Mit seiner neuen Roboterschweißanlage mit integriertem Dreh- und Wendepositionierer stößt die Wilhelm Severt Maschinenbau GmbH in neue Dimensionen für das Roboterschweißen vor. Denn auf der Anlage können bis zu 45 Tonnen schwere Bauteile bewegt werden. Insgesamt zwölf Antriebsachsen sorgen dabei für eine optimale Schweißposition und für gleichmäßige sowie präzise Bewegungen. „Die Schweißnaht soll möglichst immer in Wannenlage sein, daher die vielen Freiheitsgrade“, erklärt Robert Waltering, Leiter Entwicklung und Vertrieb bei Severt. Alle Achsen – bis auf die sechs des Roboterarms – werden dabei von SEW-Servomotoren bewegt. Der Bruchsaler Antriebsautomatisierer ist bereits seit den 1980er Jahren Hauslieferant bei Severt.
Immer größere Schweißbaugruppen
Die Nachfrage nach immer größeren Schweißbaugruppen steigt bei Severt seit Jahren. Immer höhere Windkraftanlagen beispielsweise erfordern für ihren Aufbau entsprechend größere Mobilkrane. „Bisher wurden derartig große Baugruppen von Hand geschweißt“, so Robert Waltering. „Aber inzwischen schlägt der Fachkräftemangel im Schweißbereich voll durch.“ Daher entschied man sich, eine vollautomatisierte Roboterschweißanlage für große Teile zu entwickeln. Denn Severt fertigt nicht nur selbst Schweißbaugruppen bis zu 80 Tonnen, sondern entwickelt dafür auch Positionierer sowie komplette Roboterschweißanlagen. Diese Anlagen setzt Severt selbst ein, verkauft sie aber auch an Kunden weltweit.
45-Tonnen-Anlage
Auch die neue 45-Tonnen-Anlage wurde zunächst für die eigene Fertigung konzipiert. Die Schweißanlage für Großbauteile besteht im Prinzip aus zwei Arbeitsstationen, die über eine Verfahrbahn miteinander verbunden sind. Jede dieser Stationen ist mit einem Dreh- und Wendepositionierer ausgestattet, der die zu schweißenden Bauteile über drei Achsen positioniert.
Die Anlage ist mit zwei 6-Achs-Schweißrobotern bestückt, die an einem Portal montiert sind. Dieses hebt und schwenkt den Roboter und bewegt sich über einen Verfahrschlitten an den Arbeitsstationen entlang. Der maximale Verfahrweg beträgt 40 m. Beide Stationen sind gekoppelt, das heißt, jeder Roboter kann an beiden Stationen arbeiten. So können an der Schweißanlage entweder zwei Bauteile parallel bearbeitet werden, oder beide Roboter schweißen gemeinsam an einem Bauteil. Die Linearachse des Fahrwerks sowie die Schwenkachse des Turmauslegers werden von spielfreien Präzisions-Servogetriebemotoren der Baureihe ZN angetrieben, die aus einem Zykloidgetriebe mit hoher Positioniergenauigkeit sowie einem synchronen Servomotor bestehen.
12 Achsen arbeiten zusammen
Um das Anlagenkonzept zu realisieren, waren aus Sicht der Antriebstechnik einige Herausforderungen zu meistern. So müssen, um das Bauteil während des Schweißprozesses immer in der bestmöglichen Position halten zu können, alle zwölf Achsen einer Station koordiniert zusammenarbeiten. Daher steuert die Robotersteuerung sowohl die Achsen des Roboterarms als auch die externen Achsen des Positioniersystems mit den SEW-Servomotoren. Dabei hat jede Arbeitsstation eine eigene Steuerungseinheit, die gesamte Anlage also zwei Robotersteuerungen, die im Handshake zusammenarbeiten.
Im Automatikbetrieb steuert die Robotersteuerung auch die Achsen des Positioniersystems. „Es können aber in der Regel nicht alle Nähte eines Bauteils vom Roboter geschweißt werden, wenn sie zum Beispiel nur schwer zugänglich sind,“ ergänzt Ulrich Kerkhoff vom Vertrieb für Roboter- und Anlagentechnik bei Severt. Daher lässt sich der Positionierer auch manuell steuern. Die Ansteuerung erfolgt in diesem Fall über SEWs Movi-C Controller. „Auch im manuellen Betrieb bleibt die Robotersteuerung über die aktuelle Position informiert. So kann zwischen manuellem und Roboter-Betrieb gewechselt und nahtlos weitergearbeitet werden, ohne dass jedes Mal ein Referenzpunkt angefahren werden muss.“
Gewaltige Drehmomente
Zweite Herausforderung beim Antriebskonzept waren die gewaltigen Drehmomente, die beim Handling der Großbauteile auftreten: An der Spannplatte des Positionierers müssen bis zu 156 000 NM aufgebracht werden, das Wendemoment am Tragarm ist sogar für bis zu 230 000 NM ausgelegt. Zuviel für die Treiberstufen der Robotersteuerung, daher musste SEW die erforderliche Antriebsleistung auf zwei Motoren aufteilen. Dadurch kann auch ein größeres Drehmoment erreicht werden.
Doch dazu müssen beide Antriebe absolut synchron arbeiten. Für diesen Fall bietet SEW-Eurodrive eine Lösung mit dem Movikit Multiaxiscontroller: Das ist ein Softwaremodul für die Movi-C Controller, über das sich mechanisch gekoppelte Antriebe realisieren und die Drehmomente zwischen den beiden Antrieben ausgleichen lassen. Zudem bietet die Modulbauweise von Movi-C bei der Anzahl der Achsen in der Schweißanlage und der hohen Energiedichte einige Vorteile, etwa geringeren Platzbedarf und Verdrahtungsaufwand. Den Antriebsbaukasten Movi-C, den Severt bei der neuen 45-Tonnen-Schweißanlage erstmals einsetzte, will Severt daher auch bei den anderen Standardanlagen einführen.
SEW-Eurodrive GmbH & Co KG
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