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Fruitcore Robotics: „Unsere Horst-Roboter sind Digital Robots“

Interview: Patrick Heimburger, Geschäftsführer, Fruitcore Robotics GmbH
Fruitcore Robotics: „Unsere Horst-Roboter sind inzwischen Digital Robots“

Fruitcore Robotics: „Unsere Horst-Roboter sind inzwischen Digital Robots“
Patrick Heimburger: „Drei Viertel der Kunden kaufen mit Horst ihren ersten Roboter. Diese hohe Zahl der Einsteiger ist der Beweis, dass unsere Vision ‚Roboter für jedermann‘ ankommt.“ Bild: Fruitcore Robotics
Wir haben Fruitcore Robotics in seiner Roboter-Produktion in Villingen-Schwenningen besucht. Dort hat uns Geschäftsführer Patrick Heimburger erläutert, wie Fruitcore Robotics den Robotereinsatz im Mittelstand befeuert und welche Pläne die Konstanzer mit ihrer IIoT-Plattform Horstcosmos haben.

Interview: Armin Barnitzke

Sie haben im Juli 2020 in Villingen-Schwenningen einen neuen Produktionsstandort für Ihre Horst-Roboter eröffnet. Wie ist Ihre Roboter-Produktion denn angelaufen?

Heimburger: Sehr gut. Wir konnten recht schnell in den Normalbetrieb übergehen und sind richtig froh, dass wir unsere Produktion nach Villingen verlagert haben: Weil wir uns nun in Konstanz voll und ganz auf die Entwicklung konzentrieren können und die Serienproduktion in Villingen stattfindet. Wir können hier derzeit rund 1000 Roboter pro Schicht und Jahr aufbauen.

Warum haben Sie Villingen-Schwenningen als Produktionsstandort gewählt?

Heimburger: In Konstanz ist es sehr schwierig, Industrieflächen zu finden. Also haben wir uns im Umland umgeschaut. Und der Standort im Schwarzwald hat mehrere Vorteile: Erstens findet man hier bestens Fachkräfte, weil es rundherum viele Automobilzulieferer und Metallverarbeiter gibt. Zweitens kosten die Flächen hier nur ein Drittel. Und drittens kommen einige der Gründer von Fruitcore Robotics ursprünglich ganz aus der Nähe. Es ist also auch ein Stück Heimat.

Wie können Sie am Hochlohnstandort Deutschland kostengünstige Roboter bauen? Läuft die Roboterfertigung hoch automatisiert?

Heimburger: Nein, noch nicht. Mit Sicherheit werden wir die Produktion auch irgendwann automatisieren, aber im Moment wird tatsächlich manuell montiert, unterstützt von unserem eigenentwickelten Produktions-Assistenz-System, das gleichzeitig die Grundlage für die IIoT-Plattform der gesamten Roboterflotte darstellt. Dass wir unsere Roboter so günstig anbieten können, liegt an unserem innovativen Roboterkonzept.

Wie sieht das aus?

Heimburger: Wir bauen unsere Roboter ganz anders auf als traditionelle Industrieroboter, die aus Gussteilen bestehen. Unsere Roboter montieren wir mit einem Stecksystem aus gefrästen Aluminium-Teilen. Zudem haben wir mit den Viergelenkketten ein neues Robotergetriebe erfunden, das zu einer anderen Kinematik führt. Dadurch können wir mit kleineren Antrieben gleiche Leistungsdaten in Bezug auf Traglast, Reichweite und Dynamik realisieren. Wir können daher Schrittmotoren und Planetengetriebe statt Servomotoren verwenden. Das ist um ein Vielfaches günstiger. Dafür haben wir eigene Leistungselektronik, Encoder und eine eigene Robotersteuerung entwickelt.

Beim kleinen Horst600 gibt es keine Viergelenkketten. Warum ist er trotzdem so günstig?

Heimburger: Wir haben bei Horst600 zwar nicht die Vorteile durch die Viergelenkketten, aber die restlichen Technologien wurden alle auch im kleinen Horst integriert: Leichtbau mit Aluminium-Platten sowie günstige Antriebstechnik inklusive eigener Leistungselektronik und Encoder. Das bringt in Summe einen großen Kostenvorteil.

Was ist der Highrunner? Welcher Robotertyp wird in Villingen am meisten gebaut?

