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Zimmer: „Digitalisierung braucht mehr als Schnittstellen“

Interview: Timo Mauderer, Leitung Vorentwicklung, Zimmer Group
Zimmer: „Digitalisierung braucht mehr als Schnittstellen“

Zimmer: „Digitalisierung braucht mehr als Schnittstellen“
Timo Mauderer arbeitet schon über 15 Jahre bei der Zimmer Group und leitet seit rund 2 Jahren die Vorentwicklung. Bild: Zimmer
Wie die Zimmer Group die Digitalisierung vorantreibt und was dies für die Handhabungsbranche bedeutet, erläutert Timo Mauderer, Leitung Vorentwicklung bei der Zimmer Group.

Autor: Armin Barnitzke

Was bedeuten Digitalisierung und Industrie 4.0 für die Zimmer Group?

Mauderer: Die Zimmer Group ist mit ihren sechs Technologiebereichen sehr breit am Markt aufgestellt und dementsprechend haben auch Begriffe wie Digitalisierung jeweils eine etwas unterschiedliche Bedeutung. Für den Technologiebereich Handhabungstechnik bedeutet es die permanente Anpassung unserer Produkte und Services an die Wünsche unserer Kunden nach flexibleren und vernetzten Lösungen über die gesamte Lebensdauer einer Maschine oder Anlage.

Was bedeutet das technisch?

Mauderer: Vernetzung und Flexibilität brauchen serielle Schnittstellen, darum sind unsere intelligenten Produkte einheitlich mit IO-Link ausgestattet, um dem Kunden eine Standardschnittstelle zu seinem Feldbus oder direkt in seine Steuerung zu bieten. Digitalisierung und Industrie 4.0 sind für uns aber kein kurzfristiges Ziel, sondern ein kontinuierlicher Prozess und somit werden sich auch zukünftig die Schnittstellen ändern, z. B. in Richtung OPC-UA. Doch um das eigentliche intelligente Produkt herum braucht es noch mehr. Digitale Zwillinge, Cloud-Anbindung oder auch kundenorientierte Services fassen wir darum unter dem Oberbegriff digitalZ zusammen.

Was genau steckt hinter digitalZ?

Mauderer: DigitalZ umfasst mehrere Software-Lösungen, die sich in ein komplexes Gebilde von der Planung und Konfiguration über Engineering und Inbetriebnahme bis hin zu Betrieb und Service einordnen und sich in andere Softwaresysteme der Kunden integrieren lassen. Das Ganze muss ja auch verzahnt funktionieren. Somit ist digitalZ nicht nur ein Trampelpfad in die digitale Zukunft, sondern ein richtiges Straßennetz, aus dem man sich je nach Bedürfnis aus unterschiedlichen Richtungen dem Ziel nähern kann, und dieses Netz wird natürlich immer weiter ausgebaut.

Welche Bausteine gehören im Detail dazu?

Mauderer: Einer der digitalZ-Bausteine ist die Simulationslösung virtualZ. Diese zielt auf die Planungsphase von Anlagen und stellt dafür eine ständig wachsende Zahl unserer Handhabungskomponenten – das sind immerhin 3000 Teile – auf digitalen Plattformen wie Cadenas mit allen Daten und Schnittstellen bereit. Vor allem aber bietet virtualZ auch Simulationsfunktionen und Schnittstellen zur SPS für einen digitalen Zwilling. Damit kann man Funktionen der Anlage virtuell in der echten Steuerungsumgebung ablaufen lassen und später das, was man in der Simulation erstellt hat, in die reale Maschinensteuerung überspielen. So lassen sich auch nach der Inbetriebnahme im laufenden Betrieb Veränderungen und Optimierungen im Vorfeld prüfen, ohne die Maschine stoppen zu müssen.

Und was steckt hinter Bausteinen wie controlZ und visualZ?

Mauderer: Mit controlZ bieten wir Softwareschnittstellen, grafische Benutzer-Interfaces (GUI) und Funktionsblöcke für unsere Handhabungskomponenten nicht nur für gängige Robotersteuerungen, sondern auch für verschiedene SPS-Umgebungen an und erlauben damit dem Kunden eine schnellere und komfortablere Inbetriebnahme. Mit visualZ ergänzen wir die Fähigkeiten von controlZ um eine passgenaue und benutzerfreundliche HMI-Bedienoberfläche in unseren System-Lösungen und zeigen damit auch die generelle Idee hinter digitalZ – nämlich mit standardisierten Software-Bausteinen eine kundenspezifische Applikation zu erstellen.

Soweit Planung, Engineering und Inbetriebnahme: Was bieten Sie für Betrieb und Service?

