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Der Neustarter: „Gib dem Glück eine Chance“

Johann Aulila: Mit RSP und SSP in der Roboteraustattung und Maschinensicherheit erfolgreich
Der Neustarter: „Gib dem Glück eine Chance“

Dass es im Leben einen Wendepunkt gibt, an dem man wieder von Null beginnen muss, ist keine Seltenheit. Dass jemand aber gleich dreimal einen Kaltstart hinlegen muss, ist schon ungewöhnlich. Johann Aulila hat es geschafft, mit Unermüdlichkeit und mit einem Gespür für Mitarbeiter und Kunden.

Autor: Armin Barnitzke

„Dem Glück eine Chance geben“ – das war für den in Temeschburg (Rumänien) geborenen Donauschwaben Johann Aulila der Wahlspruch, als er 1979 als 19-Jähriger zusammen mit einem Freund aus seiner Heimat hinter dem Eisernen Vorhang in den Westen flüchtete. „Da ich einen Onkel in Spaichingen hatte, bin ich damals im Schwäbischen gelandet“, erinnert sich Johann Aulila. Zunächst hat er in Ulm Feinwerktechnik studiert („heute würde man das Mechatronik nennen“) und danach erste Erfahrungen als Entwickler bei AEG Satellitentechnik gesammelt. „Bei Rohwedder bin ich dann in die spannende Welt der Automation eingetaucht“, erinnert sich Johann Aulila. „Hier haben wir für BASF eine vollautomatische Anlage zu Montage von VHS-
Video-Kassetten gebaut – da habe ich viel gelernt.“

Leidenschaft für den Vertrieb

Als Exportleiter für den Sensorikspezialisten IVO (heute Baumer) hat Johann Aulila dann seine Leidenschaft für den Vertrieb entdeckt. „Damals bin ich in ganz Europa herum gekommen und habe dabei gesehen, dass es lokal oft spannende Firmen gibt, die in anderen Ländern aber gänzlich unbekannt sind“, erinnert sich Aulila. So ist in ihm erstmals die Idee gereift, europäische Automationsprodukte auf dem Markt in Deutschland voran zu bringen.

Diese Idee hat er dann in die Tat umgesetzt, als IVO 1996 von Baumer geschluckt wurde. Zwar hätte er damals bei einem Marktbegleiter anfangen können, „doch dazu hätte ich schon wieder umziehen müssen und das wollte ich wegen der Familie und der Kinder nicht.“ Also hat er sich selbstständig gemacht und unter dem Namen PTM Autech 1997 als One-Man-Show in einer Garage begonnen, Sensorik und Drehgeber des schwedischen Unternehmens Leine und Linde (das heute zu Heidenhain gehört) in Deutschland zu vertreiben. „Da waren wir extrem erfolgreich und haben Leine & Linde schon nach einem halben Jahr den größten Auftrag der Geschichte besorgt und mehrere Tausend Einheiten an einen Kunden verkauft“, ist Aulila heute noch stolz.

Durch Leine & Linde ist damals ein intensiver Kontakt nach Schweden entstanden (Johann Aulila: „ein tolles Land mit viel Innovationsgeist, und einem dennoch entspannten Lebensstil“) und so ist Aulila mit den schwedischen Sicherheitsspezialisten von Jokab Safety in Berührung gekommen. Deren Sicherheitsprodukte hat er in sein Vertriebsportfolio aufgenommen und war damit so erfolgreich, dass er schon 2001 zur deutschen Jokab Safety GmbH umfirmiert hat. 2002 ist sogar Jokab Schweden als Minderheitsbeteiligung bei ihm eingestiegen. „Kein Wunder: Wir haben Jokab quasi groß gemacht. Denn über unsere Kunden wie Bosch, Schubert und Bausch+Ströbel wurden die Jokab-Produkte nun in der ganzen Welt eingesetzt.“