Heimburger: Der am meisten produzierte Roboter ist Horst600. Dieser bietet einfach die größte Flexibilität und ein super Preis-Leistungsverhältnis. Horst600 ist für viele Kunden der Einstiegsroboter. Drei Viertel unserer Kunden kaufen mit Horst ihren ersten Roboter. Und dann sind sie so zufrieden, dass schnell weitere Horst-Modelle folgen. Wir sind ja mit dem Anspruch „Roboter für jedermann“ angetreten. Die hohe Zahl der Einsteiger ist der Beweis, dass diese Vision richtig ist.

Bieten Sie Horst600 nach wie vor zum Kampfpreis unter 10 000 an?

Heimburger: Wir haben den Preis ein wenig angepasst. In der Standard-Variante mit gewöhnlicher Steuerung liegt der Preis nun knapp über 10 000 Euro. Aber wir empfehlen den Kunden unsere Digital-Variante, also eines unserer modularen Software-Pakete dazu zu buchen. Denn nur dann entfaltet der Roboter seine volle Leistungsfähigkeit.

Bieten Sie dabei auch Mietmodelle an?

Heimburger: Man kann Horst komplett mit Hardware und Software als Robot as a Service beziehen. Und eine Langzeitmiete ist auch preislich wirklich superattraktiv. Die Mietkosten liegen zwischen 600 und 1000 Euro im Monat, je nach Modell und Ausstattung. Wer die Investitionskosten senken möchte, kann auch den Roboter kaufen und dann die benötigte Software flexibel im Abo beziehen. Viele KMUs sind froh, wenn sie einen niedrigeren Anfangs-Invest haben und die Softwarekosten strecken können.

Wenn man einen Roboter mietet: Macht man die Integration selbst oder bekommt man Unterstützung von Fruitcore Robotics?

Heimburger: Wir haben ein großes Anwendungstechnik-Team, das den Kunden unterstützen kann. Aber viele Miet-Roboter-Kunden machen die Integration selbst, weil sie ja genau die Flexibilität schätzen und den Roboter selbst ausprobieren wollen. Mit Horstacademy stellen wir ihnen auch eine intuitive Lernumgebung zur Seite, mit der sie Schritt für Schritt zu Horst Experten werden. Die Videos zum Aufbau und der Inbetriebnahme von Horst sind in der Horstacademy basic für den Anwender kostenlos.

Für wen lohnt sich ein Mietmodell?

Heimburger: Wenn eine Anlage einen hohen Integrationsaufwand hat, dann ist das Mietkonzept wahrscheinlich weniger sinnvoll. Aber wenn eine Anwendung in ein paar Stunden integriert ist und nach ein bis zwei Tagen komplett läuft, dann bietet sich das Mieten an. Für solche standardisierten Anwendungsfälle haben wir nun auch unsere Komplettlösungen HorstCube Plug&Play. Diese Komplettlösungen werden tatsächlich stark als Robot-as-a-Service angefragt.

Was kostet eine solche Komplettlösung im Kauf und in der Miete?

Heimburger: Unser erste Horstcube Plug&Play Komplettlösung zur flexiblen Teilvereinzelung kostet – inklusive Zelle, Roboter, Steuerung, Kamera, Bauteilvereinzeler und Software – in der Basisausstattung rund 50 000 Euro. Die Mietkosten liegen bei rund 2000 Euro monatlich.

Sollen weitere Plug&Play Lösungen folgen?

Heimburger: Ja. Wir haben in Konstanz bereits eine Horstcube Plug&Play-Zelle für die Laserbeschriftung stehen. Zudem wird es sicher eine Zelle zur Maschinenbe- und -entladung geben. Wir werden dieses Jahr noch mehrere Plug&Play-Lösungen herausbringen. Das Konzept setzt übrigens voll auf unsere Partner: Wir steuern Roboter, Software sowie die modularen HorstCube-Zellen bei und der Partner als Applikationsspezialist sein Anwendungs-Know-how – das ist die Idee.

Sie sprechen bei den Horst-Robotern inzwischen von Digital Robots. Warum?

Heimburger: Unsere Roboter sind ja längst sehr viel mehr als nur nützliche Hardware. Der Großteil der Wertschöpfung lässt sich über intelligente Software erzielen. Jeder, der ein Smartphone bedienen kann, ist auch in der Lage, unsere Horst-Systeme über ihre Software HorstFX samt digitalem Zwilling zu bedienen. Und dieser digitale Zwilling entsteht bereits bei der Montage. Wenn der Roboter montiert wird, speichern wir beispielsweise die Seriennummer der Motoren und Getriebe in einer Datenbank. Der digitale Zwilling ist also ein echter digitaler Zwilling. Bei der Programmierung kann man dann den digitalen Zwilling bewegen und diese Bewegungen werden in Echtzeit vom realen Roboter durchgeführt.

