Startseite » Servicerobotik »

Pilz: „So machen wir mobile Service-Robotik sicher“

Interview: Dr. Manuel Schön, Product Manager Controller, Pilz GmbH & Co. KG
Pilz: „So machen wir mobile Service-Robotik sicher“

Pilz: „So machen wir mobile Service-Robotik sicher“
Um mobile Service-Robotik-Anwendungen für Mensch und Maschine sicher zu machen, bietet Pilz ein umfassendes Dienstleistungs- und Sensorik-Portfolio. Bild: Pilz
Warum Pilz bei der Service-Robotik insbesondere die Intralogistik im Fokus hat und wie der Experte für sichere Automation in der mobilen Service-Robotik für Sicherheit sorgt, erklärt Product Manager Dr. Manuel Schön.

Pilz als Spezialist für sichere Automation ist seit einiger Zeit auch in der Service-Robotik aktiv: Was genau bieten Sie hier an?

Schön: Bei Service-Robotik muss man zwischen Service-Robotik im industriellen und im nicht-industriellen Umfeld unterscheiden. Im industriellen Umfeld bieten wir umfangreiche Dienstleistungen rund um die Integration von z.B. fahrerlosen Transportsystemen (FTS) gemäß CE-Konformitätsbewertungsverfahren nach der Maschinenrichtlinie an. Darüber hinaus finden sich mobile Plattformen mittlerweile aber immer häufiger im nicht-industriellen Umfeld. Nehmen wir zum Beispiel eine mobile Einheit im Hotel, die als rollende Minibar genau das bringt, was der Hotelgast wünscht. Oder Pflegeroboter, die in Altenheimen Pflegekräfte zum Beispiel beim Verteilen von Medikamenten unterstützen. Für alle diese Service-Roboter bieten wir ein passendes Dienstleistungs- und Produktportfolio, um diese Anwendungen für Mensch und Maschine sicher zu machen.

Warum ist die Sicherheit bei der mobilen Service-Robotik in der Logistik so wichtig?

Schön: Wo immer der Mensch näher an die Maschine rückt oder sich beide eine Aufgabe und einen Arbeitsraum teilen, spielt Sicherheit eine maßgebliche Rolle: Bei mobilen Roboterapplikationen treten an die Stelle räumlich trennender Systeme flexible Sicherheitskonzepte. Betrachtet man beispielsweise eine autonome mobile Roboterplattform, in die zudem noch eine Kinematik wie ein Roboter integriert ist, können Gefahren für den Menschen, der neben dieser Plattform arbeitet, entstehen. Unsere Robotikexperten im Customer Support International achten deshalb darauf, dass sowohl die normativen Anforderungen der mobilen Plattformen als auch die der – kollaborativen – Roboter erfüllt werden.

Die Anforderungen der Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) und der Service-Robotik fließen also ineinander?

Schön: Ja, genau. Das ist gerade für das Zusammenspiel eines mobilen Roboters mit dem Werker sinnvoll. Kann beispielsweise ein Kontakt zwischen Mensch und Roboter entstehen, müssen die entsprechenden Kräfte und Drücke validiert werden. Wir stellen mit unserem Produkt- und Dienstleistungsspektrum sicher, dass Mensch und Roboter noch enger und sicherer zusammenarbeiten. Dafür setzen wir im Rahmen der Sicherheitsvalidierung von Mensch-Roboter-Kollaborationen unser Kollisionsmess-Set PRMS ein. Es dient der Erfassung von Kraft und Druck. Damit stellen wir sicher, dass die gemäß ISO/TS 15066 geltenden vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden.

Und wie steht es um die Normen im mobilen Bereich, etwa für FTS ?

Schön: Im Mittelpunkt steht hier die ISO 12100. Um technologische Änderungen und neue Technologien bewerten zu können, muss eine Risikobeurteilung des mobilen Roboters durchgeführt werden – selbst wenn Teile der Risikobeurteilung schon in den entsprechenden Produktnormen durchgeführt wurden. Normativ von Bedeutung sind außerdem die ISO 3691 (Sicherheit von Flurförderzeugen) und die ISO 10218 als Roboternorm. In diesen beiden Normengremien wirkt unser Geschäftsführer Thomas Pilz aktiv mit. Da jede Anwendung anders ist, betrachten unsere Experten im Customer Support jeden Einzelfall genau und wissen, welche Normen zu beachten sind.