Ein jähes Ende

So hat Johann Aulila den Umsatz der deutschen Jokab Safety von 1,2 Mio im Jahr 2003 bis 2010 auf stolze 10 Mio. in die Höhe getrieben. Mit diesem Höhenflug war es allerdings Ende 2010 jäh zu Ende, als die Schweden ihr Unternehmen an ABB verkauft haben – ohne Johann Aulila mit ins Boot zu holen. Zähneknirschend hat also auch er seine GmbH an ABB verkauft und noch eine gewisse Übergangszeit für ABB gearbeitet. „Mir war allerdings von Anfang klar, dass ich nicht bei ABB bleiben will. Wenn man einmal gewohnt ist, selber zu gestalten, kann man kein Korsett gebrauchen: Das macht dann keinen Spaß.“

Also hat er sich auf die Suche gemacht, wie es für ihn weiter gehen kann. Fündig wurde er beim aufstrebenden – natürlich schwedischen – Unternehmen RSP, das Roboterperipherie wie Drehdurchführungen herstellt. „Begeistert hat mich insbesondere deren innovatives Verschluss-System Trueconnect – das ist echt genial.“ Auch mit dem Firmengründer Eddie Ericsson lag und liegt Johann Aulila auf einer Wellenlänge: „Ein toller Typ mit viel Energie und viel Ideen.“

Erneuter Kaltstart

Nach „2 Jahren des Leidens“, wie Aulila heute schmunzelnd sagt, standen die Zeichen also wieder auf Neuanfang – zum dritten Mal in seinem Leben. In einer Außenstelle in Günzburg startete Johann Aulila mit dem Deutschlandvertrieb für RSP, denn seine ehemaligen Jokab-Safety-Räume im Heimatort Spaichingen waren ja noch an ABB vermietet. Recht schnell hat Aulila aber gemerkt, dass er neben RSPs Produkten ein breiteres Portfolio braucht – zumal der Markt für Robotikperipherie hart umkämpft und mit großen Wettbewerbern gut besetzt ist.

Unter dem Motto „We dress and make your robots safe“ hat Johann Aulila daher schon recht bald seine alte Leidenschaft für die Maschinensicherheit wieder entdeckt – und 2013 mit SSP (Safety System Products) ein Schwesterunternehmen gegründet. „Angefangen haben wir zunächst mit Schutzzäunen, und zwar ehemaligen Jokab-Zäunen, für die ABB keine Verwendung hatte und die wir daher wieder zurückgekauft haben“, erinnert sich Aulila.

Zurück gekommen sind aber nicht nur die Schutzzäune, sondern auch so mancher ehemalige Jokab-Deutschland-Mitarbeiter, der sich statt im Konzern ABB lieber beim Jungunternehmen SSP engagieren wollte – darunter etwa Wolfgang Engelhardt, der als stellvertretender Geschäftsführer und Vertriebsleiter heute quasi der zweite Führungskopf bei SSP ist, sowie Tobias Köhler als Fachmann für Normen und Dienstleistungen rund um die Maschinensicherheit.

Ergänzend zu den Zäunen hat Aulila das SSP-Portfolio in den folgenden Jahren Stück für Stück ausgebaut, etwa über Partnerschaften: So vertreibt er inzwischen auch die Safety-Lichtvorhänge und Safety-Kleinsteuerungen des italienischen Spezialisten Reer und die Safety-Türzuhaltungen des englischen Unternehmens Fortress Interlocks.

Nach den Erfahrungen mit dem überraschenden Jokab-Verkauf war es ihm aber auch sehr wichtig, auf eigenen Beinen zu stehen. Daher hat er bei SSP eine ganze Reihe von Eigenentwicklungen angestoßen wie etwa Sicherheits-Sensoren, Magnetzuhaltungen oder Zustimmtaster.

Besonders stolz ist er auf den Safety Simplifier, ein Bediengerät mit integrierter Safety SPS. Sicherheitssensoren, Lichtvorhänge, Türzuhaltungen oder Zustimmtaster werden einfach vor Ort an den Safety Simplifier angeschlossen und die Sicherheits- und Informationssignale über ein Wireless-System drahtlos ausgetauscht. Das verringert den Verkabelungsaufwand und erspart gleichzeitig den Einsatz einer Sicherheitssteuerung. Entwickelt hat Johann Aulila das System übrigens zusammen mit dem ehemaligen Jokab-Safety-Gründer Mats Linger. 