Mauderer: Hier haben wir unsere Serviceangebote unter dem Slogan supportZ gebündelt. Schlagworte wie Digitalisierung, Mechatronik und Industrie 4.0 erzeugen nicht nur Begeisterung, sondern werfen auch Fragen nach der richtigen Auswahl der Komponenten auf – passt das alles zu meinem SPS-System und wer hilft mir bei Inbetriebnahmeproblemen? Und genau hier setzt supportZ an. Von der Planungsphase über Testgeräte bis zur Online- sowie Vor-Ort-Unterstützung oder schnellen Ersatzteilversorgung bei Maschinenstillstand: Wir sind hier umfassend für den Kunden da, einfach mehr als nur eine Hotline!

Welche Rolle spielen bei Service und Wartung Cloud-Ansätze?

Mauderer: Im Falle der Online-Unterstützung hängt supportZ natürlich auch eng mit unserem Cloud-Angebot cloudZ zusammen. Als Erweiterung zu einer klassischen Fernwartung kann ein cloudZ-Service die relevanten Daten eines Gerätes oder Systems über einen längeren Zeitraum erfassen, fast so als ob einer unserer Support-Mitarbeiter direkt an der Anlage mit dabei ist. Bei einem Problem kann nun anhand der Historie geprüft werden, welche Parameter und Kommandos vor dem Auftreten des Problems ausgetauscht wurden, was natürlich die Fehlerdiagnose weitaus einfacher gestaltet. Wir können mit so einem System fast 75% aller Anfragen in der Inbetriebnahme und der ersten Phase des realen Betriebs in sehr kurzer Zeit lösen, einfach weil alle relevanten Daten sofort verfügbar sind.

Abgesehen von der Digitalisierung. Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich als Leiter der Vorentwicklung?

Mauderer: Wir suchen und entwickeln für uns passende neue Technologien bis zur Vorserienreife, um dann daraus reale oder virtuelle Produkte für unser (mechatronisches) Portfolio zu erzeugen. Am Beispiel der Handhabungstechnik sind das somit nicht nur die Greifer selbst, sondern auch die dazu immer wichtiger werdenden Bausteine, Services und Teilsysteme.

Welche Entwicklung haben Sie vorangetrieben, die jetzt zur Marktreife gelangt ist?

Mauderer: Wir denken in realen und virtuellen Bausteinen und einer einheitlichen Schnittstelle für unsere Kunden. Gemäß dieser Vorgabe haben wir in den letzten Jahren eine Vielzahl an mechatronischen Greifern unterschiedlichster Baugrößen und Fähigkeiten auf den Markt gebracht, passend dazu auch die entsprechenden Integrationen in die SPS oder auch für viele Roboter. Hier gibt es noch viel zu tun, aber es war auch an der Zeit, sich dem Thema Kommunikation von einer anderen Seite zu nähern.

Inwiefern?

Mauderer: Gerade in der Robotik fehlt es an der letzten Roboterachse, quasi dem Handgelenk, an der passenden elektrischen Schnittstelle für intelligente Greifer, weil diese Schnittstelle häufig nicht mit einem passenden Kabel im Roboterarm vorhanden ist. Darum wird dieses Problem oft mit externen Energieketten gelöst, mit vielen Nachteilen z. B. in der Bewegungsfreiheit des Roboters. Deshalb wird die Zimmer Group auf der Hannover Messe einen intelligenten Roboterflansch präsentieren, der IO-Link nun wireless vom Flansch zur Steuerung überträgt, somit benötigt man an der letzten Achse des Roboters nur noch die Energieversorgung, die Information wird praktisch in derselben Qualität wie bei kabelgebundener Übertragung bidirektional via Funksignal übertragen.

Mal ganz allgemein: Welche Trends beobachten Sie am Robotermarkt und was bedeutet das für Zimmer?

Mauderer: Die klassische Roboterautomation ist bekannt und beherrscht. Künftig geht es aber um ganz neue Roboteranwendungen: Roboter sind künftig taktil, mobil, sensitiv, sehend, vernetzt, lernfähig und einfacher in Betrieb zu nehmen. Solche Anwendungen sind stark wachsend, hier spielt die Musik. Darauf müssen wir uns natürlich auch als Handhabungslieferant einstellen.

Was bedeutet das konkret?

Mauderer: Zu den taktilen und sensitiven Anwendungen gehört insbesondere die kollaborative Robotik, in der sich Mensch und Roboter Arbeitsraum und Prozesse teilen. Und die Zimmer Group hat in Sachen kollaborative Robotik heute bereits das größte kollaborative Greiferprogramm im Katalog. Und unabhängig von der kollaborativen Robotik muss das komplette System Roboter mit all seinen Werkzeugen stärker zusammenwachsen und für den Anwender einfacher nutzbar werden. Hierzu gehört natürlich die passende mechanische Schnittstelle und auch eine entsprechende Software (man könnte auch App sagen), die genau diese Abläufe und Prozesse für den Anwender einfach und intuitiv darstellt und somit das Programmieren des Roboters zu einer Nebensache macht. Die Zimmer Group hat hier bereits seit einiger Zeit für verschiedene Industrieroboter und kollaborative Roboter passende Apps am Markt etabliert.

Zimmer GmbH

www.zimmer-group.de

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