Für einen Automobilzulieferer hat Fichter Maschinen die größte Roboteranlage seiner Geschichte gebaut. Herzstück der sehr komplexen Montageanlage sind zehn Motoman-Handlingroboter und flexible Steuerungen von Yaskawa.
Die 1992 gegründete Fichter Maschinen GmbH in Eichstetten bei Freiburg baut Montagesysteme für die industrielle Verarbeitung von Metall-, Gummi- und Kunststoffteilen. Die Systemlösungen reichen von teilautomatisierten Montagemaschinen bis zu vollautomatischen Montageanlagen in den Kernbereichen Fügen, Kleben, Laserschweißen und Ultraschallschweißen.
Entwickelt und gefertigt werden die Montagemaschinen und -anlagen für Automobilzulieferer (60 %), Elektroindustrie (20 %) und Medizintechnik (20 %). Als Systempartner von Yaskawa setzen die Südbadener dabei seit vielen Jahren auf Motoman-Industrieroboter. Mitte 2015 begann man die Planung zur bislang aufwendigsten Roboteranlage: Zehn Yaskawa-Roboter des Typs MH12 verketten und automatisieren 25 Prozessstationen aus dem Fichter-Systembaukasten.
Baukasten vereinfacht Konstruktion
In allen Maschinen und Anlagen wird ein hoher Anteil der standardisierten Baugruppen aus dem Fichter-Systembaukasten integriert. Die Kompatibilität der Komponenten ermöglicht kurze Realisierungszeiten sowie durchgängige Funktionen und Prozesse.
Die Umsetzung war aufgrund der umfangreichen Anforderungen des Kunden ausgesprochen anspruchsvoll: Es sollen nicht nur neun Einzelteile mit jeweils mehreren Varianten zu fünf verschiedenen Baugruppen prozesssicher montiert werden, gefordert war auch eine durchgängige Rückverfolgbarkeit, Autonomie von 30 Minuten und die Bedienung der Anlage durch einen Mitarbeiter.
Schon früh entschied man sich, Roboter als Handhabungstechnik einzusetzen, weil Einzelteile drehend montiert und gewendet werden müssen. Außerdem konnte so die durch die Varianten geforderte hohe Flexibilität gewährleistet werden. Hinzu kam, dass die Einschränkungen in der Länge der Anlage ein Portalsystem ausschlossen. Die Mehrzahl der eingesetzten Roboter ist mit einem Twin-Greifersystem ausgestattet, die in einem Zyklus pro Station immer ein Teil entnehmen und wieder eines einlegen. Die Anlage arbeitet mit einer Zykluszeit von 20 Sekunden.
Die wichtigsten Montageprozesse der vollautomatischen Anlage sind:
- Servomotorische Füge- und Bördelstationen mit Kraft-Weg-Überwachung;
- Befettung von Einzelteilen, ein Wägesystem überwacht dabei die Fettmengen;
- Prüfstationen für Bauhöhe, Durchmesser, Drehmoment, Rund- und Planlauf;
- Kennzeichnung durch Etikettierung.
Die Zuführung sämtlicher Einzelteile erfolgt durch standardisierte Systeme aus dem Fichter-Systembaukasten (Boxstore, Stepstore, Stackstore und Slidestore). Aufgrund der Komplexität des Montagevorgangs ist die Anlage zusätzlich durch ein Werkstückträgersystem (Duofloor) verkettet.
Bei der Roboterauswahl griffen die Fichter-Ingenieure auf den schnellen MH12 mit 12 kg Tragkraft zurück. Das schlanke Design des MH12 erlaubt eine hohe Roboterdichte. Koordiniert werden jeweils zwei Roboterarme über die High-End-Steuerung DX200 Twin. Die neue Controller-Generation DX 200 bietet über 120 anwendungsspezifische Funktionen. Neu ist außerdem der integrierte Safety Controller: Er macht die DX200 zu einer kompletten funktionalen Sicherheitssteuerung (FSU) der Kategorie 3.
