KW-Automotive produziert mit 350 Fachkräften im schwäbischen Fichtenberg hochwertige Stoßdämpfer-Feder-Kombinationen, die manuell eingestellt werden können und meist von Automobilenthusiasten nachgerüstet werden oder in limitierten Sondermodellen zum Einsatz kommen. Allerdings erfordert die Fertigung eines individuell einstellbaren Fahrwerks eine Vielzahl an Bauteilen: Einige Fahrwerke bestehen aus über 400 Einzelteilen.
Martin Wagner, Teamleiter Vorrichtungsbau: „Wir haben das System Gewindefahrwerk weitgehend modular ausgeführt. Allein durch Kombinieren geeigneter Module können wir eine große Vielfalt an Fahrwerken verwirklichen.“ Dennoch gebe es bei jeder Stoßdämpfer-Federbein-Kombination einige fahrzeugspezifische Bauteile. „Zudem bekommen wir immer wieder Anfragen nach Fahrwerken für bisher noch nicht berücksichtigte Automobile. Auf dieser individuellen Abstimmung gründet unser erfolgreiches Geschäftskonzept.“
Aufgrund der Vielfalt muss die Produktion in den 6000 m² umfassenden Fertigungs- und Montagehallen äußerst flexibel arbeiten. PR-Manager in Christian Schmidt: „Von den 400 täglich gefertigten Fahrwerken sind etwa 85 Prozent jeweils Einzelstücke. Wir fertigen pro Tag fast 350 unterschiedliche Gewindefahrwerke.“
Diese Flexibilität stellt auch an die Vorbearbeitung der Edelstahlrohre für die Stoßdämpfer besondere Forderungen. Davon gibt es insgesamt etwa 5000 Varianten. 3000 mm lange Rohlinge unterschiedlicher Durchmesser müssen jeweils individuell passend abgelängt werden. Zudem müssen Fasen angearbeitet, Innengewinde sowie einige Nuten und Querbohrungen gefertigt werden.
Geschickte Kombination
Damit dies wirtschaftlich gelingt, sollte die Bearbeitung weitgehend automatisiert ablaufen. In enger Zusammenarbeit haben die Spezialisten von Spinner Automation und FMB Maschinenbau deshalb bei der Rohrbearbeitung das Zuführen der Edelstahlrohre und die Entnahme von Reststücken vollständig, aber höchst flexibel automatisiert. Verwirklicht wurde dies mit einer geschickten Kombination aus einem vertikalen Rohrlager von Spinner Automation, einem Fanuc-Roboter und einem FMB-Stangenlader.
Stephen Ackermann, Technischer Leiter bei FMB: „Unseren Stangenlader Turbo 5–65 haben wir so modifiziert, dass er im Wechsel ohne Rüstarbeiten Rohre mit 29 bis 50 mm Durchmesser vorschieben und auch wieder zurückziehen kann.“ Damit dies gelingt, werden die Rohrenden lediglich mit einer Schnittstelle versehen, an der die Spannhülse der Vorschubstange im Stangenlader angreift.
Die Rohre legen die Fachkräfte außerhalb der Automationszelle in das vertikale Rohrlager. An einem Touch-Screen gibt das Fachpersonal ein, an welchem Lagerplatz sich die Rohre unterschiedlicher Durchmesser befinden. Der Fanuc-Roboter entnimmt dann ein zu dem Fertigungsauftrag passendes Rohr und legt es in das Lademagazin.
Über Profinet verbunden
„Um höchste Flexibilität für Einzelstücke zu verwirklichen, haben wir die Steuerung des Stangenladers über Profinet-Schnittstellen mit der Drehmaschine und der Produktionssteuerung verbunden. Der Stangenlader erhält jeweils die Informationen über den Rohrdurchmesser. Die exakte Länge des eingelegten Rohrs wird im Lademagazin gemessen“, berichtet Ackermann.
Nach dem Trennen und Bearbeiten der programmierten Rohrabschnitte zieht der Stangenlader den Restabschnitt des Rohrs wieder zurück. Das Lademagazin misst die Länge dieses Rohrabschnitts. Abhängig davon entscheidet die Produktionssteuerung, ob daraus noch ein weiteres Bauteil gefertigt werden kann.
Edelstahlrohre optimal nutzen
Wenn ja, legt es der Roboter zurück in das Rohrlager. Weniger als 500 mm lange Abschnitte sortiert das Lademagazin automatisch selbst aus. Andere, nicht weiter zum Bearbeiten geeignete Restabschnitte transportiert der Roboter in einen separaten Behälter. „Somit können wir die kostenintensiven Edelstahlrohre optimal nutzen. Zudem arbeitet die Anlage dank des universellen, flexiblen Stangenladers vollkommen automatisch. Das gilt auch für das Fertigen von Einzelstücken. Die Maschinenbediener sorgen lediglich für ein stets gefülltes Rohrlager und überwachen den Drehprozess“, beschreibt Martin Wagner die Vorteile der automatisierten Produktionszelle.
Diese äußerst flexible Automation erfordert vor allem eine ausgeklügelte Software und eine geschickte Datenkommunikation zwischen den Automatisierungskomponenten der Drehzelle, betont FMBs technischer Leiter Ackermann. „Unserer Steuerung Ergologic ist zum einen einfach und intuitiv zu bedienen. Zum anderen können wir mit ihr optimal eine komplexe Datenübertragung und -integration realisieren.“
Seit etwa einem Jahr produziert die automatisierte Anlage in Fichtenberg Rohre für die Schwingungsdämpfer – zuverlässig und bei höchster Verfügbarkeit. Wegen der hohen Flexibilität kann KW Automotive bedienerarm auf nur einer Anlage alle Varianten der Fahrwerke komplett vorbearbeiten.
FMB Maschinenbaugesellschaft mbH & Co. KG
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