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Handlingtech: Durchbruch mit Roboterzelle

Interview: Jörg Hutzel, Geschäftsführer, Handlingtech Automations-Systeme GmbH
„Roboterzellen brachten uns den Durchbruch“

„Roboterzellen brachten uns den Durchbruch“
Jörg Hutzel hat Handlingtech 1994 direkt nach seinem Maschinenbau-studium gegründet. Heute beschäftigt er fast 100 Mitarbeiter. Bild: Handlingtech
Mit standardisierten und dennoch kundenindividuellen Roboterzellen ist Handlingtech seit 25 Jahren am Robotikmarkt erfolgreich. Anlässlich des Jubiläums spricht Gründer Jörg Hutzel über Highlights und Trends.

Autor: Armin Barnitzke

Sie haben Sie sich vor 25 Jahren mit der Gründung von Handlingtech selbständig gemacht. Würden Sie es wieder tun?

Hutzel: Unbedingt. Die Handlingtech-Gründung war eine sehr gute Idee, was nicht zuletzt unser sehr großes Wachstum zeigt. Zudem haben wir so ein weiteres Standbein für die Hutzel-Gruppe geschaffen – vor allem eines außerhalb unserer stark Automotive-lastigen Serienfertigung von Drehteilen. Allerdings muss man auch zugeben, dass die ersten Jahre mit Handlingtech kein Vergnügen waren. Schließlich sind wir als Kleinstunternehmen ohne Kunden und ohne Referenzen quasi bei null gestartet. Aus dem Dunstkreis unserer Dreherei haben wir nach und nach die ersten Kunden gefunden. Nach 5 Jahren waren wir immerhin nicht mehr abhängig von internen Aufträgen.

Was hat dann den Durchbruch gebracht?

Hutzel: Ganz eindeutig der Einstieg in die Knickarm-Robotik. 2002 haben wir das Bedürfnis der Werkzeugmaschinenhersteller nach Roboterzellen aufgegriffen und eine eigene standardisierte Roboterzelle entwickelt, die wir SRZ nannten: Standard Roboter Zelle. Solche Standard-Roboterzellen in unterschiedlichen Abstufungen waren damals auf dem Markt noch nicht so verbreitet.

Für welche Roboterfabrikate haben Sie sich entschieden?

Hutzel: Wir setzen sehr viele Fanuc, Kuka, aber auch Stäubli oder Motoman ein. Für Fanuc spricht die räumliche Nähe zu Neuhausen und die jahrelange Zusammenarbeit.

Welche Highlights gab es in den 25 Jahren?

Hutzel: Großes Highlight war sicherlich unsere Designoffensive 2008. Wir haben damals die Krise genutzt, um unserer Roboterzelle ein grundlegend neues und durchdachtes Design zu verpassen. 2009 sind wir dann nicht mit einem Sparauftritt auf die AMB gegangen, sondern mit frisch designten Roboterzellen. Da waren Kunden als auch Konkurrenten doch sehr überrascht. Mit den Design-Zellen konnten wir dann nach der Krise richtig durchstarten – das war der Startpunkt für weiteren Wachstum.

Warum haben sie trotz Krise so stark investiert, anstatt zu sparen?

Hutzel: Sicherlich macht es Sinn, antizyklisch zu investieren: So kann man die Konsolidierungsphase für etwas Sinnvolles nutzen. Sparen tun wir als Schwaben sowieso immer. Man muss aber das Geld zur richtigen Zeit reinvestieren. Ich bin überzeugt: Aus jeder Krise kann man stärker herauskommen.

Und wo stehen Sie heute?

Hutzel: Heute sind wir in der Roboterautomation etabliert und bekannt: Man erkennt unsere Roboterzellen auch ohne Logo. Wir haben hochwertige und durchdachte Produkte und steuern auf 100 Mitarbeiter zu. 2018 kamen wir auf ein Wachstum von stattlichen 35 Prozent. Ich bin richtig stolz auf das Erreichte. Und ich bin jeden Tag aufs Neue begeistert, wenn ich durch unsere Halle laufe und sehe, welch tolle, innovative Anlagen wir bauen. Dafür braucht man intelligente Mitarbeiter. Dass wir so tolle Mitarbeiter in Steinenbronn gefunden haben, auch das macht uns stolz.

Was planen Sie noch für 2019?

Hutzel: Wir arbeiten mit Hochdruck an einem Facelift für unsere SRZ-Roboterzellen. Die letzte Designoffensive ist schließlich 10 Jahre her. Leider wird die neue SRZ zu unserem Jubiläums-Openhouse noch nicht fertig, sondern eher ein Thema für das nächste Jahr sein.

Wo soll die Reise mit Handlingtech noch hingehen? Wo wollen Sie in fünf Jahren stehen?

Hutzel: Schwer zu sagen. In der Vergangenheit lag ich mit meinen Prognosen stets zu niedrig, wir sind eben schwäbisch zurückhaltend. Fakt ist: Wir stoßen räumlich schon bald wieder an unsere Grenzen. In fünf Jahren wird sich eine räumliche Expansion kaum vermeiden lassen – aber da haben wir auch schon erste Ideen dafür.

Sie wollen also weiter dynamisch wachsen, obwohl es inzwischen so viele Anbieter von standardisierten Roboterzellen gibt?

