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Robotik-Start-ups: Die Roboter-Revolution der jungen Wilden

Demokratisierung der Robotik: Wer sind die Treiber?
Robotik-Start-ups: Junge Wilde rufen zur Roboter-Revolution

Die Robotik erobert sich neue Anwendungsfelder, gerade im Mittelstand. Teiber des Booms sind nicht nur technologische Innovationen, sondern auch jede Menge spannender Newcomer. Die deutsche Start-up-Landschaft ist gut aufgestellt und vielfältig. Ein Blick in die New-Robotics-Szene.

Autor: Armin Barnitzke

Die Robotik steht aktuell an einem Wendepunkt – davon ist Dr.-Ing. Werner Kraus, Abteilungsleiter Roboter- und Assistenzsysteme am Fraunhofer IPA, fest überzeugt. „Denn wir erleben gerade eine Demokratisierung der Robotik.“ Statt nur für große Unternehmen und Experten mit sehr spezifischem Fachwissen interessant zu sein, erobert die Robotik neue Einsatzfelder – vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen, die bisher wenig oder gar nichts mit Automatisierung zu tun hatten. „Insbesondere die Cobot-Hersteller haben im Mittelstand massiv in Aufklärung investiert“, ergänzt Helmut Schmid, Vorstand im Deutschen Robotik Verband (DRV).

Robotik-Bedarf im Mittelstand wächst

Zumal auch der Robotik-Bedarf im Mittelstand wächst – etwa wegen des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels. „Auch in KMUs und in Handwerksbetrieben will man seine Leute nicht mehr für repetitive Tätigkeiten einsetzen, das soll der Kollege Roboter übernehmen“, sagt Patrick Schwarzkopf, Geschäftsführer des VDMA-Fachverbands Robotik + Automation.

Verstärkt wurde diese Entwicklung noch durch die Corona-Pandemie. Schmid: „Die Corona-Pandemie und die jetzigen Lieferengpässe haben die Abhängigkeiten aufgezeigt. Eine Rückverlagerung der Produktion steht daher im Fokus, um diese Abhängigkeiten zu reduzieren. Das geht aber nur mit Robotik und Automation.“ Das bestätigt IPA-Experte Kraus: „Robotik und Automatisierung werden heute nicht mehr als Bedrohung von Arbeitsplätzen gesehen, sondern im Gegenteil als notwendige Voraussetzung und Erfolgsfaktor, damit wir im Hochlohnland auch mit Produktionsstandorten vor Ort konkurrenz- und wettbewerbsfähig bleiben können.“

Innovative Technologien

Aber natürlich gibt es auch jede Menge technologischer Gründe, die dazu führen, dass sich die Robotik in großem Stil neue Anwendungsfelder erschließt. VDMA-Mann Schwarzkopf zählt dazu unter anderem:

  • Die sehr einfache Bedienung der Roboter, beispielsweise über No-Code-Programmierung, senkt die Hürde insbesondere für KMU ohne eigene Roboterexperten.
  • Zudem sei eine neue Generation von sehr preiswerten Robotern verfügbar, deren Leistungsfähigkeit für viele Einsatzfelder ausreichend ist (just enough). Das senkt die Investitionskosten deutlich.
  • Außerdem können Anwender nun mit Baukastensystemen sowie Plattformen und Marktplätzen samt Online-Konfiguratoren ohne große Vorkenntnisse ein Robotersystem zusammenzustellen, bei dem alle Komponenten miteinander harmonieren. Schwarzkopf: „Und das alles bei transparenten Hardware-Kosten.“

Hinzu kommen Fortschritte im Bereich Künstlicher Intelligenz (KI), von denen die Robotik profitiert. VDMA-Mann Schwarzkopf: „Klassische Roboter sind extrem leistungsfähig, präzise und produktiv – aber eben nicht so flexibel oder schlau, dass sie sich selbst an neue Situationen anpassen können.“ Auch die Fingerfertigkeit eines Roboters reiche noch lange nicht an die des Menschen heran. „Mit Methoden des maschinellen Lernens – gepaart mit Bildverarbeitung – kann man die Flexibilität und Geschicklichkeit des Roboters auf eine neue Stufe heben.“

Demokratisierung der Robotik

Diese ganze Gemengelage sorge für eine „Demokratisierung der Robotik“, bestätigt VDMA-Mann Schwarzkopf. „Die Idee einer Robotik für alle befeuert die Entwicklungen derzeit enorm.“ Aber wer treibt diese Demokratisierung der Robotik voran? Nach Einschätzung der Experten jedenfalls nicht die etablierten Industrierobotik-Hersteller, sondern eher die jungen Wilden, die nicht auf einem historisch gewachsenen „Legacy-System“ aufsetzen müssen und dadurch die Robotik sehr einfach „neu denken“ können.