Crash-Situation ausgeschlossen
Die DX200-Robotersteuerung vereinfacht die Integration von Peripheriegeräten, denn über die Multi-Robot-Technologie können bis zu acht Roboter bzw. 72 Achsen synchron kooperieren. Die bei Fichter eingesetzten DX200 Twin-Systeme ermöglichen die Koordination von zwei Robotern mit bis zu 18 Achsen. Weil jeder Roboter die Positionen der anderen Roboter kennt, ist eine Crash-Situation ausgeschlossen. Die Roboterdichte in der Montagehalle lässt sich so optimal ausschöpfen. Eine hohe Performance und Verfügbarkeit gewährleistet die Advanced-Robot-Motion-Technologie mit cleverer Bahnführung sowie reduzierten Teach-Zeiten.
Die Montageanlage ermöglicht eine Überprüfung sowie lückenlose Nachverfolgbarkeit jedes einzelnen Bauteils. Somit lassen sich Fehler tracken und rasch beheben. Dazu wurde sehr viel Wert auf die Einbindung moderner Informationstechnik gelegt. Damit wird die durchgängige Prozessdatenüberwachung zur Diagnose und Nachjustierung von Montagevorgängen genutzt. Die Vernetzung aller Stationen in der Leitsteuerung von Fichter wiederum ermöglicht zusammen mit der Anbindung an das PPS des Kunden eine optimale Bedienung auch bei Typenwechseln.
Problemlose Verlagerung
Die Anlage ist zudem so konzipiert, dass bei Bedarf eine problemlose und schnelle Verlagerung und Wiederinbetriebnahme durchgeführt werden kann. Möglich macht dies die Plattform Robocell, auf der alle Funktionsmodule der Anlage inklusive der Yaskawa-Roboter und der Steuerung DX200 Twin installiert sind. Mit dieser Technik werden in sich geschlossene Module gebildet.
Die Fichter-Anlage ist im Herbst 2016 in Betrieb gegangen. Sie verschafft dem Kunden des baden-württembergischen Maschinenbauers entscheidende Wettbewerbsvorteile: sicherer Betrieb in 21 Wochenschichten, kurze Rüstzeiten unter 20 Minuten für eine andere Teilevariante, Archivierung sämtlicher Produktions- und Messdaten und ein einfacher übersichtlicher Aufbau. ↓
Yaskawa Europe GmbH
Steckbrief
- Für einen Automobilzulieferer hat Fichter Maschinen die größte Roboteranlage seine Geschichte gebaut: Zehn Yaskawa-Roboter MH12 verketten 25 Prozessstationen. Die Mehrzahl der Roboter ist mit einem Twin-Greifersystem ausgestattet. Die Anlage arbeitet mit einer Zykluszeit von 20 Sekunden.
- Auf der Anlage werden neun Einzelteile mit jeweils mehreren Varianten zu fünf verschiedenen Baugruppen prozesssicher montiert.
- Die Montageanlage ermöglicht eine Überprüfung sowie lückenlose Nachverfolgbarkeit jedes Bauteils. Durch die Einbindung moderner Informationstechnik wird eine durchgängige Prozessdatenüberwachung zur Diagnose und Nachjustierung von Montagevorgängen genutzt.
- Die Anlage ist so konzipiert, dass eine schnelle Verlagerung und Wiederinbetriebnahme durchgeführt werden kann. Mit der Plattform Robocell aus Yaskawa-Roboter und Steuerung DX200Twin werden in sich geschlossene Module gebildet.
- Die eingesetzte Roboter-Steuerungen DX200 Twin ermöglichen die Koordination von zwei Robotern mit bis zu 18 Achsen. Weil jeder Roboter die Positionen der anderen Roboter kennt, ist eine Crash-Situation ausgeschlossen. ↓
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