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„Produktion und Logistik müssen zusammenwachsen“

Interview: Elmar Issing, Vice President Corporate Future Markets & Innovations, SSI Schäfer
„Produktion und Logistik müssen zusammenwachsen“

„Produktion und Logistik müssen zusammenwachsen“
Elmar Issing ist Vice President Corporate Future Markets & Innovations bei SSI Schäfer: „In der Industrie muss permanent Ware von A nach B transportiert werden. Produzierende Firmen brauchen also bedarfsgerecht die richtige Materialmenge zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“ Bild: SSI Schäfer
Wie der Intralogistik-Spezialist SSI Schäfer mit Robotik-Lösungen und mobilen Transportsystemen in der Industrie punkten möchte, verrät Elmar Issing, Vice President Corporate Future Markets & Innovations.

Autor: Armin Barnitzke

SSI Schäfer ist bekannt als Intralogistik-Spezialist. Was haben Sie in der Robotik vor?

Issing: Wir haben bereits vor mehr als 10 Jahren begonnen, uns intensiv mit dem Thema Robotik zu beschäftigen und diese Technologie in ganzheitliche Intralogistiklösungen zu integrieren. Unsere automatisierte Lösung für die filialgerechte Palettierung von Handelseinheiten zu Mischpaletten – das Schäfer Case Picking System, kurz SCP – wurde bereits 2009 mit dem VDI Innovationspreis Logistik ausgezeichnet.

Was kann das SCP?

Issing: Mit dem SCP bieten wir ein voll automatisiertes Konzept zur Lieferzusammenstellung und zur filialgerechten Kommissionierung von Produkt- bzw. Handelseinheiten: Von der roboterbasierten Depalettierung der Herstellerpaletten im Wareneingang über die automatische Zwischenlagerung in hochdynamischen Puffersystemen bis hin zur filialgerechten Sequenzierung und vollautomatischen Palettierung im Warenausgang.

Wo liegt beim Case Picking die Herausforderung?

Issing: Insbesondere im Lebensmittelgroßhandel findet man bei der Kommissionierung von Auftragspaletten ein sehr differenziertes Artikelspektrum vor. Die individuellen physikalischen Produkteigenschaften sind natürlich bei der Palettenbildung zu berücksichtigen. Hinzu kommen die spezifischen Anforderungen hinsichtlich einer filialgerechten Artikelgruppierung auf der Warenausgangspalette und deren Ordnung sowie eine maximale Stabilität bei höchstem Volumennutzungsgrad. Eine zentrale Rolle dabei spielt zum einen der Schäfer Pack Pattern Generator, kurz SPPG, und zum anderen unser Vision-System sowie ein hoch entwickeltes Teach-in-Verfahren. Die in unserer WAMAS-Umgebung eingebundenen Software-Tools und Applikationen nutzen wir (selbstverständlich) auch in unseren Piece Picking Robotics-Lösungen.

Um was geht es beim Piece Picking?

Issing: Unsere Piece-Picking-Applikation kann branchenübergreifende Kommissionieraufgaben automatisiert übernehmen. Wir haben sie gemeinsam mit dem Roboterspezialisten fpt entwickelt. Hierbei nutzen wir zum Beispiel auch unser Vision-Knowhow aus dem Case Picking und können daher die zu kommissionierenden Einzelstücke, selbst aus einer schwierigen Gemengelage heraus, identifizieren. Denn letztlich ist die schnelle und sichere Erkennung der Gegenstände, die der Roboter greifen soll, der Knackpunkt beim Piece Picking. Der Industrieroboter selbst arbeitet ja schnell genug.

Haben Sie beim Vision-System eine strategische Kooperation?

Issing: Nein, die Vision-Software haben wir im Hause SSI Schäfer entwickelt. Natürlich kaufen wir dabei Hardware wie Kameras und Sensorik zu, aber die schnelle, sichere und zuverlässige Bilderkennung ist für uns eine Kerntechnologie – diese müssen wir im eigenen Haus haben.

Und was passiert, wenn der Roboter trotz ausgefeiltem Vision-System nicht alles schnell genug aus der Kiste picken kann?

Issing: Alles, was der Roboter nicht greifen kann, muss der Mensch kommissionieren. Aber der Mensch steht bei uns nicht in der gleichen Zelle, denn aufgrund von restriktiven Sicherheitsaspekten würde eine unmittelbare Mensch-Roboter-Kollaboration die Robotergeschwindigkeit drastisch mindern. Wirtschaftliche Gegebenheiten aber auch der Mensch als äußerst leistungsfähiges Picking-System sprechen also dafür, dass nicht greifbare Artikel außerhalb der Roboterzelle gepickt werden, damit die performante Leistung der Industrieroboter nicht eingeschränkt wird.

Von welchen Durchsatzraten sprechen wir?

Issing: Viele manuelle Kommissionier-Arbeitsplätze sind inzwischen ja echte Hochleistungsarbeitsplätze, im Pharmaumfeld werden pro Stunde bis zu 1000 Order Lines gepickt. Mit dem roboterbasierten Piece Picking kommen wir auf über 800 Pieces pro Stunde. Es geht hierbei gar nicht darum, den Menschen zu ersetzen, sondern darum, den Piece-Picking-Roboter als mehrschichtfähiges System und als Ergänzung zu sehen. Ganz abgesehen davon fehlen vielerorts die Menschen, die solche anstrengenden Jobs übernehmen wollen.

Generell: Sind Robotik-Lösungen fürs Kommissionieren und Palettieren ein Thema für den Handel oder auch für die Industrie?

Issing: Solche Anwendungen der Logistik-Automatisierung sind tatsächlich erstmal im Handel ein Thema, aber mehr und mehr auch in der Industrie. Denn im industriellen Umfeld müssen Lagerlogistik auf der einen Seite und Produktion, Montage und Fertigung auf der anderen Seite stärker zusammenwachsen. In der Industrie muss permanent Ware von A nach B transportiert werden, produzierende Firmen brauchen also bedarfsgerecht die richtige Materialmenge zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ein Routenzug zur just-in-time-Fließbandbestückung ist hier nur der erste Schritt. Wir wollen die Belieferung stärker dezentralisieren: immer kleinere Einheiten, immer flexibler, immer schneller.

Und das löst man mit autonomen Transportsystemen, kurz FTS?

Issing: Exakt. Daher ist der Bereich FTS ein ganz strategisches Feld für uns. Gestartet mit Übernahme des belgischen Start-ups Motum sind wir Mitte 2015 in das Thema Schwarmintelligenz und dezentrale Steuerungstechnik eingestiegen. Darüber hinaus haben wir im August 2018 die Beteiligung an DS Automotion aus Linz bekanntgegeben. Das rundet unser FTS-Portfolio ab, zumal wir mit dem Weasel auch eine eigene Lösung für den standardisierten Kleinladungsträger-Transport entwickelt haben. Das Weasel setzen wir übrigens auch beim Piece Picking ein, um die Roboterzelle mit Lager- oder Auftragsbehältern zu ver- und entsorgen.

Gibt es für solche FTS-Konzepte auch schon Beispiele aus der Industrie?

Issing: Wir haben bereits hochinteressante Projekte realisiert, wobei wir eine klassische Verkettungslösung mittels Fördertechnik durch dezentral organisierte und barrierefrei operierende Weasel ersetzt haben. Um jedoch auch dem Digitalisierungsgedanken in der produktiven Umgebung Rechnung zu tragen, haben wir dafür auch eine adaptive Middleware entwickelt.

SSI Schäfer Automation GmbH

www.ssi-schaefer.com

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