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Demokratisierung: Robotik im Aufwind

Über eine Demokratisierung der Roboter zur allgegenwärtigen Service-Robotik
Robotik im Aufwind

Die Robotik ist in Aufbruchstimmung. Künftig sollen die Roboter die Fabrikhallen verlassen und in ganz neue Bereiche vorstoßen – bis hinein in das Alltagsleben. Eine wichtige Etappe auf dem Weg zur „Robotik für alle“ ist die Demokratisierung des Roboters über die einfache Bedienung. Allerdings: Auch das löst noch nicht alle Probleme beim Einsatz in KMU und Handwerksbetrieben.

Autor: Armin Barnitzke

Die Robotik ist momentan „auf einer superspannenden Reise“. Davon ist Esben Ostergaard überzeugt, einst Gründer von Universal Robots und heute mit Reinvest Robotics ein Förderer der nächsten Robotik-Generation. „So, wie die IT die Wissensarbeit verändert hat, hat die Robotik das Potenzial, die gesamte Arbeit zu transformieren.“

Für Ostergaard ist der Roboter vor allem ein Werkzeug. „Und die Geschichte der Evolution ist ja geprägt von Werkzeugen, die allesamt unser Leben angenehmer gemacht haben. Technologie tut der Menschheit gut.“ Seine Vision ist eine Industrie 5.0 mit „human touch“, in der die Roboter dem Menschen lästige und unangenehme Tätigkeiten abnehmen. Die Fabrik der Zukunft ist seiner Meinung nach keine Lights-Out-Factory ohne Licht und Menschen, sondern eine „Lights-On-Factory, wo sich Mensch und Maschine einen Arbeitsplatz teilen“, so Ostergaard.

Der Cobot – dessen Konzept er mit Universal Robots einst mitgeprägt hat und von dem es heute fast 200 Modelle von über 60 Herstellern auf dem Markt gibt – sei hierbei nur eine Etappe auf der langen Reise. „Der Cobot ist zwar weniger starr als ein Industrieroboter, aber noch nicht so sicher, intelligent und flexibel, wie es der Roboter in Zukunft sein wird.“

Smartphone, das mit anpackt

Denn die wahre Zukunft der Robotik liegt für ihn ohnehin jenseits der Fabrikhallen: „Die Roboter haben ja zunächst die Automobilfabriken erobert und dann die Produktionshallen der allgemeinen Industrie. Nun breiten sie sich in der Logistik aus und werden zum Werkzeug für kleine und mittlere Unternehmen und Handwerker. Künftig werden Roboter dann Bereiche wie Bau, Offshore und Maritim, Gesundheit und Medizin oder Landwirtschaft erobern, bevor sie schließlich in die privaten Haushalte und den Alltag Einzug halten.“

Mit dieser Idee der (Service-)Robotik für den öffentlichen Raum ist Esben Ostergaard nicht allein: Auch Thomas Hähn (United Robotics Group) oder David Reger (Neura Robotics) verfolgen eine ähnliche Vision. „Mit der kognitiven Robotik beginnt eine Ära, in der wir Roboter nicht mehr hinter Sicherheitszäunen in Industrieanlagen einsperren. Wir werden beginnen, sie im Alltag an der Seite des Menschen einzusetzen. Nicht nur im Hinblick auf gefährliche Jobs, sondern gerade auch dort, wo Fachkräfte fehlen“, so Reger. „Stellen Sie sich ein Smartphone vor, das richtig mit anpacken kann. Dann haben Sie eine Idee vom Marktpotential der kognitiven Robotik.“

Allerdings: Bis die Roboter wirklich im großen Stil in private Haushalte und im öffentlichen Raum Einzug halten, dürfte es doch noch etwas dauern. Eine wichtige Etappe auf diesem Weg soll der Einsatz von Robotern in KMUs und in Handwerksbetrieben sein. Daher treibt die Robot-Branche gerade die Vision der „Demokratisierung der Robotik“ voran. Wichtiger Pfeiler dabei: Durch einfache Programmierung (etwa No-Code-Ansätze oder grafische Bedienung) soll sich die Robotik eine größere Nutzergruppe, gerade auch bei Neueinsteigern, erschließen.

Demokratisierung findet statt

Diese Demokratisierung wurde zunächst von disruptiven Start-ups wie Wandelbots vorangetrieben, wird nun aber auch von Branchengrößen wie Fanuc oder Kuka aufgegriffen. „Die Demokratisierung der Robotik findet aktuell definitiv statt“, betonte Fanuc Deutschland Geschäftsführer Ralf Winkelmann im Rahmen einer Podiumsdiskussion auf der Automatica 2022.