Olaf Gehrels, ebenfalls Vorstand im Deutschen Robotik Verband und Gründer des Start-ups Coboworx: „Treiber für all die Neuerungen sind die Newcomer und Start-ups aus Deutschland wie Artiminds, Dragandbot, Fruitcore, Micropsi, Robominds und Wandelbots. Diese Newcomer zeigen, wie die Robotik zu einem attraktiven, modernen und profitablen Werkzeug der Produktion der KMU werden kann.“

Laut Gehrels werde der Robotikmarkt auf Herstellerseite bis 2030 ein vollkommen anderer sein. „Heute wird die herkömmliche Industrierobotik von japanischen Herstellern dominiert, die meisten davon mit Schwerpunkt in Mechanik und Hardware. Aber das wird sich in der New Robotic drastisch ändern.“

Robotikmarkt wandelt sich

Denn zukünftig lägen die Alleinstellungsmerkmale in der Software (Stichwort KI oder einfache Bedienung) und in der Kundenzentrierung (Konfiguration und Beschaffung über Plattformen). „Von Seiten des DRV schätzen wir, dass bis 2030 mehr als zwei Drittel des Umsatzes von Firmen generiert wird, die sich jetzt gerade in Gründung befinden.“

Auch IPA-Experte Kraus bestätigt diese Dynamik: Unsere Marktübersicht World Robotics Service Robots, die wir gemeinsam mit der IFR erstellen, zeigt, dass von über 1000 Serviceroboterherstellern knapp 20 Prozent Start-ups sind – also Firmen, die fünf Jahre oder weniger am Markt sind.“

Investoren stellen Millionen bereit

Entsprechend rechnen die Experten damit, dass noch weitere Robotik-Start-ups folgen werden, um die Demokratisierung der Robotik weiter voranzutreiben. „Wir sind hier erst am Anfang und insbesondere im Bereich der Logistik und Service Robotik wird sich noch einiges tun“, sagt Helmut Schmid. Allein das Konzept des Start-ups und legendäre Erfolgsgeschichten erzeugen ein Narrativ, das für junge Leute sehr spannend ist, bestätigt Schwarzkopf: „Ich sehe derzeit viel Kreativität, Aufbruchstimmung und Tatendrang.“

Zumal auch Investoren und Risikokapital-Geber die Robotik entdeckt haben. Und die investierten Summen sind zum Teil beträchtlich. „Wenn man sich die Beträge der Investoren ansieht, kann einem teilweise fast schon schwindelig werden“, gibt Schmid zu. „Es ist immens viel Geld vorhanden und jeder will mit dabei sein, um daran zu partizipieren.“ So hat Coboworx kürzlich 4,5 Millionen Euro eingesammelt, Fruitcore Robotics sogar 17 Millionen Euro und das Münchner Start-up Agile Robots AG sage und schreibe 220 Millionen US-Dollar. „Tatsächlich haben wir jetzt mit Agile Robots das erste Unicorn in der deutschen Robotikszene“, freut sich Kraus.

„Dass in Deutschland mehr Risikokapital zur Verfügung steht und insbesondere in der Robotik derzeit viele Start-ups erfolgreich Finanzierungsrunden bestreiten konnten, ist sehr wichtig, da eine gute Idee und eine gute Technologie eben auch skaliert werden müssen, um wirtschaftlich Bestand zu haben“, ergänzt VDMA-Mann Schwarzkopf.

China und USA preschen voran

Aber natürlich haben auch anderswo Investoren, Konzerne und Start-ups die Chancen der Roboter-Revolution erkannt: „Daher müssen wir in Europa mächtig Gas geben, um von Asien und USA nicht völlig abgehängt zu werden. Diese Kontinente sind heute die Trendsetter der digitalen Wirtschaft“, sagt Gehrels und verweist auch auf Teslas humanoide Roboterpläne und das Robotik-Engagement der Google-Mutter Alphabets in Form der KI-Neugründung Intrinsic.

„Der gesellschaftliche Ruck muss beschleunigt werden, wir müssen das Gründertum in Deutschland stärker fördern“, mahnt Gehrels. Zudem müssen aus seiner Sicht Digitalisierung und Robotik viel stärker Einzug in die Bildung und Ausbildung halten. „Mit dem gesellschaftlichen Bewusstsein, dass Handwerk und KMU das Rückgrat der deutschen Erfolgsgeschichte sind, muss Bildung dazu führen, dass junge Menschen diese einmalige Erfolgsgeschichte mit Hilfe von KI und Robotik weiterschreiben können.“

https://www.vdma.org/robotik-automation

https://robotikverband.de/

https://www.ipa.fraunhofer.de


Im Überblick: Start-ups und Newcomer der Robotik aus Deutschland

Programmierung

  • Artiminds (Karlsruhe)
  • Dragandbot (Stuttgart)
  • Wandelbots (Dresden)

Roboter/Cobots/Greifer

  • Coboworx (Osann-Monzel)
  • Formhand (Braunschweig)
  • Franka Emika (München)
  • Fruitcore Robotocs (Konstanz)
  • Neura Robotics (Metzingen)
  • Rethink Robotics (Bochum)
  • RobCo (München)
  • Yuanda Robotics (Hannover)

KI & Robotik

  • Agile Robots (München)
  • Gestalt Robotics (Berlin)
  • Mech Mind (Mü., Peking)
  • Micropsi (Berlin)
  • Robominds (München)
  • Robotcloud (München)

Marktplätze

  • GO2automation (Wang)
  • RBTX (Köln)
  • Unchained Robotics
    (Paderborn)
  • Waku Robotics (Berlin)
  • Xito (Ulm)

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