Besteht beim Slogan Digital Robots nicht Gefahr, dass ihre Roboter mit den Software-Bots im Internet verwechselt werden, die ja nicht so gut beleumundet sind?

Heimburger: Wir bewegen uns ja im B2B Umfeld und da ist es für die Kunden klar, dass es bei Horst um einen Industrieroboter geht. Für uns war es wichtig, eine griffige neue Kategorie für unsere Roboter zu finden. Unsere Horst-Roboter sind ja keine klassischen Industrieroboter und auch keine Cobots. Und sie sind auch keine Low Cost Roboter, sie sind zwar kostengünstig, aber die Wiederholgenauigkeit beispielsweise ist bei uns um den Faktor 20 besser als bei klassischen Low Cost Robotern. Weil wir bei der Vernetzung, Software und IIoT einen großen Nutzen für Kunden sehen, haben wir den Begriff Digital Robots gewählt.

Eine weitere Besonderheit ist, dass die Horst-Roboter mit Mobilfunk-SIM-Karte ausgeliefert werden. Was steckt hier dahinter?

Heimburger: Bei uns ist ein IIoT-Surfstick mit SIM-Karte standardmäßig im Lieferumfang der Roboter enthalten, um bei Bedarf jederzeit eine Internetverbindung zu haben. Auf unserer IIoT-Plattform kann der Kunde die Daten zum Roboter selbst und zu den Prozessen dann via Smartphone oder Tablet auf einem Dashboard einsehen. Für viele Kunden ist unser Roboter der Einstieg in die Digitalisierung. Wenn sie den Roboter an zwei bis drei Maschinen einsetzen, wissen sie zukünftig auch genau, was an den Maschinen passiert. Über Horstcosmos hat der Geschäftsführer dann auf seinem Smartphone von überall her volle Transparenz über seine Fertigung.

Warum wird der Roboter via SIM-Karte mit dem IIoT verbunden?

Heimburger: Wenn man den Roboter via Ethernet anbindet, dann ist man direkt im Netzwerk des Kunden und das stößt oft auf Widerstand bei dessen IT. Beim Zugriff via SIM-Karte ist das völlig entkoppelt. Dadurch kann derjenige, der für den Roboter verantwortlich ist, entscheiden, was mit den Roboterdaten passiert.

Sind die Daten nur für den Kunden einsehbar oder auch für Sie?

Heimburger: Beim Kauf bekommt der Kunde einen Log-in für seinen persönlichen Bereich auf Horstcosmos, wo die Daten seiner Roboter einlaufen. Der Zugriff auf diese Daten ist für uns nicht standardmäßig freigeschaltet, sondern nur, wenn der Kunde das möchte. Also etwa im Service Fall. Oder wenn der Kunde möchte, dass unsere Anwendungstechniker ihm helfen, seinen Prozess zu optimieren.

Gibt es weitere Ideen für die IIoT-Plattform? Denkbar wäre ja auch ein übergreifendes Machine Learning der Roboter? Dazu müssten Sie die Kunden aber überzeugen, dass diese die Roboter-Daten permanent freischalten…

Heimburger: Es ist durchaus unsere Idee, dass die Roboter voneinander lernen. Schon mit der Gründung der Fruitcore Robotics GmbH war die Mobilfunkanbindung der Roboter daher ein wichtiges Thema. Aber der deutsche Mittelstand gewöhnt sich erst ganz allmählich an den Cloud-Gedanken. Daher werden wir die Kunden nicht drängen, ihre Daten herzugeben. Nach dem Motto: Wir sammeln einfach mal alle Daten und schauen, welchen Nutzen wir daraus generieren. Das wäre nicht der Weg, der zu uns passt. Der Kunde soll Vertrauen haben.

Welche weiteren Pläne haben Sie?

Heimburger: Wir entwickeln unsere Bediensoftware HorstFX kontinuierlich weiter und stellen unseren Kunden die Neuerungen mit Digital-Variante mittels regelmäßiger Updates zur Verfügung. Zum Beispiel die nutzerspezifische Bedienansicht, die Kunden seit Juli anwenden können. Sie ermöglicht einen eigenen Screen zur Steuerung von Gesamtanwendungen. Darüber hinaus arbeiten wir an einer übergeordneten Softwarelösung, die insbesondere bei unseren Horstcube plug & play-Zellen eine wichtige Rolle spielen wird.

Fruitcore Robotics GmbH

www.fruitcore-robotics.com


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