Oft wird in diesem Zusammenhang versprochen, dass Roboter künftig so einfach zu bedienen sein werden wie Smartphones. Aber ist das wirklich realistisch? Univeral-Robots-Westeuropachef Andrea Alboni ist zumindest skeptisch. „Eine Roboteranwendung in der Praxis wird nie so einfach zu bedienen sein wie ein Smartphone, da dürfen wir nicht zu viel versprechen“, sagt Alboni.

Denn eine Roboteranwendung im Betrieb soll ja immer einen konkreten Prozess automatisieren. Und eine komplette Roboterapplikation zu realisieren und zum Laufen zu bringen, ist natürlich deutlich komplexer, als eine x-beliebige App auf einem Smartphone zu installieren. „Zumal man eine Maschine nicht so einfach updaten kann wie eine Software, sondern es ist meist ein physischer Umbau notwendig“, ergänzt Danny Denk von Ecosphere Automation.

Anwender fit machen

Wie aber schafft man es, dass der Roboter in KMUs dann doch so allgegenwärtig wird wie das Smartphone? Für UR-Manager Alboni ist es ganz entscheidend, KMUs in die Lage zu versetzen, mit der Robotertechnologie umzugehen. „Technisch interessierte Anwender sollten Verantwortung übernehmen und ihre Anwendung auch selbst anpassen können.“ Neben einfach bedienbaren Robotern biete UR dazu seine Online-Akademie sowie entsprechende „How-To“-Videos an.

Alboni: „Außerdem kann man die Roboter bei uns zwei Wochen kostenlos ausleihen und einfach mal ausprobieren.“ Auch für Ralf Winkelmann ist das Ausprobieren ein wichtiger Aspekt. „Ein guter Weg können Offline-Werkzeuge wie Simulations-Tools sein, mit denen Benutzer eine Anwendung im Vorfeld testen können, ohne dass es Geld kostet, wenn es nicht funktioniert.“ So könne man Eintrittshürden abbauen. Zudem brauchen KMUs aus Winkelmanns Sicht verstärkt Berater, die Ihnen helfen, die optimale Lösung zu finden.

Integrator Denk sieht seine Zukunft daher denn auch weniger im Turn-Key-Geschäft als vielmehr in der Beratung und im „Train the Trainer“. Dafür müsse zukünftig aber auch die Zugänglichkeit von Automations-Hardware besser werden, fordert Denk: „Viele KMU wissen ja gar nicht, wo sie einen Fanuc-Roboter oder einen Schunk-Greifer kaufen können. Online-Plattformen wie RBTX oder Unchained Robotics spielen hier eine wichtige Rolle.“

Welche Rolle spielt der Preis?

Und natürlich dürften auch die Preise eine wichtige Rolle spielen: „Die wenigsten kleinen Unternehmen haben 250 000 Euro in der Portokasse, um mal eine Roboterautomation auszuprobieren“, sagt Alexander Mühlens von Igus/RBTX. Mit der Low-Cost-Robotik-Plattform schaffe man daher für Neueinsteiger nicht nur die Möglichkeit, kostengünstiges Roboterequipment zu erwerben, sondern biete mit dem RBTXpert auch eine kostenlose Erstberatung an.

Investitionshürden könne man aber auch durch neue Bezahlmodelle wie Pay per Use, Pay as you go oder Pay as you grow abbauen, ergänzt Katharina Jessa, Vice President bei Wandelbots. Als prädestiniert für solche Angebote sieht sie hersteller- und anwendungsübergreifende Plattformen, die ohnehin verschiedene Bausteine zusammenzuführen.

Alles in allem hält Alboni den Preis oder die Frage „Kaufen oder Mieten?“ aber nicht für entscheidend: „Eine Cobot-Palettierzelle kostet 70 000 Euro und hat einen ROI von 6 Monaten. Wo also ist das Problem?“ Für Alboni besteht die größte Aufgabe vor allem darin, die Kunden zu überzeugen, dass Roboter nicht nur für große Automobilkonzerne geeignet sind, sondern auch die Mitarbeiter im Mittelstand entlasten können. „Schließlich sollen die Menschen mit Robotern arbeiten und nicht wie Roboter“, so Alboni. Und wenn sich diese Erkenntnis endlich durchsetzt, dann ist auch die Vision des Universal-Robots-Gründers Esben Ostergaard nicht mehr ganz so fern.

Video zum Panel: https://bit.ly/3xdkzj6


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