Abgesehen von den Normen: Inwieweit sind für die mobile flexible Service-Robotik andere und flexiblere Safety-Konzepte notwendig?

Schön: Betrachten wir zum Beispiel die Beladung einer Maschine. Für das Be- und Entladen wird eine Risikobeurteilung durchgeführt und eine CE-Kennzeichnung vergeben. Sollen nun andere Teile bearbeitet werden und ist hierzu ein anderer Greifer notwendig, können die Änderungen so gravierend sein, dass eine neue Risikobeurteilung durchgeführt werden muss. Deshalb werden in Zukunft flexiblere Sicherheitskonzepte benötigt, um diesen Prozess für den Betreiber einer solchen mobilen Applikation zu vereinfachen.

Was heißt das konkret?

Schön: Nehmen wir an, eine mobile Plattform dockt an einer Arbeitsstation an, die auch manuell durch einen Werker bedient werden kann und somit über entsprechende Schutzeinrichtungen wie z. B. ein Lichtgitter verfügt. Es muss also eine sichere Kommunikation zwischen der Maschine und der mobilen Plattform geben, um ggf. das Lichtgitter der Maschine zu deaktivieren und den Laserscanner sowie den Not-Halt der mobilen Plattform zu integrieren.

Welche Rolle spielen dabei Ihre Service-Robotik-Module?

Schön: Der Bereich der Service-Robotik, inklusive der angrenzenden Felder wie Intralogistik, entwickelt sich sehr dynamisch. Wir passen unsere Strategie im Bereich Robotics daher stetig an. In diesem Zusammenhang entwickeln wir auch unser Portfolio mit Produkten und Dienstleistungen weiter. Wir fokussieren uns sowohl im industriellen, als auch im nicht-industriellen Umfeld der Service-Robotik daher verstärkt auf unser umfangreiches Dienstleistungsangebot. Unsere Service-Robotik-Module kommen auch im universitären und Forschungsumfeld zum Einsatz. Dank unseres offenen und modularen Ansatzes können sie dort in vielfältigen Anwendungen ihre Stärken ausspielen.

Und wie spielt Ihr Safety-Sensorik-Portfolio dabei mit rein?

Schön: Wir gestalten mit unseren sicheren Automatisierungslösungen die Robotik schon seit Jahren mit: Pilz-Sensoren sorgen an zahllosen Roboter-Applikationen – ob mit oder ohne Schutzzaun – für den Schutz des Bedieners und der Maschine, also des Roboters. Sensoren wie der codierte Sicherheitsschalter Psencode können dank RFID-Technologie zur Positionsüberwachung z. B. beim Andocken einer mobilen Plattform, eingesetzt werden. Um sicherzustellen, dass sich die mobile Plattform im richtigen Betriebsmodus befindet, kann das Betriebsartenwahl- und Zugangsberechtigungssystem PITmode fusion in die Lösung integriert werden. In mobilen Anwendungen spielt vor allem unser Sicherheits-Laserscanner PSENscan seine Stärken aus.

Inwiefern?

Schön: Das Schutzfeld des PSENscan kann an den jeweiligen Einsatzort angepasst werden. Sichere und nicht-sichere Signale können z.B. mit einem mobilen Robotermodul oder einem fahrerlosen Transportsystem ausgetauscht werden, sodass der Laserscanner nicht nur das FTS, sondern auch die sich daneben befindlichen Anlagen überwacht. Neben seiner Safety-Funktionalität kann er dank des dazugehörigen ROS-Paketes die dynamische Navigation einer mobilen Plattform übernehmen.

Warum setzen Sie so stark auf ROS, das quelloffene Robot Operating System?

Schön: ROS ist ein offenes Framework und ist wie der Name schon sagt, sozusagen das Betriebssystem der Roboterapplikation. Durch seine Offenheit und Dynamik ist es ideal für mobile Serviceroboter geeignet und unterstützt nativ schon viele am Markt bekannten Roboter und mobile Plattformen. Mit über zehntausend Paketen lassen sich so maßgeschneiderte Robotik-Applikationen realisieren.

Warum entwickeln Sie eigene ROS-Pakete?