Hutzel: Klar. Zumal wir bei den Zellen nicht so sehr auf Stückzahlen und absoluten Standard gehen wie viele andere Anbieter. Wir kreieren auf Basis unserer Standardzellen stets kundenspezifische Sonderlösungen – so wird aus einer Standard-Roboterzelle eine komplexe, digitalisierte Vollautomationszelle. Wir bieten nach wie vor wirtschaftliche Roboterzellen für den Einstieg, aber nach oben gibt es für uns keine Grenzen: Je komplexer und wertiger, desto besser. Unser Ziel sind nicht 1000 Roboterzellen pro Jahr, sondern lieber 100 Roboterzellen mit interessanten Aufgabenstellungen, die eben nicht jeder lösen kann. In hochwertigen, digitalen Roboterzellen liegen gute Wachstumschancen, gerade in Deutschland.

Apropos digital: Wie gehen Sie mit dem Hypethema Digitalisierung um?

Hutzel: Ein wichtiges Thema sind aus meiner Sicht die Bedienoberflächen. Man kennt Touch-Bedienung vom Smartphone, Auto oder vielen anderen Bereichen. Folglich wollen die Kunden diese einfache Bedienbarkeit auch an der Roboterzelle. Daher haben wir das Hat Pad entwickelt, was für uns ein unglaublich wichtiger und richtiger Schritt war. Das Hat Pad stellt auf Wunsch die Schnittstelle zwischen der Roboterzelle und den übergelagerten Systemen dar und hilft dem Bediener, bei zunehmender Datenflut die Übersicht zu wahren. Heute generieren wir über das Hat Pad Aufträge, denn die Kunden wissen, dass sie damit ihre Anlagen ohne spezifisches Roboterwissen bedienen können.

Haben sich die Anforderungen der Kunden in den 25 Jahren geändert?

Hutzel: Ja, sehr. Anfänglich haben wir mit unseren Roboterzellen reines Be- und Entladen von Maschinen gemacht, heute haben fast alle unsere Anlagen Zusatzprozesse: Teile werden geprüft, montiert, verpackt und veredelt. Und unsere Kunden sind für wertigere Roboterzellen auch bereit, mehr Geld auszugeben: Der Durchschnittspreis unserer Roboterzellen hat sich in den letzten 5 bis 6 Jahren verdoppelt. Die Kunden sind also bereit, zu investieren, wenn es sich lohnt. Aber natürlich hat sich auch unser Kundenspektrum geändert, denn inzwischen bedienen wir auch ganz große Global Player, wie Bosch, Delphi, Daimler, ZF oder Cummins. Wichtiger denn je ist uns aber der breite Mittelstand.

Und wie hat sich die Robotik geändert?

Hutzel: Da hat sich unglaublich viel getan: Alle Roboter sind schneller geworden, die Präzision liegt heute im Hundertstel-Bereich – auch für größere Roboter. Alles ist viel schneller und viel präziser – aber auch komplexer. Nehmen Sie nur die stark gestiegene Variantenvielfalt: Bei den Roboterlieferanten gab es damals bereits genug Auswahl und für jeder Gewichtsklasse ein bis zwei Roboter, meist in Normal- und Langarmversion. Heute gibt es Produktlisten, die über mehrere Seiten gehen mit unzähligen Varianten.

Welche Technologien haben ihren Durchbruch erlebt?

Hutzel: Der Knickarmroboter als solches hat sich durchgesetzt und Linearhandling-Portale in der Maschinenbeladung gleichermaßen reduziert. Einen großen Schub hat auch die Bildverarbeitung erlebt: Ich hätte nie gedacht, dass es mal eine Kameratechnik mit der heutigen Intelligenz, Softwareausstattung und Rechenleistung gibt. Bin Picking war für mich vor Jahren noch lächerlich, heute verkaufen wir ganz konkrete Bin-Picking-Projekte.

Welche Technologien sehen Sie bei Handlingtech in der Zukunft?

Hutzel: Ein wichtiges Zukunftsthema sind die kollaborativen Roboter. Wir diskutieren das Thema oft mit unseren Kunden. Dabei gibt es allerdings noch einige Unsicherheiten und Einschränkungen. Oft ist gar nicht der Cobot der Knackpunkt, sondern die ganze Anwendung: Ob Werkstücke, Greifer, Teilespeicher mit beweglichen pneumatischen Zylindern: Überall lauern potenzielle Gefahren, die es schwer machen, die kollaborative Applikation rundum abzusichern. Es gibt aber in vielen Bereichen bereits Antworten und wirtschaftliche Lösungen. Diese, in Verbindung mit fahrerlosen Transportsystemen in einem digitalisierten Umfeld, dann sind wir auf einem guten Weg.

Handlingtech Automations-Systeme GmbH

www.handlingtech.de


Open House am 22. und 23. Mai

Zum Jubiläums-Open-House am 22. und 23. Mai verwandelt Handlingtech seine Fertigung in einen Showroom. Jörg Hutzel: „Die ganze Halle ist dann vollgestopft mit hochinteressanten Automationslösungen für unsere Kunden.“ Am Mittwochabend gibt es zum 25-jährigen auch eine kleine Feier, unter anderem auch mit Interviews zu Hutzels sportlichen Aktivitäten in Sachen Fußball, Handball oder Nordische Kombination sowie mit einem Unterhaltungsprogramm mit dem Parodisten Michael Birkenfeld.


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