diese Komplexität hat die Arbeitsgemeinschaft AM (Additive Manufacturing) des VDMA in Automatisierungs-Roadmaps aufgedröselt, die auch die Lösungsverfügbarkeit bewerten: Leider klebt an vielen Pre-, In- und Post-Prozessen sowie am Druckvorgang selbst noch das Label „Zukunftsmusik“.

Es geht schrittweise voran. Trumpf-Manager Tobias Baur verweist auf Anlagen der Serie TruPrint, wo der Bauprozess, also das Ausrichten der Laser und das Beschichten, automatisch abläuft. „Unsere neuste Anlage, die TruPrint 5000, übernimmt schon beim Rüsten viele Arbeitsschritte alleine.“ Das Ausrichten der Laserstrahlen zueinander laufe hier ebenfalls selbstständig ab, ebenso wie das Einrichten des ersten Pulverschichtauftrags. Weitere Prozessschritte seien bei Trumpf-Anlagen teilautomatisiert. „Bei der Konstruktion des Bauteils auf dem Rechner lassen sich zum Beispiel die Stützstrukturen per Mausklick erstellen, der Mitarbeiter prüft den Entwurf noch einmal und nimmt gegebenenfalls Anpassungen vor.“

Kein System integriert Prozesse

Ähnlich beurteilt Christoph Hauck, Geschäftsführer bei Toolcraft, die Situation. „Der Prozess ist reif für die Serie, allerdings für kleine bis mittlere Serien.“ Für die Großserie seien möglicherweise ganze Fertigungsschritte neu zu denken. Es gebe Ansätze von Maschinenherstellern zur Abdeckung vieler Prozessschritte in einer Maschine. „Jedoch haben wir noch kein System gesehen, das alle notwendigen Prozesse integriert.“ Als teilautomatisierte Einzelschritte nennt der Toolcraft-Technologieverantwortliche das Entpulvern und Reinigen, jedoch müsse das Bauteil den folgenden Prozessschritten manuell zugeführt werden. Hauck: „Es gibt auch Arbeitsschritte, die händisch erledigt werden müssen, wie etwa die Stützstrukturentfernung.“

Wie die automatisierte additive Serienfertigung aussehen könnte, zeigt die im NextGen-Projekt installierte Pilotanlage bei Premium Aerotec. „Kern der Pilotproduktionskette ist das Vier-Laser-System EOS M 400-4 zum metallbasierten industriellen 3D-Druck, das mit einer Pulverstation ausgestattet und mit einer Rüst- sowie Auspackstation verbunden ist“, skizziert Dominik Hertle, EOS Project Manager, die Konfiguration. Transportiert werden die additiv gefertigten Bauteile zwischen den Stationen voll automatisiert in einem Container auf einem fahrerlosen Transportfahrzeug. Zur Nachbearbeitung schnappt sich ein Roboter die Bauplattform mit den Bauteilen und legt sie zur Wärmenachbehandlung in einen Ofen. „Derselbe Roboterarm entnimmt die Bauplattform anschließend und liefert sie für die Qualitätssicherung an eine 3D-Vermessungsstation. Abschließend trennt eine Säge die Teile von der Plattform.“

Qualitätssicherung ist entscheidend

Entscheidend für den Erfolg einer automatisierten additiven Serienfertigung ist die Qualitätsabsicherung. „Schon kleinste Unebenheiten im Pulverbett können das Bauteil unbrauchbar machen. Die Anlage ist umsonst gelaufen und hat teures Material verschwendet.“ Um das zu vermeiden, setzt Trumpf-Manager Baur auf automatisiertes Monitoring während des Drucks: Bei Trumpf-Anlagen macht eine hochauflösende Kamera im Drucker nach jeder Schicht Fotos des Pulverbetts – eine Bildauswertung identifiziert Prozessfehler und schlägt sofort Alarm. Schmelzbad-Monitoring und ein Datenabgleich mit einem Referenzwerkstück erhöhen die Prozesssicherheit weiter.

Auch EOS erfasst produktions- und qualitätsrelevante Daten in Echtzeit über die modulare Eostate Monitoring Suite. Mirco Schöpf: „Da die Kontrolle bereits im AM-Bauprozess erfolgt, kann ein großer Teil der nachgeschalteten Qualitätsprüfung zunehmend vermieden werden. Dies hat auch positive Auswirkungen auf die Stückkosten.“

Für einen Einstieg in eine automatisierte 3D-Druck-Fertigung muss ein Unternehmen den Druckprozess beherrschen, die Automatisierung planen, Einzelschritte umsetzen und sich dann um eine tiefere Integration in den Produktionsprozess kümmern. Hersteller wie Trumpf leisten Schützenhilfe beim Anlagenaufbau, durch Schulungen für 3D-gerechtes Konstruieren und beim Handling des Druckers. „Grundsätzlich aber muss ein Anwenderunternehmen ein Verständnis für den 3D-Druck entwickeln, zudem sind viele Konstrukteure mit dem Konstruieren in 3D noch nicht vertraut“, berichtet Trumpf-Experte Baur.

Einstieg über klare Zieldefinition

Den Einstieg über eine klare Zieldefinition empfiehlt Rainer Salzberger, Digital Manufacturing Consultant bei EOS, der Beispiele in Form von Fragen liefert: „Will man einen mannlosen 24/7-Betrieb der eigenen Fertigung erreichen, Mitarbeiter von einfachen, wiederkehrenden Tätigkeiten entlasten oder Taktzeiten optimieren sowie komplizierte, fehleranfällige Abläufe in den Griff bekommen?“

Dann geht es zur Sache: Software-Tools simulieren den Fertigungsablauf, der Lösungsvorschlag bestimmt auf Basis der Fertigungskapazität das nötige Equipment, den Material- und Teilefluss sowie Platz- und Ressourcenbedarf. Priorisiert werden die für die Wertschöpfungskette wichtigen automatisierbaren Schritte umgesetzt. Die Automationslücken bleiben Sache der Forschung und Entwicklung. Toolcraft-Chef Christoph Hauck, auch Vorstandsvorsitzender der VDMA-AG Additive Manufacturing, rät zu staatlich geförderten Verbundprojekten: „Schließlich geht es um eine Zukunftstechnologie mit großem technologischem und wirtschaftlichem Potenzial.“

https://am.vdma.org

https://www.eos.info

https://siemens.com/additive-manufacturing

https://www.trumpf.com

https://www.toolcraft.de

https://additive-manufacturing-network.sws.siemens.com


Tool prüft, ob sich Teil additiv fertigen lässt

In der Automation senken additiv gefertigte Betriebsmittel und Vorrichtungen Kosten und beschleunigen Abläufe. In der Praxis werden schon Betriebsmittel und Vorrichtungen wie Greifer, Halter, Führungen und Equipment zur Materialbereitstellung sowie Schablonen, Abdeckungen oder Prüfvorrichtungen in 3D gedruckt.

Ein hilfreiches Werkzeug, um Bauteile auf eine mögliche additive Herstellung abzutasten, ist der Additive Manufacturing Part Identifier (AMPI) von 3yourmind aus Berlin. Bei dem Use Case Screening werden Bauteil-Datenbanken automatisiert nach technischen und wirtschaftlichen Kriterien auf 3D-Druck-Kandidaten geprüft. Die Deutsche Bahn, die schon rund 15.000 Ersatz- und andere Teile gedruckt hat, verwendet das Software-Tool als Schnittstelle für das Einsammeln von Ideen für weitere 3D-Druck-Anwendungen.

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