Schön: Da ROS ein Open-Source-Framework ist, kann jeder Pakete für ROS schreiben und Pakete, die von anderen geschrieben wurden, verwenden, anpassen und verbessern. Das hat viel Gutes, allerdings führt das auch dazu, dass es Pakete gibt, die schlecht dokumentiert sind oder aber für den Einsatz im professionellen und industriellen Umfeld nicht geeignet sind. Um dem entgegenzuwirken wurde das ROS Industrial Consortium ins Leben gerufen – ein Zusammenschluss aus Forschungsinstituten und Industrieunternehmen, um ROS-Pakete in einer industrietauglichen Qualität zu veröffentlichen. Pilz ist langjähriges Mitglied im ROS Industrial Consortium und gestaltet so ROS langfristig mit. Wir entwickeln alle unsere ROS-Pakete nach denselben Prozessen und hohen Qualitätsstandards unserer Pilz-Produkte und können somit eine Industriequalität garantieren.

Abschließend: Was planen Sie 2021 im Bereich Robotik?

Schön: Unser Portfolio „Robotics by Pilz“ wird um weitere Services für Einsatz und die Absicherung von fahrerlosen Transportsystemen in der Intralogistik erweitert. Schon heute bieten wir bei Pilz umfangreiche Schulungen und Beratung rund um die Robotik an. Neben den Schulungen zum Konformitätsbewertungsprozess nach Maschinenrichtlinie gibt es speziell auf die Robotik zugeschnittene Trainings wie die zur sicheren Mensch-Roboter-Kollaboration. Neu in unserem Schulungsprogramm sind außerdem Grundlagenschulungen zu ROS.

Pilz GmbH & Co. KG

www.pilz.com


Dynamisch navigieren

Eine Herausforderung mobiler Lösungen liegt in der Navigation: Bewegt sich ein fahrerloses Transportsystem durch eine sich ständig ändernde Umgebung, muss die Route dynamisch angepasst werden. Dafür kann beispielsweise ein Sicherheits-Laserscanner wie Psenscan von Pilz mit einem FTS kombiniert werden: Über eine Datenschnittstelle stellt er Entfernungsdaten zur Verfügung. Mithilfe des ROS-Moduls für Psenscan können diese Daten ROS-konform ohne weiteren Programmieraufwand bereitgestellt werden und bspw. einen SLAM-Algorithmus (Simultaneous Localisation and Mapping) speisen. So werden Umgebungskarten für die dynamische Navigation erstellt und das FTS weicht Hindernissen flexibel aus.


Was ist ROS?

Das Robot Operating System ROS ist ein weit verbreitetes Roboterbetriebssystem auf Open-Source-Basis. ROS-Pakete beinhalten bestimmte Funktionalitäten und Treiber. Sie werden den Anwendern kostenlos über eine Community zur Verfügung gestellt. Ein Vorteil des Open-Source-Frameworks ist die gemeinsame Zusammenarbeit in der ROS-Community und der Austausch mit Experten aus verschiedenen Bereichen – von Forschungseinrichtungen bis zum Roboterhersteller.

Gemeinsam sind die Anwender in der Lage, selbst komplexe Robotikanwendungen erfolgreich umzusetzen. Pilz entwickelt und testet seine ROS-Pakete selbst nach den industriellen Qualitätskriterien und Anforderungen des ROS Industrial Consortiums und bietet somit hochwertigen Code für anspruchsvolle industrielle Aufgaben.

Die ROS-Pakete von Pilz können zum Schreiben von Software für eigene Robotikanwendungen beziehungsweise ganzer Roboterapplikationen eingesetzt werden. Da die einzelnen Pakete modular aufgebaut sind, sind sie vielseitig einsetzbar und mit der Hardware unterschiedlicher Hersteller kompatibel. Die Verwendung von Programmiersprachen wie Python oder C++ ist, neben der offenen und kostenlosen Verfügbarkeit des Quelltextes, ein Vorteil von ROS. ROS ist herstellerübergreifend einsetzbar.

Unsere Webinar-Empfehlung
Aktuelle Ausgabe
Titelbild Automationspraxis 2
Ausgabe
2.2024
LESEN
ABO
Medienpartnerschaft RBTX.com

Informationen und konkrete Lösungen für die Low-Cost-Automation finden Sie auf dem Lean-Robotix-Marktplatz RBTX.com.

Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Kalender

Aktuelle Termine für die Automatisierungsbranche

Whitepaper

Whitepaper aller unserer Industrieseiten

Alle Webinare & Webcasts

Webinare aller unserer Industrieseiten


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de