Die Digitalisierung der Geschäftsmodelle im industriellen Mittelstand in Deutschland entwickelt sich weiterhin zäh. Das ist das Ergebnis der Studie „Branchenkompass Manufacturing 2020“, die der Management- und Technologieberater Sopra Steria und das F.A.Z.-Institut in Auftrag gegeben hatten.
Das Dienstleistungsgeschäft ist für den industriellen Mittelstand in Deutschland kein Neuland. Drei Viertel der befragten Unternehmen verkaufen seit Jahren beispielsweise maßgeschneiderte Komponenten als Dienstleistung abseits ihrer Standardproduktion, oder sie bieten ihre Expertise bei der Qualitätssicherung gegen Bezahlung an. Jeder zweite Mittelständler unterstützt seine Kunden zudem bei der Produktionsplanung oder erweitert seine Produktpalette durch Reparatur- und Wartungsverträge.
Zusätzliches Standbein
Das digitale Zusatzgeschäft befindet sich dagegen vielfach noch in der Entwicklungsphase. 46 % der befragten Unternehmen im produzierenden Mittelstand haben digitale Leistungen in ihre Produktpalette aufgenommen. Dazu gehört beispielsweise das Freischalten von Zusatzfunktionen bei Maschinen gegen Entgelt oder Datenanalysen als Service für Kunden, um deren Fertigungsprozesse zu verbessern.
Wenig verbreitet, aber als lukrativ angesehen, sind Pay-per-Use-Geschäftsmodelle. Dank Digitalisierung können Unternehmen so beispielsweise Überkapazitäten von Maschinenparks über Onlineplattformen vermarkten oder zu vertretbaren Kosten Auftragsarbeiten übernehmen. 57 % der befragten Mittelstandsentscheider sind offen dafür, anderen Unternehmen ihre Fertigungsanlagen gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen.
„Gerade in Zeiten großer wirtschaftlicher Ungewissheit in ihrem Kerngeschäft sind zusätzliche Standbeine wichtig, um Umsatz und Profitabilität zumindest stabil zu halten. Digitale Services leisten dazu einen großen Beitrag, da sie sich prinzipiell unendlich skalieren lassen, ohne dass die Kosten parallel stark steigen“, sagt Kristijan Steinberg, Head of Industries bei Sopra Steria Next.
Datenmanagement ausbaufähig
In Unternehmen, die bislang noch keine digitalen Services anbieten, bremsen in der Regel die klassischen Faktoren im Zuge der Digitalisierung. Die befragten Entscheider nennen vor allem Sicherheitsbedenken (75 %) bei der Entwicklung digitaler Services. Daneben spielen fehlendes Know-how der internen Mitarbeiter (70 %) sowie hohe Investitionskosten (69 %) eine Rolle.
60 % der befragten Entscheider verweisen zudem auf ein fehlendes Datenmanagement, das sie an der Entwicklung digitaler Services hindere. „Der Erfolg und Misserfolg eines Unternehmens definiert sich in den kommenden Jahren über den Umgang mit Daten und ihre wirksame und effiziente Bereitstellung. Nur wenn ich meine Daten kenne und zu nutzen verstehe, kann ich mich in einem Markt behaupten, in dem immer mehr Akteure mit rein datengetriebenen Geschäftsmodellen auftreten“, sagt Steinberg.
Plattformökonomie soll für Umsätze sorgen
Neben den digitalen Services gewinnen digitale Marktplätze und Orte für Kooperationen an Relevanz. Jeder dritte Befragte sagt, dass digitale Plattformen für seine eigene Branche schon heute wichtig sind. Weitere 48 % sehen darin ein relevantes Zukunftsthema.
Acht von zehn Unternehmen im produzierenden Mittelstand wollen durch Plattformen neue Absatzmärkte und Zielgruppen erschließen und Umsätze im bestehenden Geschäft ankurbeln. Kosteneinsparungen spielen dagegen nur für 31 % der Unternehmen eine Rolle. Aus Sicht von Steinberg ein unterschätzter Vorteil: „Plattformen ermöglichen völlig neue Arten der Zusammenarbeit. Durch die schnellere, unkomplizierte Einbindung von Partnern lassen sich Prozesse effizienter gestalten und damit Herstellkosten senken, wodurch ein signifikanter Wettbewerbsvorteil entsteht.“
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