Das Geheimnis des Erfolgs

„Der Safety Simplifier hat das Potenzial mal eine ähnliche Cash Cow zu werden, wie die Jokab-Kleinsteuerung Pluto“, so Johann Aulila. Rund 60 Prozent des Umsatzes macht SSP inzwischen mit eigenen Produkten. So ist er in den letzten Jahren jährlich um bis zu 50 Prozent gewachsen und erreicht heute mit RSP rund 2 Millionen und mit SSP knapp 7 Millionen Euro Umsatz. 40 Leute arbeiten in den beiden Unternehmen, die stolze 700 bis 800 Unternehmen zu ihren Kunden zählen.

Was das Geheimnis seines Erfolges ist? „Man muss eben dem Glück eine Chance geben“, lächelt Johann Aulila und ergänzt, dass er wohl auch einen ganz guten Riecher für Kundenbedürfnisse habe und gut Mitarbeiter motivieren könne. Das findet übrigens auch sein Sohn Marcel, der 2014 nach seinem BWL-Studium ins väterliche Unternehmen eingestiegen ist: „Dass wir viele langjährige Mitarbeiter haben und dass damals viele gute Leute wieder von ABB zu SSP gewechselt sind, zeigt, dass mein Vater einiges richtig macht.“

Marcel Aulila lobt aber auch die „Unermüdlichkeit“ des Vaters: „Samstag ist für ihn ein normaler Werktag und auch der Sonntag ist oft noch ein halber Arbeitstag. Dabei verliert er aber nie den Spaß.“ Mit dieser Unermüdlichkeit steht er selbst dem Vater aber in nichts nach: Denn Marcel Aulila ist im Unternehmen SSP inzwischen nicht nur Vertriebsaußendienstler für den Bereich Ba-Wü, sondern auch für das Thema Marketing und Presse zuständig.

Familien-Startup ist auch hip

Aber damit hat er immer noch nicht genug: Seine große Leidenschaft ist die Politik und daher ist er nicht nur im Spaichinger Gemeinderat aktiv, sondern tritt auch für die FDP auch im Landkreis Rottweil als Bundestags-Kandidat an. Immerhin: Seinen Posten als Landesvorsitzender der Jungen Liberalen hat er inzwischen abgegeben.

So arbeitet Marcel Aulila an seiner politischen Karriere und gibt zugleich dem väterlichen Unternehmen wertvolle Impulse: „Mit meinem BWL-Wissen, meinen Sprachkenntnissen in Englisch und Französisch und meiner Auslandserfahrung kann ich beim Aufbau eines europäischen Vertriebsnetzes wertvolle Dienste leisten.“

Daher hat er es auch nie bereut, ins väterliche Unternehmen eingestiegen zu sein. „Viele meiner ehemaligen BWL-Kollegen wollen unbedingt bei hippen Start-ups in der Online-Branche arbeiten“, sagt Marcel Aulila. „Und ich bin auch bei einem Start-up, eben einem Familien Start-up.“ Immerhin: Von Null anfangen muss er dabei nicht – das hat schon sein Vater erledigt.

SSP Safety System Products GmbH & Co. KG

www.safety-products.de

SPS IPC Drives 10.1–110

Robot System Products GmbH

www.rsp.eu.com


Firmen-Duo und seine Produkte

  • SSP (Safety System Products) bietet Produkte und Dienstleistungen rund um die Maschinensicherheit sowie sichere Gesamtlösungen für Robotik und Automation. Zu den Lösungen gehören neben den Produkten der Partner Fortress Interlocks und Reer auch Safety-Dienstleistungen, Aluminium-Schutzumhausungen sowie Sicherheitssensoren, Prozesszuhaltungen und Zustimmungstaster
  • RSP (Robot System Products) entwickelt, produziert und vermarktet eine breite Palette von Roboter-Peripheriegeräten wie Drehdurchführungen, Werkzeugwechsler sowie Schlauchpakete, Greifer und Toolstands.
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